Bei der Prüfung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG reicht die Feststellung eines schwerwiegenden oder besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 AufenthG aus, ohne dass es einer Abwägung mit dem Bleibeinteresse bedarf. Annahme der Wiederholungsgefahr bei Steigerung des Gewaltpotentials.
(Amtlicher Leitsatz)
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Zu Recht hat die Antragsgegnerin entschieden, dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG nicht erfüllt sind. Dabei reicht die Feststellung, dass nach Nr. 2 der Bestimmung ein Ausweisungsinteresse besteht bereits aus. Insbesondere bedarf es keiner darüberhinausgehenden Abwägung mit dem Bleibeinteresse des Antragstellers. Es bestand bereits vor der Änderung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27.Juli 2015 (BGBl. I, S. 1386) in der Rechtsprechung die Übereinstimmung, dass der Regelversagungsgrund schon bei Erfüllung eines Ausweisungstatbestandes gegeben war, ohne dass es auf das Eingreifen eines besonderes Ausweisungsschutzes ankam (BVerwG, Urteil vom 29. Juli 1993 - 1 C 25/93 - juris; Urteil vom 16. Juli 2002 - 1 C 8.02 - juris, Funke-Kaiser, GK-AufenthG, § 5 Rdn. 55.) Dieses Verständnis ist auch auf die neue Gesetzeslage zu übertragen, da der Gesetzgeber allein mit der Ersetzung des Begriffs des "Ausweisungsgrundes" durch "Ausweisungsinteresses" keine neue Rechtslage geschaffen (Funke-Kaiser, a.a.O., § 5 Rdn. 56), sondern lediglich eine Folgeänderung zur Neuordnung des Ausweisungsrechts vorgenommen hat (vgl. BT-Drucks. 18/4097, S. 35). Wie bisher ist daher von einem Ausweisungsinteresse dann auszugehen und dieses zu bejahen, wenn der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. August 2015 - 11 S 1500/15 - juris Rdn. 9; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. August 2016 - 18 B 754/16 -, juris Rdn. 11 ff.). Daher dringt der Antragsteller mit den in seiner Beschwerde vorgebrachten Argumenten nicht durch, wonach sein Grundeigentum und die unternehmerische Tätigkeit als ein überwiegendes Bleibeinteresse zu berücksichtigen seien. Ein Ausweisungsinteresse gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG besteht, wenn der Tatbestand eines schwerwiegenden oder besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 AufenthG erfüllt ist. Selbst wenn man verlangt, dass zudem im Falle strafgerichtlicher Verurteilungen eine Wiederholungsgefahr vorliegen muss (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. April 2017 - 11 S 1967/16 - juris Rdn. 25 ff.; Bayerischer VGH, Urteil vom 9. Dezember 2015 - 19 B 15.1066 - juris Rdn. 26 f.), spricht viel dafür, dass sich die hierzu angestellten Erwägungen der Antragsgegnerin in dem streitigen Bescheid vom 15. März 2017 als rechtmäßig erweisen. [...]