1. § 15 Abs. 2 der Gerichtszuständigkeitsverordnung in der Fassung der Ersten Verordnung zur Änderung der Gerichtszuständigkeitsverordnung vom 14. Juni 2016 (GVBl II Nr. 30) verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Zitiergebot und ist daher wirksam.
2. Eine von dem Verwaltungsgericht unzutreffend bejahte örtliche Zuständigkeit kann im Berufungszulassungsverfahren weder als Verfahrensfehler noch mit der Grundsatzrüge erfolgreich geltend gemacht werden.
(Amtliche Leitsätze)
[...]
3 1. Die Rüge des Zulassungsantrags, das Verwaltungsgericht habe durch die unzutreffende Annahme seiner örtlichen Zuständigkeit gegen den gesetzlichen Richter verstoßen und dadurch einen Verfahrensmangel im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, § 138 Nr. 1 VwGO begangen, greift nicht durch.
4 Zwar hätte das Verwaltungsgericht – worauf der Kläger zutreffend hinweist - § 15 Abs. 2 der Gerichtszuständigkeitsverordnung in der Fassung von Artikel 1 der Ersten Verordnung zur Änderung der Gerichtszuständigkeitsverordnung vom 14. Juni 2016 (GVBl II Nr. 30) anwenden und den Rechtsstreit an das danach zuständige Verwaltungsgericht Cottbus verweisen müssen. Diese Regelung ist nicht unwirksam, weil sie entgegen der angegriffenen Entscheidung nicht gegen das verfassungsrechtliche Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG verstößt.
5 Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG ist in einer Rechtsverordnung die – bundesrechtliche - Rechtsgrundlage, auf der sie beruht, anzugeben. Dadurch wird der Verordnungsgeber angehalten, sich der Reichweite seiner Rechtsetzungsbefugnis zu vergewissern. Außerdem dient Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG als rechtsstaatliches Formerfordernis der Offenlegung des Ermächtigungsrahmens gegenüber dem Adressaten der Verordnung, damit dieser kontrollieren kann, ob die Verordnung mit dem ermächtigenden Gesetz übereinstimmt. Hiervon ausgehend muss eine Verordnung, die auf mehreren Ermächtigungsgrundlagen beruht, diese vollständig zitieren und bei inhaltlicher Überschneidung mehrerer Ermächtigungsgrundlagen diese gemeinsam angeben. Allerdings muss nicht zu jeder Bestimmung der Verordnung im Einzelnen angegeben werden, auf welcher der Ermächtigungen sie beruht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. April 2014 – 2 BvF 1/12, 2 BvF 3/12 – juris Rn. 99).
6 Zur Erfüllung des Zitiergebots ist es nicht erforderlich, dass in Rechtsverordnungen, die auf einer Unterermächtigung beruhen, stets beide Rechtsgrundlagen angegeben werden. Bei Gesetzen, die sowohl die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen sowie die zur Subdelegation enthalten, wird dem Zitiergebot genügt, wenn die auf der Subdelegation beruhende Rechtsverordnung nur die Rechtsverordnung nennt, mit der die Ermächtigung weiter übertragen worden ist, sofern nur diese Rechtsverordnung ihrerseits die für beide Rechtsverordnungen maßgebende gesetzliche Rechtsgrundlage eindeutig kennzeichnet (BGH, Urteil vom 30. September 1976 – III ZR 134/74 – juris Rn. 22).
7 Gemessen daran ist hier den verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Zitiergebot Genüge getan. Zwar hat der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz als zuständiger Verordnungsgeber in der Ersten Verordnung zur Änderung der Gerichtszuständigkeitsverordnung vom 14. Juni 2016 (GVBl II Nr. 30) nur § 83 Abs. 3 Satz 1 AsylG in der Eingangsformel zitiert, wonach die Landesregierungen ermächtigt werden, durch Rechtsverordnung einem Verwaltungsgericht für die Bezirke mehrerer Verwaltungsgerichte Streitigkeiten nach dem Asylgesetz hinsichtlich bestimmter Herkunftsstaaten zuzuweisen, sofern dies für die Verfahrensförderung dieser Streitigkeiten sachdienlich ist. Dies führt jedoch entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung nicht zur Unwirksamkeit der eine Konzentration von Asylverfahren nach Herkunftsstaaten regelnden Ersten Änderungsverordnung und damit des § 15 Abs. 2 der Gerichtszuständigkeitsverordnung. Die Erste Änderungsverordnung nimmt zwar nicht ausdrücklich auf § 83 Abs. 3 Satz 2 AsylG Bezug, wonach die Landesregierungen die Ermächtigung gemäß § 83 Abs. 3 Satz 1 AsylG auf andere Stellen übertragen können. Sie weist jedoch in der Eingangsformel auf § 1 Nummer 59 der Justiz-Zuständigkeitsübertragungsverordnung (JuZÜV) hin, der durch Art. 1 der Ersten Verordnung zur Änderung der Justiz-Zuständigkeitsübertragungsverordnung (JuZÜV) vom 25. Januar 2016 (GVBl II Nr. 2) eingefügt worden war. Mit dieser Regelung, die ihrerseits ausdrücklich § 83 Abs. 3 Satz 2 AsylG zitiert, hatte die Landesregierung das für Justiz zuständige Mitglied ermächtigt, Rechtsverordnungen nach § 83 Abs. 3 Satz 1 AsylG zu erlassen. Damit zitiert die Erste Verordnung zur Änderung der Gerichtszuständigkeitsverordnung vom 14. Juni 2016 eine nachvollziehbare Rechts- und Ermächtigungsgrundlage für die Subdelegation, aus der hinreichend deutlich hervorgeht, dass der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz an Stelle der Landesregierung zum Erlass der Ersten Verordnung zur Änderung der Gerichtszuständigkeitsverordnung vom 14. Juni 2016 ermächtigt war, dass er von dieser Ermächtigung Gebrauch machen wollte und dass er die ihm gesetzten rechtlichen Grenzen eingehalten hat. Diese Rechtsauffassung wird auch von den Verwaltungsgerichten Cottbus und Frankfurt (Oder) zutreffend vertreten (vgl. z.B. VG Cottbus, Beschlüsse vom 1. November 2017 – 5 K 1586/17.A – juris und vom 21. Dezember 2017 – 1 K 3015/17.A – juris; VG Frankfurt (Oder), Beschlüsse vom 18. Oktober 2017 – 6 K 3340/17.A – juris und vom 24. Oktober 2017 – 5 K 3389/17.A – juris).
