Kinder- und Jugendhilfe- sowie Jugendförderungsrecht, Inobhutnahme
1. Bei der forensischen Altersdiagnostik mittels radiologischer Bildgebung handelt es sich um eine ärztliche Untersuchung zur Altersbestimmung im Sinne des § 42f Abs. 2 SGB 8, die aufgrund ihrer Zuverlässigkeit in Zweifelsfällen vom Jugendamt regelmäßig in Betracht zu ziehen ist.
2. Die von der interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft für Forensische Altersdiagnostik der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin (AGFAD) aufgestellten Empfehlungen für Altersschätzungen bei Lebenden bilden den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse auf dem Gebiet der forensischen Altersdagnostik ab.
3. Ein auf den Empfehlungen der AGFAD basierendes dreistufiges Gutachten zur Altersbestimmung (körperliche Untersuchung, Röntgenaufnahme des Gebisses und der linken Hand sowie ggf. CT-Untersuchung der Schlüsselbeine) erreicht regelmäßig einen höheren Grad an Gewissheit als ein altersdiagnostisches Gutachten, das nur auf einer Röntgenaufnahme des Gebisses basiert.
4. Wendet der jeweilige Gutachter zudem das sog. Mindestalterkonzept an, lässt sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass ein tatsächlich Minderjähriger versehentlich als volljährig eingestuft wird.
(Amtliche Leitsätze, siehe hierzu auch OVG Bremen, Beschluss vom 22.02.2016 - 1 B 303/15 (Asylmagazin 4-5/2016, S. 143 f.) - asyl.net: M23742)
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3. Der Senat hat entgegen der Auffassung des Antragstellers keine Zweifel daran, dass es sich bei der forensischen Altersdiagnostik mittels radiologischer Bildgebung um eine ärztliche Untersuchung zur Altersbestimmung im Sinne des § 42f Abs. 2 SGB VIII handelt, die aufgrund ihrer Zuverlässigkeit in Zweifelsfällen regelmäßig in Betracht zu ziehen sein wird.
In der Gesetzesbegründung zu § 42f Abs. 2 SGB VIII (BT-Drs. 18/6392 S. 20) heißt es, dass die ärztliche Untersuchung mit den schonendsten und soweit möglich zuverlässigsten Methoden von qualifizierten medizinischen Fachkräften durchzuführen sei. Dies aufgreifend wird in der Literatur vertreten, dass auch das Röntgen von Teilen des Körpers nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Altersdiagnostik von dem Begriff der ärztlichen Untersuchung in § 42f Abs. 2 SGB VIII erfasst sei (Kirchhoff/Rudolf, NVwZ 2017, 1167 (1171 f.). Auch in der bislang zu der Vorschrift ergangenen Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine zuverlässige Altersdiagnostik neben einer körperlichen Untersuchung gegebenenfalls eine Röntgenuntersuchung voraussetzt (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 16.08.2016 – 12 CS 16.1550 – NVwZ-RR 2017, 238 (240)). Ebenso war vor Erlass des § 42f SGB VIII in der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass eine radiologische Bildgebung im Rahmen der medizinischen Altersdiagnostik erfolgen kann (OVG Münster, Beschluss vom 29.09.2014 – 12 B 923/14 – Rn. 27; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.08.2012 – OVG 6 S 34.12 –, Rn. 3; OVG Hamburg, Beschluss vom 09.02.2011 – 1 Bs 9/11 –, Rn. 72 ff.; jeweils juris). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des § 42f SGB VIII hiervon abrücken wollte, lassen sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
Dass es mit Hilfe der medizinischen Altersdiagnostik nicht möglich ist, das Lebensalter eines Menschen exakt zu bestimmen, ist insoweit unerheblich. Klärungsbedürftig ist allein die Frage, ob Minderjährigkeit sicher ausgeschlossen werden kann. Das Oberverwaltungsgericht geht davon aus, dass dies auf der Grundlage aktueller rechtsmedizinischer Erkenntnisse möglich ist (dazu sogleich).
