Bei § 2 Abs. 14 Nr. 2 AufenthG muss die Täuschung nicht aktuell sein; sie kann auch in der Vergangenheit liegen.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
b) Es liegen die Haftgründe des § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und 5 AufenthG vor.
aa) Gemäß § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AufenthG ist ein Ausländer zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn er auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist. Diese Voraussetzungen sind aufgrund der unerlaubten Wiedereinreise ohne Pass- bzw. Aufenthaltspapiere nach erfolgter Abschiebung und dem bestehenden befristeten Einreiseverbot (s.o.) erfüllt. Soweit in der Beschwerde ausgeführt wird, es fehle eine (behördliche) Rückkehrentscheidung, entspricht auch dies nicht der Aktenlage; vielmehr wurde eine solche dem Betroffenen ausgehändigt (s.o.).
bb) Gemäß § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AufenthG 1.V.m. § 2 Abs. 14 Nr. 2 AufenthG ist ein Ausländer in Sicherungshaft zu nehmen, wenn im Einzelfall Gründe vorliegen, die auf den in § 2 Abs. 14 AufenthG festgelegten Anhaltspunkten beruhen und deshalb der begründete Verdacht besteht, dass er sich der Abschiebung durch Flucht entziehen will (Fluchtgefahr). Nach § 2 Abs. 14 Nr. 2 AufenthG ist ein Anhaltspunkt im Sinne von § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AufenthG, wenn der Ausländer über seine Identität täuscht, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität. Eine solche Identitätstäuschung liegt mehrfach vor, sie belegt auch die Fluchtgefahr des Betroffenen. So beantragte der Betroffene am 16.11.2016 unter den Aliaspersonalien und ohne Passpapiere Abschiebungsschutz beim Ausländeramt der Städte-Region Aachen. Nur wenige Tage später am 24.11.2016 sprach der Betroffene, wiederum ohne Passpapiere, unter den Personalien ... bei der Anlaufstelle des Ausländeramtes der Antragstellerin vor. Seine richtige Identität konnte erst nach einer Überprüfung In der EURODAC-Datenbank ermittelt werden. In seiner Anhörung vor dem Amtsgericht gab der Betroffene zudem - unter eingestehen eines Fehlers - ausdrücklich an, dass der Grund für seine falschen Angaben sein Wunsch gewesen sei, in Deutschland zu bleiben. Vor dem Hintergrund der vollziehbaren Ausreisepflicht des Betroffenen kann aus dem vorstehenden Verhalten nur der Schluss gezogen werden, dass der Betroffene sich einer Abschiebung nicht freiwillig stellen würde, sondern vielmehr mit allen Mitteln versucht, sich unberechtigt in Deutschland aufzuhalten. Die Kammer teilt auch nicht die Auffassung des Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen, dass nur eine aktuelle Identitätstäuschung die Voraussetzungen des Haftgrundes erfülle, eine solche jedoch nicht vorliege, und die von dem Betroffenen gemachten Falschangaben ursächlich für die Verhinderung der Abschiebung sein müssten, was vorliegend nicht der Fall sei. Abgesehen von der Tatsache, dass der Betroffene mit den Angaben ... aktuell vor der Antragstellerin über seine Identität getäuscht hat, gibt auch der Wortlaut des § 2 Abs. 14 Nr. 2 AufenthG keine Anhaltspunkte dafür her, dass nur aktuelle Täuschungen erfasst sind, nicht jedoch in der Vergangenheit liegende. Vielmehr beschreibt diese Vorschrift ein generelles Verhalten des betroffenen Ausländers, dass sowohl In der Vergangenheit als auch in der Gegenwart liegen kann. Weiterhin wäre die Identitätstäuschung des Betroffenen auch ursächlich für eine etwaige Verhinderung der Abschiebung gewesen, hätte man nicht seine wirklichen Personalien und das Wiedereinreiseverbot nachträglich festgestellt. Die Argumentation des Verfahrensbevollmächtigten ist darüber hinaus zirkulär: Denn wenn die Identitätstäuschung i.S.d. § 2 Abs. 14 Nr. 2 AufenthG die Abschiebung verhindern müsste, hätte die Norm überhaupt keinen sinnvollen Anwendungsbereich, da es aufgrund der verhinderten Abschiebung überhaupt nicht zur Anordnung einer Abschiebehaft wegen Fluchtgefahr kommen könnte. [...]