8 Die in dem angegriffenen Urteil angenommene – nicht zutreffende - Unwirksamkeit von § 15 Abs. 2 der Gerichtszuständigkeitsverordnung begründet jedoch keinen zur Zulassung der Berufung führenden Verfahrensmangel im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, § 138 Nr. 1 VwGO. Die von dem Zulassungsantrag geltend gemachte Besetzungsrüge – d.h. die Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) - kann grundsätzlich nicht darauf gestützt werden, dass das Verwaltungsgericht die Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit unrichtig ausgelegt und angewandt und trotz seiner örtlichen Unzuständigkeit im vorliegenden Verfahren entschieden hat (vgl. OVG Greifswald, Beschluss vom 27. September 2005 – 3 L 410/04 – juris Rn. 5 ff.; OVG Berlin, Beschluss vom 20. November 2000 – 3 N 122.00 – juris Rn. 3; VGH München, Beschluss vom 14. Januar 1998 – 19 ZB 97.35721 – juris Rn. 3 ff; OVG Magdeburg, Beschluss vom 17. September 1993 – 3 L 34/93 – juris Rn. 5). Da § 83 Satz 1 VwGO die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes für entsprechend anwendbar erklärt, ist das Oberverwaltungsgericht nach § 17a Abs. 5 GVG daran gebunden, dass das Verwaltungsgericht seine örtliche Zuständigkeit bejaht hat. Dieser Regelung zufolge prüft das OVG bei einer Entscheidung über ein Rechtsmittel in der Hauptsache nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist, bzw. ob das erstinstanzliche Gericht seine sachliche oder örtliche Zuständigkeit zutreffend angenommen hat.
9 Die Bindungswirkung des § 17a Abs. 5 GVG wäre hier auch nicht entfallen, wenn das Verwaltungsgericht entgegen § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG nicht vorab über die von dem Kläger im erstinstanzlichen Verfahren gerügte örtliche Unzuständigkeit entschieden hätte. Insoweit kann offen bleiben, ob dies mit dem Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss vom 6. September 2017 geschehen ist. Zwar entfällt ausnahmsweise eine Bindung des Rechtsmittelgerichts an die von dem Verwaltungsgericht bejahte Zuständigkeit, wenn das Verwaltungsgericht die Verfahrensgrundsätze des § 17a Abs. 2, Abs. 3 GVG nicht eingehalten hat. Dies beruht darauf, dass dem Kläger durch die verfahrensfehlerhaft unterlassene Beschlussfassung die Möglichkeit der ihm nach § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG gegen einen solchen Beschluss zustehenden Beschwerde genommen wird (vgl. zu alledem BVerwG, Beschluss vom 22. November 1997 – 2 B 104/97 – juris Rn. 6 f.; VGH Kassel, Urteil vom 9. März 2006 – 6 UE 3281/02 – juris Rn. 26; OVG Berlin, Beschluss vom 20. November 2000 – 3 N 122.00 – juris Rn. 3; OVG Lüneburg, Beschluss vom 21 Mai 1997 – 11 M 2469/97 – juris Rn. 23; VGH München, Beschluss vom 5. Mai 1993 – 4 CE 93.464 – juris Rn. 10). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Beschlüsse, mit denen das Verwaltungsgericht entsprechend § 17a Abs. 2, Abs. 3 GVG über die örtliche Zuständigkeit entscheidet, sind nach § 83 Satz 2 VwGO unanfechtbar. Ungeachtet dessen wäre eine Beschwerde gegen einen Beschluss, mit dem das Verwaltungsgericht seine örtliche Zuständigkeit bejaht oder verneint, auch nach § 80 AsylG ausgeschlossen. Diese abschließenden gesetzlichen Regelungen können nicht dadurch umgangen werden, dass das Rechtsmittelgericht die Frage der örtlichen Zuständigkeit im Hauptsacheverfahren dennoch prüft (vgl. VGH München, Beschluss vom 18. Januar 2001 – 21 S 00.32364 – juris Rn. 6).
10 Es kann offen bleiben, ob die Bindung des Rechtsmittelgerichts an die Bejahung der örtlichen Zuständigkeit außerdem auch dann entfällt, wenn die Entscheidung offensichtlich willkürlich – d.h. von sachfremden und unter keinen Umständen mehr vertretbaren Erwägungen getragen - ist (so VGH München, Beschluss vom 5. Mai 1993 – 4 CE 93.464 – juris Rn. 5). Hierfür besteht im vorliegenden Verfahren keinerlei Anhaltspunkt. Die unzutreffende Auffassung des Verwaltungsgerichts über den Umfang des verfassungsrechtlichen Zitiergebots, die durch eine ausführlich begründete, auf den jeweiligen Normtext eingehende Entscheidung der mit drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern besetzten Kammer getroffen worden ist, kann nicht mit Willkür gleichgesetzt werden. [...]