Schließlich steht auch § 25 Abs. 1 Satz 1 RöV der Anwendung von Röntgenstrahlung im Rahmen der medizinischen Altersdiagnostik nicht entgegen. Hiernach darf Röntgenstrahlung am Menschen nur in Ausübung der Heilkunde oder Zahnheilkunde, in der medizinischen Forschung, in sonstigen durch Gesetz vorgesehenen oder zugelassenen Fällen, zur Untersuchung nach Vorschriften des allgemeinen Arbeitsschutzes oder in den Fällen, in denen die Aufenthalts- oder Einwanderungsbestimmungen eines anderen Staates eine Röntgenaufnahme fordern, angewendet werden. § 42f SGB VIII stellt eine gesetzliche Ermächtigung dar. Bei der Anwendung von Röntgenstrahlung im Rahmen der medizinischen Altersdiagnostik handelt es sich um einen durch Gesetz zugelassenen Fall im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 RöV (vgl. zu § 25 RöV im Rahmen der Altersdiagnostik ausführlich OVG Hamburg, Beschluss vom 09.02.2011, a.a.O. Rn. 73 ff.).
4. Das Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf vom 26.07.2017 entspricht nach vorläufiger Einschätzung allerdings nicht den Empfehlungen der AGFAD, die den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse auf dem Gebiet der forensischen Altersdiagnostik abbilden.
a) Die gutachterlichen Ausführungen eines Sachverständigen müssen im Hinblick auf Grundlagen, Methodik und Inhalt des Gutachtens den aktuellen Stand der anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnis in dem Fachgebiet widerspiegeln (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.02.2016 – 2 WD 19/15 –, BVerwGE 154, 168-173, Rn. 46; BGH, Beschluss vom 12.11.2004 – 2 StR 367/04 –, BGHSt 49, 347-359, Rn. 14; BSG, Urteil vom 13.12.2005 – B 1 KR 21/04 R –, SozR 4-2500 § 18 Nr. 5, Rn. 18 ff. zu § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Ein solcher Stand wissenschaftlicher bzw. vorliegend medizinischer Erkenntnisse liegt vor, wenn die große Mehrheit der einschlägigen Wissenschaftler und Ärzte die von dem Gutachter herangezogene Methode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Methode Konsens besteht (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2005, a.a.O. Rn. 22). Zusätzlich ist insoweit von Bedeutung, inwieweit sich unter Fachleuten konsensfähige medizinische Erkenntnisse bereits in ärztlichen Leitlinien, Empfehlungen oder Stellungnahmen von Fachgesellschaften niedergeschlagen haben (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2005, a.a.O. Rn. 33).
Der aktuelle Stand der anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnis auf dem Gebiet der forensischen Altersdiagnostik ergibt sich aus den aktualisierten Empfehlungen für Altersschätzungen bei Lebenden im Strafverfahren der AGFAD vom 14.03.2008 (abrufbar im Internet unter www.dgrm.de/fileadmin/PDF/AG_FAD/empfehlung_strafverfahren.pdf; zuletzt aufgerufen am 01.06.2018; vgl. hierzu auch Schmeling et al., Dt. Ärzteblatt 2016, 44 ff.). Diese Empfehlungen gelten auch für Altersschätzungen außerhalb von Strafverfahren, wenn eine Rechtsgrundlage für Röntgenuntersuchungen – wie vorliegend – ohne medizinische Indikation vorliegt. Ein auf den Empfehlungen basierendes standardisiertes Untersuchungsprotokoll erfordert im Wesentlichen die körperliche Untersuchung zum Ausschluss möglicher alterungsrelevanter Entwicklungsstörungen, die Röntgenuntersuchung der linken Hand und des Gebisses sowie bei abgeschlossener Handskelettentwicklung die zusätzliche Untersuchung der Schlüsselbeine mittels Röntgendiagnostik oder Computertomographie. Weiter heißt es in den Empfehlungen, dass zur Erhöhung der Aussagesicherheit und zur Erkennung altersrelevanter Entwicklungsstörungen alle genannten Methoden eingesetzt werden sollten.
