OVG Berlin-Brandenburg

Merkliste
Zitieren als:
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.02.2017 - OVG 3 S 9.17 - asyl.net: M25150
https://www.asyl.net/rsdb/M25150
Leitsatz:

Kein Nachzug der Eltern und Geschwister zu einem inzwischen volljährigen subsidiär Schutzberechtigten:

1. Der Anspruch auf Elternnachzug besteht nach § 36 Abs. 1 AufenthG nur bis zur Volljährigkeit des Kindes (unter Bezug auf BVerwG, Urteil vom 18.04.2013 - 10 C 9.12 (= ASYLMAGAZIN 6/2013, S. 207 ff.) - asyl.net: M20813).

HINWEIS: Angesichts der neueren Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 12.04.2018 - C-550/16 A. und S. gg. Niederlande - Asylmagazin 5/2018, S. 176 ff. - asyl.net: M26143) geht das OVG inzwischen davon aus, dass die o.g. Rechtsprechung des BVerwG der Überprüfung bedarf (siehe Beschluss vom 27.04.2018 - OVG 3 S 23.18, OVG 3 M 22.18, OVG 3 M 23.18 - asyl.net: M26533).

2. Kein Familiennachzug aufgrund der Härtefallregelung des § 36 Abs. 2 AufenthG, da die allgemeine Lage im Herkunftsland keine außergewöhnliche Härte im Sinne dieser Norm darstellt.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: subsidiärer Schutz, minderjährig, unbegleitete Minderjährige, Familiennachzug, Familienzusammenführung, Volljährigkeit, Kindeswohl, Elternnachzug, Flüchtlingsanerkennung, Minderjährigkeit, EuGH, Beurteilungszeitpunkt, Familienzusammenführungsrichtlinie, Asylverfahren, Frist, Asylantrag, A. und S., A und S,
Normen: AufenthG § 36 Abs. 1, RL 2003/86/EG Art. 10 Abs. 3 Bst. a), AufenthG § 104 Abs. 13, AufenthG § 36 Abs. 2,
Auszüge:

[...]

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag, mit dem die Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO erstreben, ihnen ein Visum nach § 36 Abs. 1 AufenthG zu erteilen, schon deshalb zu Recht abgelehnt, weil ein - unterstellter - Nachzugsanspruch der Antragsteller zu 1 und 2 als Eltern des am ... 1999 geborenen H., dem mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 20. Dezember 2016 (unter Ablehnung des Asylantrags im Übrigen) subsidiärer Schutzstatus zuerkannt wurde, mit dem Eintritt seiner Volljährigkeit am 1. Januar 2017 erloschen ist. Der Anspruch auf Nachzug der Eltern zum unbegleiteten minderjährigen Flüchtling nach § 36 Abs. 1 AufenthG besteht nur bis zu dem Zeitpunkt, zu dem das Kind volljährig wird (BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 - 10 C 9.12 - juris Rn. 17; Beschluss des Senats vom 22. Dezember 2016 - OVG 3 S 98.16 - juris Rn. 5). [...]

Soweit die Antragsteller - über den erstinstanzlich formulierten Antrag hinaus, aber in Übereinstimmung mit dem am 30. Dezember 2016 bei der Botschaft der Antragsgegnerin in Beirut gestellten Visumantrag - sich in der Beschwerdebegründung auch (für die volljährige Antragstellerin zu 5 ausschließlich) auf § 36 Abs. 2 AufenthG berufen, ist ein Nachzugsanspruch zu dem Sohn bzw. Bruder H. schon nach § 104 Abs. 13 AufenthG bis zum 16. März 2018 nicht gegeben (vgl. Beschluss des Senats vom 28. September 2016 - OVG 3 S 55.16/OVG 3 M 79.16 - juris Rn. 6). Unabhängig davon legen die Antragsteller nicht hinreichend dar, dass hier eine außergewöhnliche Härte besteht, die voraussetzt, dass der im Bundesgebiet lebende Sohn bzw. Bruder der Antragsteller gerade auf deren Hilfe im Bundesgebiet angewiesen ist. [...] Soweit die Beschwerde hinsichtlich der Antragstellerin zu 5 geltend macht, diese wäre als junge Frau ohne den Schutz ihrer Familie in Syrien Menschenrechtsverletzungen schutzlos ausgeliefert, ist darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin zu 5 angesichts der Erfolglosigkeit des Visumbegehrens der Antragsteller zu 1 bis 4 nicht allein in Syrien verbleiben wird. Da § 36 Abs. 2 AufenthG den Familiennachzug betrifft, ist für die Berücksichtigung nicht familienbezogener, die allgemeine Lage im Herkunftsstaat betreffender Gesichtspunkte im Rahmen des Tatbestandsmerkmals der außergewöhnlichen Härte grundsätzlich kein Raum. [...]