AG Mühldorf a. Inn

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Zitieren als:
AG Mühldorf a. Inn, Beschluss vom 31.05.2017 - 1 XIV 113/17 (B) - asyl.net: M25112
https://www.asyl.net/rsdb/M25112
Leitsatz:

Keine Verlängerung der Abschiebungshaft nach Stornierung des Abschiebungsfluges nach Afghanistan wegen eines Anschlags in Kabul, da die Betroffenen die Verzögerung der Abschiebung nicht zu vertreten haben und unklar ist, ob in näherer Zukunft Rückführungen nach Afghanistan durchgeführt werden können.

(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Afghanistan, Abschiebung, Haftentlassung, Haftverlängerung, Verlängerung der Freiheitsentziehung, Haftanordnung, Beschleunigungsgebot,
Normen: FamFG § 425 Abs. 3, FamFG § 417,
Auszüge:

[...]

Der Antrag auf Verlängerung der Sicherungshaft war zurückzuweisen, da eine weitere Inhaftierung des Betroffenen einen Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz darstellen würde. Es war für den Abend des 31.05.2017 eine Sammelabschiebung nach Afghanistan geplant, welche kurzfristig abgesagt wurde, nachdem es im Diplomatenviertel in Kabul zu einem Autobombenanschlag gekommen war. Die Absage der Sammelabschiebung beruhte auf politischen Erwägungen und erfolgte laut Auskunft des Bundesinnenministers "aus 'Rücksicht auf Botschaftsangehörige', die mit der Schadensaufnahme befasst seien (...)" (Spiegel, Artikel vom 31.05.2017). Diese Erwägung ist menschlich nachvollziehbar, kann aber nicht dazu führen, dass die Verzögerung zu Lasten von Abschiebehäftlingen geht, die diesen Umstand nicht zu vertreten haben. Die organisatorische Abwicklung einer Rückführung von Abschiebehäftlingen hat vor einer sofortigen Befassung mit der Schadensaufnahme den Vorrang zu genießen, soweit es diesbezüglich zu Interessenkollisionen kommt. Ferner ist vor dem Hintergrund des erfolgten Anschlags ungewiss, ob in näherer Zukunft überhaupt Rückführungen nach Afghanistan durchgeführt werden können, bei denen die Sicherheitsstandards im Zielgebiet höher liegen als gegenwärtig. […]