Um das Eingreifen des § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG zu verhindern, muss der Antragsteller spätestens bis zum Ende der inhaltlichen - das materielle Asylbegehren betreffenden - Anhörung beim Bundesamt die gebotene Korrektur seiner Angaben hinsichtlich seiner Identität oder Staatsangehörigkeit vornehmen. Eine erst danach erfolgte Korrektur steht der Anwendung des § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG nicht entgegen.
(Amtlicher Leitsatz)
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6 Der Asylantrag wurde zu Recht nach § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Nach dieser Vorschrift ist ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzuweisen, wenn ein Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert. Dieser Vorschrift liegt nach dem Willen des Gesetzgebers die Erwägung zugrunde, dass ein individuelles Verfolgungsschicksal nur festgestellt werden kann, wenn die Identität und die Staatsangehörigkeit des Verfolgten bekannt sind, und dass ein politisch Verfolgter in Deutschland um Asyl nachsucht, weil er auf den Schutz deutscher Behörden vertraut (vgl. BT-Drs. 12/4450, S. 22). Es ist dem Ausländer daher zuzumuten, spätestens gegenüber dem für die Entscheidung zuständigen Bundesamt seine Identität darzulegen oder seine Angaben dazu zu machen (vgl. BT-Drs. 12/4450, a.a.O.). Die Täuschung setzt jedenfalls ein vorsätzliches Handeln voraus und kann darin liegen, dass ein Irrtum durch unwahre Behauptungen hervorgerufen oder ein beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits bestehender Irrtum aufrechterhalten wird (vgl. VG Leipzig, Urteil vom 30.10.2017 - 6 K 2519/16.A -, juris, Rn. 50; VG Lüneburg, Beschluss vom 16.06.2017 - 6 B 50/17 -, juris, Rn. 4; Schröder, in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 30 AsylG, Rn. 24 sowie Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 30 AsylG, Rn. 53, der gar von absichtlichen Handeln spricht). Verletzt der Asylbewerber die Obliegenheit, seine wahre Identität und Staatsangehörigkeit anzugeben, in dem er bewusst versucht, beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Irrtum über diese persönlichen Merkmale hervorzurufen oder aufrechtzuerhalten, so trifft ihn die qualifizierte Ablehnung seines unbegründeten Asylantrags. Klärt der Asylbewerber den von ihm zu verantwortenden Irrtum über seine Identität oder Staatsangehörigkeit auf oder trägt er die zunächst verweigerten Angaben nach, dann steht dies einer Anwendung des § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG entgegen (vgl. VG Leipzig, Urteil vom 30.10.2017, a.a.O.). Die Korrektur muss aber bis zum Ende der (inhaltlichen) Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erfolgen (vgl. VG Leipzig, Urteil vom 30.10.2017, a.a.O.; VG Regensburg, Beschluss vom 07.02.2017 - RN 5 S 17.30264 -, juris, Rn. 18; Heusch, in: BeckOK, AuslR, Stand: 01.02.2018, AsylG, § 30, Rn. 41; Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 30, Rn. 52; Hailbronner, in: Ders., AuslR, Stand: Oktober 2014, § 30 AsylVfG, Rn. 77). Sobald das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auf anderem Wege die Identität und Staatsangehörigkeit eines Asylbewerbers herausgefunden hat, kommen dessen nachträgliche Aufklärungsversuche schon zu spät (vgl. VG Cottbus, Beschluss vom 22.03.2018 - 6 L 107/17.A -, juris, Rn. 7; VG Leipzig, Urteil vom 30.10.2017, a.a.O.; Heusch, a.a.O.). [...]
9 Der Anwendung des § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG steht nicht entgegen, dass der Antragsteller seine (voraussichtlich) wahre Staatsangehörigkeit am .2018 gegenüber dem Bundesamt angegeben hat und den Sachverhalt bei seiner ergänzenden Anhörung am 0 .2018 weiter aufklärte.
10 Denn eine Korrektur war nach Ansicht des beschließenden Einzelrichters nur bis zum Ende der ersten Anhörung am .2017 möglich und danach ausgeschlossen. Denn nach den oben dargestellten Grundsätzen und den Erwägungen in der Gesetzesbegründung zu § 30 Abs. 3 Nr. 2 AsylG muss eine Korrektur bis zum Ende der inhaltlichen – das materielle Asylbegehren betreffenden – Anhörung nach §§ 25, 24 Abs. 1 Satz 3 AsylG erfolgen (vgl. nochmals VG Leipzig, Urteil vom 30.10.2017, a.a.O.; VG Regensburg, Beschluss vom 07.02.2017, a.a.O.; Heusch, a.a.O.; Marx, a.a.O.). [...]