VGH Baden-Württemberg

Merkliste
Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.06.2017 - A 3 S 1373/17 - asyl.net: M25208
https://www.asyl.net/rsdb/M25208
Leitsatz:

Ein Beweisantrag im Sinne des § 86 Abs. 2 VwGO setzt die konkrete und bestimmte Behauptung einer Tatsache und die Benennung eines bestimmten Beweismittels voraus, mit dem der Nachweis der Tatsache geführt werden soll. Bei einem Antrag auf Vernehmung eines Zeugen kommen als Beweisbehauptung nur solche Tatsachen in Betracht, die der benannte Zeuge aus eigener Wahrnehmung bekunden kann. Soll aus den Wahrnehmungen des Zeugen auf ein bestimmtes weiteres Geschehen geschlossen werden, ist nicht dieses weitere Geschehen, sondern nur die Wahrnehmung des Zeugen tauglicher Gegenstand des Zeugenbeweises.

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Beweisangebot, Beweisantrag, Beweismittel, Zeugen, Tatsachenbehauptung, Konvertiten, Glaubensüberzeugung, Konversion, Iran, Zeugenaussage,
Normen: VwGO § 86 Abs. 2, GG Art. 103 Abs. 1, VwGO § 108 Abs. 2,
Auszüge:

[...]

Ein Beweisantrag im Sinne des § 86 Abs. 2 VwGO setzt die konkrete und bestimmte Behauptung einer Tatsache und die Benennung eines bestimmten Beweismittels voraus, mit dem der Nachweis der Tatsache geführt werden soll. Bei einem Antrag auf Vernehmung eines Zeugen kommen als Beweisbehauptung nur solche Tatsachen in Betracht, die der benannte Zeuge aus eigener Wahrnehmung bekunden kann (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 8.7.2014 - 3 StR 240/14 - NStZ 2015, 295; Urt. v. 28.11.1997 - 3 StR 114/97 - BGHSt 43, 321, 328). Soll aus den Wahrnehmungen des Zeugen auf ein bestimmtes weiteres Geschehen geschlossen werden, ist nicht dieses weitere Geschehen, sondern nur die Wahrnehmung des Zeugen tauglicher Gegenstand des Zeugenbeweises (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 12.9.2013 - V ZR 291/12 - juris; Beschl. v. 2.8.2011 - 3 StR 237/11 - juris). Bei dem von dem Kläger gestellten Antrag handelt es sich danach nicht um einen Beweis-, sondern um einen bloßen Beweisermittlungsantrag, da das primäre Thema des Antrags, nämlich die Frage, ob der Übertritt des Klägers zum Christentum "ernsthaft" bzw. "aus tiefster Überzeugung" erfolgt ist, keine konkreten Tatsachenbehauptungen beinhaltet, sondern eine Wertung, die mit konkreten, hinreichend feststellbaren und überprüfbaren Tatsachenbehauptungen hätte belegt werden müssen. Das ist nicht geschehen. Das Gleiche gilt für das weitere Thema des Antrags, nämlich die Frage, ob der Kläger regelmäßig die Gottesdienste besucht und auch in Zukunft regelmäßig die Gottesdienste besuchen muss, um seiner Überzeugung zu entsprechen [...]