BVerfG

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Zitieren als:
BVerfG, Urteil vom 22.11.2002 - 2 BvR 2266/00 - asyl.net: M2627
https://www.asyl.net/rsdb/M2627
Leitsatz:

Kein Wegfall des Rechtschutzsinteresses eines Rechtsmittels gegen Abschiebungshaft nach Ende der Haft (hier: Abschiebung des Betroffenen) (im Anschluss an Beschluss vom 5.12.2001 - 2 BvR 527/99 u.a. - BVerfGE 104, 220, 11 S., M1630)

Schlagwörter: D (A), Abgelehnte Asylbewerber, Abschiebungshaft, Sofortige Beschwerde, Zulässigkeit, Rehabilitationsinteresse, Rechtsschutzinteresse, Abschiebung, Erledigung, Beschleunigungsgebot, Rechtsweggarantie
Normen: GG Art. 2 Abs. 2 S. 2; GG Art 3 Abs. 1; GG Art. 19 Abs. 4; GG Art. 104 Abs.1 S.1
Auszüge:

 

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob dem von der Anordnung der Abschiebung Betroffenen das Rechtsmittel der sofortigen weiteren Beschwerde von Verfassungs wegen auch dann eröffnet bleibt, wenn die Haft bereits beendet ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass ein Freiheitsverlust durch Inhaftierung ein Rehabilitierungsinteresse des Betroffenen indiziert, das ein von Art. 19 Abs. 4 GG umfasstes Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch dann begründet, wenn die Maßnahme erledigt ist (vgl. Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Dezember 2001 - 2 BvR 527/99 u.a. -, Leitsatz).

Gemäß §§ 3, 7 FEVG, § 103 Abs. 2 AuslG, §§ 19, 22 ,27, 29 FGG ist gegen richterliche Abschiebungshaftanordnungen die sofortige und die sofortige weitere Beschwerde statthaft. Die Zulässigkeit der sofortigen weiteren Beschwerde hatte das angerufene Oberlandesgericht unter Beachtung der im Beschluss des Zweiten Senats vom 5. Dezember 2001 - 2 BvR 527/99 u.a. - (Umdruck S. 22 ff.) dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen zu beurteilen. Danach durfte es nicht die Erledigung des Rechtsmittels feststellen, weil die Haftanordnung sich durch Vollzug der Abschiebung erledigt habe. Vielmehr hätte das Oberlandesgericht prüfen müssen, ob von Verfassungs wegen ein Rechtsschutzinteresse des Betroffenen fortbesteht. Wegen des Gewichts des Eingriffs in das Grundrecht der Freiheit der Person, das der Inhaftierung unter Berücksichtigung der mit ihr verbundenen diskriminierenden Wirkung innewohnt, ist ein solches Interesse zu bejahen.

Der Beschluss des Oberlandesgerichts ist demnach aufzuheben. Die Sache ist an das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen zurückzuverweisen (vgl. § 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG), damit über die sofortige weitere Beschwerde in der Sache entschieden werden kann.