Beschwerdebefugnis nach Abschiebung eines Ausländers:
1. Eine Beschwerde gegen eine den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ablehnende Entscheidung eines Verwaltungsgerichts wird nicht aufgrund der Abschiebung des rechtsschutzsuchenden Ausländers während des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens unzulässig.
2. Dies folgt schon aus dem in § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO gesetzlich eingeräumten Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch, der den Fortbestand der Zulässigkeit voraussetzt.
3. Ein kraft Gesetzes eintretendes Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG steht der Zulässigkeit ebenfalls nicht entgegen, soweit § 11 Abs. 1 AufenthG wegen eines Verstoßes gegen Unionsrecht nicht anwendbar ist (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 13.07.2017 - 1 VR 3.17-, NVwZ 2017, 1531 und VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 22.03.2018 - 11 S 2776/17 -, juris).
4. Eine für eine erneute Einreise möglicherweise bestehende Visumspflicht führt nicht zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses in solchen Fällen.
(Amtliche Leitsätze)
[...]
Der Antrag ist nicht unzulässig geworden, weil der Antragsteller während des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes abgeschoben wurde. Insbesondere ist nicht das Rechtsschutzbedürfnis entfallen. Nach allgemeinen prozessrechtlichen Regeln kann in aller Regel die Vollziehung einer Verfügung nicht die Unzulässigkeit nach sich ziehen, weil der in § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO ausdrücklich gesetzlich eingeräumte Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch (vgl. zu dessen umstrittenem Charakter Funke-Kaiser, in: Bader, VwGO, 6. Aufl., § 80 Rn. 115) den Fortbestand der Zulässigkeit voraussetzt. Aber auch aus spezifisch aufenthaltsrechtlichen Überlegungen folgt nichts Anderes. Zunächst kann gegen die Zulässigkeit nicht § 11 Abs. 1 AufenthG eingewandt werden (so aber etwa HessVGH, Beschluss vom 11.12.2003 - TG 546/03 - InfAuslR 2004, 152). Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 13.07.2017 - 1 VR 3.17 -, NVwZ 2017, 1531), der sich der Senat angeschlossen hat (Beschluss vom 22.03.2018 - 11 S 2776/17 -, juris), ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot wegen einen Verstoßes gegen Unionsrecht nicht anzuwenden; nach Auffassung des Senats kann auch eine behördliche Befristungsentscheidung nicht als behördliches Verbot verstanden werden (vgl. Senatsbeschluss vom 22.03.2018); jedenfalls kann, solange diese Frage nicht abschließend geklärt ist, das Rechtsschutzbedürfnis nicht unter diesem Aspekt verneint werden. Abgesehen davon kann eine Abschiebung, der nachträglich durch eine die aufschiebende Wirkung anordnende Gerichtsentscheidung (vorläufig) die Grundlage entzogen werden soll, schwerlich die Wirkungen des § 11 Abs. 1 AufenthG auslösen. Wollte man insoweit mit dem Argument des entstandenen Einreise- und Aufenthaltsverbots ein weiter bestehendes Rechtsschutzbedürfnis verneinen, so wäre dies ein Zirkelschluss, da dann die Voraussetzungen für das Entfallen des Verbots nicht herbeigeführt werden könnten. Ob für eine erneute Einreise eventuell ein Visum erforderlich ist, führt aber nicht für sich allein zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. ausführlich zu alldem Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG § 81 Rn. 140 ff. auch zum Aspekt der effektiven Rechtsschutzgewährung, insbesondere Rn 146 f.). [...]