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Zitieren als:
BGH, Beschluss vom 11.01.2018 - V ZB 62/17 - Asylmagazin 5/2018, S. 182 - asyl.net: M26046
https://www.asyl.net/rsdb/M26046
Leitsatz:

Keine Abschiebungshaft ohne wirksame Abschiebungsandrohung nach Abschiebung und Wiedereinreise:

1. Ohne wirksame Abschiebungsandrohung darf die Abschiebungshaft grundsätzlich nicht angeordnet werden (unter Bezug auf BGH, Beschluss vom 14.07.2016 - V ZB 32/15 - asyl.net: M24252).

2. Eine Abschiebungsandrohung aus einem BAMF-Bescheid ist "verbraucht", wenn die betroffene Person danach abgeschoben wurde. Reist diese anschließend erneut unerlaubt ein, kann von der nach § 59 AufenthG notwendigen Abschiebungsandrohung nicht unter Hinweis auf die früher ergangene Abschiebungsandrohung abgesehen werden (unter Bezug auf BGH, Beschluss vom 17.03.2016 - V ZB 39/15 - asyl.net: M23786 für den Fall der freiwilligen Ausreise).

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Rückkehrentscheidung, Abschiebungsandrohung, Ausreise, Abschiebung, Wiedereinreise, Feststellungsinteresse, Haftantrag, Beschwerde, Begründungserfordernis,
Normen: FamFG § 417 Abs. 2 Nr. 5, AufenthG § 59,
Auszüge:

[...]

b) Die Anordnung der Abschiebungshaft hat den Betroffenen in seinen Rechten verletzt.

aa) Es fehlte bereits an einem zulässigen Haftantrag, weil der Haftantrag der beteiligten Behörde keine Ausführungen zu dem Vorliegen oder der Entbehrlichkeit einer Abschiebungsandrohung enthält.

(1) Das Vorliegen einer Abschiebungsandrohung gehört zu den von der Behörde im Haftantrag nach § 417 Abs. 2 Nr. 5 FamFG darzulegenden Vollstreckungsvoraussetzungen. Fehlt es an Angaben der Behörde, dass eine Abschiebungsandrohung entweder bereits ergangen ist oder aber wegen Vorliegens einer anderen Rückkehrentscheidung ausnahmsweise entbehrlich ist, liegt ein Verstoß gegen den gesetzlichen Begründungszwang vor, der zur Unzulässigkeit des Haftantrags führt (Senat, Beschlüsse vom 14. Juli 2016 - V ZB 32/15, InfAuslR 2016, 432 Rn. 9 und vom 30. Oktober 2013 - V ZB 29/13, juris Rn. 4 mwN). Ohne einen zulässigen Haftantrag der Behörde darf der Richter die beantragte Haft zur Sicherung der Abschiebung nicht anordnen (Senat, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - V ZB 162/12, InfAuslR 2014, 51 Rn. 6 mwN).

(2) Entsprechende Ausführungen waren vorliegend nicht ausnahmsweise deshalb entbehrlich, weil der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Juni 2016 eine Abschiebungsandrohung enthielt. Denn durch den Vollzug der hierin angedrohten Abschiebung ist die Vollstreckungsmaßnahme der Verwaltungsbehörde abgeschlossen und erledigt. Die Abschiebungsandrohung ist hierdurch "verbraucht"; sie wirkt nicht als vorsorgliche Androhung für den Fall einer erneuten unerlaubten Einreise fort. Reist der Betroffene später wieder in die Bundesrepublik Deutschland ein, kann daher von einer nach § 59 AufenthG notwendigen Abschiebungsandrohung nicht unter Hinweis auf die früher ergangene Abschiebungsandrohung abgesehen werden (vgl. für den Fall der freiwilligen Ausreise Senat, Beschlüsse vom 17. März 2016 - V ZB 39/15, juris Rn. 8, vom 14. Januar 2016 - V ZB 18/14, Rn. 9 und vom 1. Oktober 2015 - V ZB 44/15, InfAuslR 2015, 440 Rn. 7). [...]