Dass die genannten Empfehlungen der AGFAD den aktuellen Stand der anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnis auf dem Gebiet der forensischen Altersdiagnostik darstellen, ist in der Rechtsprechung allgemein anerkannt (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 09.02.2011 – 4 Bs 9/11 –, Rn. 66; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 05.04.2017 – 12 BV 17.185 –, Rn. 41, jeweils juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26.08.2015 – 18 UF 92/15 –, NJW 2016, 87, (89); OVG Lüneburg, Beschluss vom 22.03.2017 – 4 ME 83/17 –, Rn. 3; OLG Hamm, Beschluss vom 30.01.2015 – II-6 UF 155/13 –, Rn. 17 ff.; VG Göttingen, Beschluss vom 16.12.2011 – 2 B 269/11 –, Rn. 18 ff. und Beschluss vom 17.07.2014 – 2 B 195/14 –, Rn. 34 ff.; VG Minden, Urteil vom 13.06.2017 – 10 K 240/15.A –, Rn. 40; VG Aachen, Beschluss vom 22.04.2015 – 5 L 15/15.A –, Rn. 38, jeweils juris; Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 10.01.2017 – D-6422/2016 – UA S. 12 ff.; Urteil vom 26.01.2017 – A-3080/2016 – UA S. 10 ff. ; jeweils abrufbar unter www.weblaw.ch).
Der Senat hat die Kritik, die an der forensischen Altersdiagnostik geübt wird, zur Kenntnis genommen. Der Antragsteller hat hierauf Bezug genommen. Dies gilt insbesondere auch für die Stellungnahme der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer vom 30.09.2016 zur medizinischen Altersschätzung bei unbegleiteten jungen Flüchtlingen. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Stellungnahme (nur) die derzeitige Praxis der medizinischen Altersschätzung aus rechtlicher und ethischer Sicht bewertet. Die in der Stellungnahme auch enthaltene Kritik an der wissenschaftlichen Eignung der Verfahren bildet erkennbar nicht ihren Schwerpunkt. Die Deutsche Gesellschaft für Rechtsmedizin (im Folgenden: DGRM) ist der Kritik zudem im Einzelnen entgegen getreten (vgl. www.dgrm.de/fileadmin/PDF/AG_FAD/Antwort_DGRM_ZEKO_30.09.2016.pdf, zuletzt aufgerufen am 01.06.2018).
b) Das Vorgehen der Gutachter des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf im vorliegenden Fall entspricht nicht vollständig den Empfehlungen der AGFAD. Dies wird auch in einer Publikation von Mitarbeitern des Instituts eingeräumt (Mansour et al., The role of forensic medicine and forensic dentistry in estimating the chronological age of living individuals in Hamburg, Germany, Int J Legal Med (2017) 113: 593 (594)). Während die Empfehlungen der AGFAD neben einer körperlichen Untersuchung auch die Röntgenuntersuchung der linken Hand und des Gebisses sowie bei abgeschlossener Handskelettentwicklung die zusätzliche Untersuchung der Schlüsselbeine mittels Röntgendiagnostik oder Computertomographie vorsehen, haben sich die Gutachter im Fall des Antragstellers auf die Fertigung einer Panoramaschichtaufnahme seines Gebisses beschränkt. Nach Auffassung des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (vgl. die Stellungnahme vom 28.03.2018 gegenüber dem Verwaltungsgericht, die von der Antragsgegnerin in den Parallelverfahren 1 B 10/18 und 1 B 53/18 vorgelegt wurde) sei es keineswegs so, dass zwingend alle in den Empfehlungen der AGFAD vorgesehenen Aufnahmen angefertigt werden müssten.
