Innenministerium Niedersachsen: Keine Rücknahme von Ausbildungsduldungen trotz geänderter Erlasslage
1. Staatsangehörige sicherer Herkunftsstaaten sind vom Arbeitsverbot nach § 60a Abs. 6 AufenthG betroffen, wenn ihr nach dem 31.8.2015 gestellter Asylantrag abgelehnt wurde.
2. Die niedersächsische Erlasslage hat sich zu der Frage, wann von einem Asylantrag in diesem Sinne auszugehen ist, Ende September 2017 geändert: Vorher war auf das Asylgesuch abzustellen, seitdem ist die förmliche Asylantragstellung maßgebend.
3. Bereits erteilte oder zugesagte Ausbildungsduldungen sind jedoch nicht aufgrund dieser Änderung zurückzunehmen. Eine Rücknahme nach § 48 VwVfG kommt nicht in Betracht, da die Erteilung rechtmäßig war. Ein Widerruf nach § 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwVfG wegen geänderter Rechtsvorschrift scheitert daran, dass Erlasse lediglich Verwaltungsvorschriften darstellen und es an einer Gefährdung des öffentlichen Interesses mangelt.
(Zusammenfassung der Redaktion)
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I. Eine Ausbildungsduldung nach der o.a. Vorschrift setzt u.a. voraus, dass die Voraussetzungen für ein Arbeitsverbot nach § 60a Abs. 6 AufenthG nicht vorliegen. Von einem solchen Arbeitsverbot betroffen sind u.a. Angehörige sicherer Herkunftsstaaten i.S.d. § 29a AsylG, wenn deren nach dem 31.08.2015 gestellter Asylantrag abgelehnt wurde.
Wie bekannt, hat sich die maßgebliche niedersächsische Erlasslage zu der Frage, wann von einem Asylantrag in diesem Sinne auszugehen ist, kürzlich geändert: Während bis zum 26.09.2017 auf die erstmalige Äußerung eines Asylgesuchs, im Regelfall im Rahmen der Registrierung in der Erstaufnahmeeinrichtung, abzustellen war (1), ist seit dem 27.09.2017 das Datum der förmlichen Asylantragstellung beim BAMF maßgebend (2).
II. Ich weise darauf hin, dass die geänderte Erlasslage keinen zureichenden Grund darstellt, eine erteilte oder zugesagte Ausbildungsduldung nach § 48 VwVfG zurückzunehmen.
Ausbildungsduldungen, die entsprechend der bis zum 26.09.2017 gültigen Erlasslage erteilt oder in Aussicht gestellt worden sind, erfüllen bereits nicht die Grundvoraussetzung für eine Rücknahme nach § 48 VwVfG (Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes).
Daher ist von derartigen Rücknahmen abzusehen. Soweit im Einzelfall bereits derartige Rücknahmen ausgesprochen wurden, sind diese mit sofortiger Wirkung aufzuheben.
Auch kommt ein Widerruf der Ausbildungsduldung nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwVfG in diesen Fällen nicht in Betracht. Hiernach darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt unter bestimmten Voraussetzungen für die Zukunft widerrufen werden, wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen. Unabhängig davon, dass Verwaltungsvorschriften nicht zu den Rechtsvorschriften im Sinne dieser Vorschrift zählen, mangelt es an der ebenfalls erforderlichen Gefährdung des öffentlichen Interesses. [...]