VG Wiesbaden

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Zitieren als:
VG Wiesbaden, Beschluss vom 14.03.2017 - 7 K 1757/16.WI.A - asyl.net: M25070
https://www.asyl.net/rsdb/M25070
Leitsatz:

Beweisbeschluss:

Einholung schriftlicher Sachverständigengutachten zu Fragen der Gefährdung von Zivilpersonen in Afghanistan und Personen, die aus dem westlichen Ausland zurückkehren.

(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: Afghanistan, innerstaatlicher bewaffneter Konflikt, extreme Gefahrenlage, Sicherheitslage, Rückkehr, Rückkehrgefährdung, allgemeine Gefahr, Gefährdungsdichte, gefahrerhöhende Umstände, interne Fluchtalternative, interner Schutz, Existenzminimum, Unterstützung, Familie, soziales Netzwerk, Hazara, Beweisbeschluss, Beweisantrag, Beweismittel, Sachverständigengutachten, Sachverständige,
Normen: AsylG § 3, AsylG § 4, AufenthG § 60 Abs. 5, AufenthG § 60 Abs. 7,
Auszüge:

[...]

I, Es soll Beweis erhoben werden durch Einholung schriftlicher Sachverständigengutachten über folgende Fragen:

1. Wie stellt sich die Sicherheitslage für

a) Zivilpersonen in Afghanistan

b) Rückkehrer aus dem westlichen Ausland

bei wertender Gesamtbetrachtung der Sicherheitslage dar?

c) Können für einzelne Regionen bzw. einzelne Personengruppen, insbesondere für aus dem westlichen Ausland als abgelehnte Asylbewerber zurückkehrende Personen Risikofaktoren benannt werden, die zu einer Verdichtung der Gefahren führen? [...]

3. Besteht für Zivilpersonen im gesamten Staatsgebiet Afghanistans ein solches Gewaltniveau, dass allein aufgrund ihrer Anwesenheit aktuell oder in naher Zukunft die Gefahr besteht, einen ernsthaften. Schaden hinsichtlich des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit zu erleiden und bestehen insoweit regionale Unterschiede?

Soweit die soeben genannte Gefahr bejaht wird:

a) Von welchen Akteuren geht diese Gefahr aus? [...]

4. Wenn Frage 3. verneint wird:

a) Besteht für Zivilpersonen, insbesondere für aus dem westlichen Ausland zurückkehrende abgelehnte Asylbewerber, in einzelnen Provinzen Afghanistans oder, wenn eine Provinz nicht vollständig betroffen ist, in einzelnen Distrikten, allein aufgrund ihrer Anwesenheit die Gefahr eines ernsthaften Schadens an Leib und Leben? [...]

5 a) Kann eine Zivilperson, insbesondere ein aus dem westlichen Ausland zurückkehrender abgelehnter Asylbewerber, durch Verlegung des Wohnsitzes in eine andere Provinz Afghanistans oder, wenn nicht die ganze Provinz betroffen ist, in einen anderen Distrikt, diesen Gefahren entgehen? [...]

6. Wenn Frage 3. verneint wird:

a) Besteht auf Grund individueller Besonderheiten von aus dem westlichen Ausland zurückkehrender abgelehnter Asylbewerber (z.B. allein Auslandsaufenthalt, exilpolitische Betätigung etc.) im gesamten Gebiet von Afghanistan oder aber in bestimmten Provinzen oder Distrikten eine individuelle Gefährdung, Opfer von Übergriffen (z.B. politischen Angriffen, Gewaltverbrechen, Entführungen etc.) zu werden. [...]

7 a) Gibt es valides Zahlenmaterial, das die zivilen Opfer von Kriegshandlungen im Zuge des innerstaatlichen bewaffneten Konflikts in Afghanistan erfasst? [...]

8. Kann grundsätzlich unterstellt werden kann, dass eine alleinstehende Person zwischen 18 und 40 Jahren, die gesund und arbeitsfähig ist, und die als aus dem westlichen Ausland abgelehnter Asylbewerber nach Afghanistan zurückkehrt, in den Provinzen Kabul, Pandjir, Bamyan, Mazar-i-Sharif oder Herat grundsätzlich auf die Hilfeleistung in Afghanistan verbliebener Familienmitglieder oder Freunde zurückgreifen kann? Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, um von einer schutz- und unterstützungsfähigen und -willigen Familie auszugehen?

9. Kann eine alleinstehende Person zwischen 18 und 40 Jahren, die gesund und arbeitsfähig ist und die als aus dem westlichen Ausland abgelehnter Asylbewerber nach Afghanistan zurückkehrt, in den Provinzen Kabul, Pandjir, Bamyan, Mazar-iSharif oder Herat jeweils auch ohne Hilfe der Familie oder Freunden

a) eine Arbeitsstelle finden? [...]

b) eine Unterkunft finden? [...]

11. Welche Perspektive hat eine Person, die in diese Provinzen zurückkehrt bzgl. Ernährung, Gesundheit und Eingliederung in die Gesellschaft?

12. Sind afghanische Staatsangehörige, die im Iran gelebt hatten und über das westliche Ausland als abgelehnte Asylbewerber nach Afghanistan zurückkehren, als solche in Afghanistan identifizierbar? [...]

13. Sind afghanische Staatsangehörige, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union einen Asylantrag gestellt haben, allein aufgrund des Aufenthalts in Europa bei einer Rückkehr durch ihre Familie oder die Gesellschaft gefährdet? Spielt dabei die Dauer des Aufenthalts in Europa eine Rolle?

14 a) Besteht für Angehörige der Hazara, die außerhalb der Städte Kabul und Bamyan im Hazarajat aufgewachsen sind, aufgrund ihres schiitischen Glaubens und/ oder ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit ein solches Gewaltniveau, dass allein aufgrund ihrer Anwesenheit im Hazarajat aktuell oder in naher Zukunft die Gefahr besteht, einen ernsthaften Schaden hinsichtlich des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit zu erleiden und bestehen insoweit regionale Unterschiede? [...]

II. Mit der Erstellung schriftlicher Gutachten wird beauftragt:

1. Frau Friederike Stahlmann M.A., Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung Halle (Saale)

2. UNHCR - Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Vertretung für Deutschland und Österreich, Wallstr. 9-13 10179 Berlin

3. Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V. Postfach 580162, 10411 Berlin [...]