OVG Sachsen

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Zitieren als:
OVG Sachsen, Beschluss vom 27.10.2017 - 3 D 46/17 - asyl.net: M25765
https://www.asyl.net/rsdb/M25765
Leitsatz:

Wohnsitzverpflichtung für Schutzberechtigte auch bei psychischer Belastung zumutbar:

1. Eine Wohnsitzauflage für einen anerkannten Flüchtling stellt nicht allein deshalb eine unzumutbare Beeinträchtigung dar, weil sich aus einem allgemeinärztlichen Attest ergibt, dass es zur Stabilisierung des psychischen Zustands sinnvoll wäre, dass er in der Nähe seiner Verwandten lebt.

2. Die betroffene Person kann vielmehr auch in eine Großstadt innerhalb Sachsens ziehen, von wo aus er seine Verwandten oder sie ihn besuchen können.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Wohnsitzauflage, anerkannter Flüchtling, Flüchtlingsanerkennung, Krankheit, psychische Erkrankung, Wohnsitzverpflichtung, Härtefall, Familie,
Normen: AufenthG § 12a, AufenthG § 12a Abs. 5 S. 1, AufenthG § 12a Abs. 1, AufenthG § 12a Abs. 5 S. 1 Nr. 2 Bst. c,
Auszüge:

[...]

Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt, weil dem Antrag auf vorläufige Aufhebung der auf den Freistaat Sachsen lautenden Wohnsitzauflage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg zukomme, da dieses Begehren des Antragstellers auf eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet sei. Mit diesem Begehren verfolge er das gleiche Ziel wie in dem von ihm betriebenen Hauptsacheverfahren. Einstweiliger Rechtsschutz käme in dieser Konstellation nur in Betracht, wenn dem Antragsteller durch das Abwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Daran fehle es. Dem Antragsteller sei es vielmehr zumutbar, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Die ihm gegenüber erfolgte Beschränkung der Wohnsitznahme auf den Freistaat Sachsen trete gemäß § 12a Abs. 1 AufenthG unmittelbar kraft Gesetzes ein. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung dieser Beschränkung nach § 12a Abs. 5 Satz 1 AufenthG lägen nicht vor. Die Beschränkung hindere den Antragsteller nicht, innerhalb Sachsens seinen Wohnsitz frei zu wählen. [...]

Soweit der Antragsteller eine Verletzung seiner Menschenwürde geltend macht, da seine Gesundheit nicht hinreichend beachtet worden sei, bezieht er sich sinngemäß auf § 12a Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 c) AufenthG. Hiernach ist eine Verpflichtung oder Zuweisung nach den Absätzen 1 bis 4 auf Antrag des Ausländers zur Vermeidung einer Härte aufzuheben; eine Härte liegt hiernach insbesondere vor, wenn für den Betroffenen aus sonstigen Gründen vergleichbare unzumutbare Einschränkungen entstehen. Insoweit wird in dem erneuten allgemeinärztlichen Attest vom x. August 2017 lediglich ausgeführt, dass zu einer Stabilisierung des psychischen Zustands des Antragstellers ein Umzug zu seiner Familie nach B. aus ärztlicher Sicht sinnvoll sei. Eine unzumutbare Beeinträchtigung des Antragstellers für den Fall seiner Wohnsitznahme im Freistaat Sachsen ist hieraus nicht ersichtlich. [...]