Besonders aus Strahlenschutzgründen müsse bei jeder Untersuchung genau überlegt werden, welche Röntgenaufnahmen angefertigt werden sollten. In Hamburg liege das Schwergewicht auf den odonto-stomatologischen altersrelevanten Merkmalen. Schlüsselbeinaufnahmen würden bei Flüchtlingen, wo es um die Frage gehe, ob ein Alter über 18 Jahre vorliege, nicht angefertigt. Im Vergleich zur Panoramaschichtaufnahme der Zähne und des Kiefers benötige die computertomographische Schlüsselbeinuntersuchung circa die 40-fache Dosis. Lediglich im Strafverfahren sei die Schlüsselbeinuntersuchung sinnvoll und notwendig.
Dem folgt der Senat nicht. Für die am Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf praktizierte Methode spricht zwar, dass so die Strahlenbelastung für den Betroffenen gering gehalten werden kann. Dies geht jedoch mit einem geringeren Wahrscheinlichkeitsmaßstab bei der Altersschätzung einher. Während mit der Hamburger Methode regelmäßig – wie auch im Fall des Antragstellers – nach Auffassung der Gutachter mit "sehr großer Wahrscheinlichkeit" bestimmt werden kann, ob der Betroffene volljährig ist (vgl. Mansour et al., a.a.O. S. 594), garantiert ein striktes Vorgehen nach den Empfehlungen der AGFAD eine größtmögliche Aussagesicherheit (vgl. Schmeling et al., Dt. Ärzteblatt 2016, 44 ff.). Wendet man das auf den Empfehlungen der AGFAD aufbauende Mindestalterkonzept an, lässt sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass eine tatsächlich minderjährige Person versehentlich als volljährig eingeschätzt wird (vgl. hierzu anschaulich Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 10.01.2017, a.a.O.). Die Anwendung des Mindestalterkonzepts stellt sicher, dass das forensische Alter der begutachteten Person keinesfalls zu hoch angegeben wird, sondern praktisch immer unter dem tatsächlichen Alter liegt. Das Mindestalter ergibt sich aus dem Altersminimum der Referenzstudie für die festgestellte Merkmalsausprägung; es ist das Alter der jüngsten Person der Referenzpopulation, die die jeweilige Merkmalsausprägung aufweist. Bei der Untersuchung mehrerer Merkmalssysteme ist das höchste festgestellte Mindestalter maßgeblich (vgl. Schmeling et al., a.a.O.; VG Minden, Urteil vom 13.06.2017 – 10 K 240/15.A –, Rn. 60 ff., juris; Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 10.01.2017, a.a.O.; Urteil vom 26.01.2017 a.a.O.).
Daraus folgt, dass sich das Gericht bei seiner Überprüfung eines behördlichen Verfahrens zur Altersfeststellung nach § 42f SGB VIII, das auf die weitere Biographie des Betroffenen regelmäßig erhebliche Auswirkungen hat, im Rahmen der richterlichen Überzeugungsbildung nach § 108 Abs. 1 VwGO nicht mit einem niedrigeren Wahrscheinlichkeitsmaßstab zufrieden geben darf, wenn ein höherer Grad an Gewissheit durch die Durchführung des empfohlenen dreistufigen altersdiagnostischen Verfahrens erlangt werden kann. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dem Betroffenen nicht die Möglichkeit eingeräumt wurde, sich im Hinblick auf den Grad der Schlüsselbeinverknöcherung untersuchen zu lassen. In diese Untersuchung haben sowohl er als auch sein Vertreter nach § 42f Abs. 2 Satz 3 Hs. 2 SGB VIII gesondert einzuwilligen. Er kann auf sie verzichten, wenn er etwa angesichts einer angefertigten Panoramaschichtaufnahme des Kiefers mit sehr großer Wahrscheinlichkeit volljährig ist und bereit ist, dieses Untersuchungsergebnis vor dem Hintergrund der ansonsten weiter zunehmenden Strahlenexposition zu akzeptieren.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass ein Vorgehen nach den Empfehlungen der AGFAD zudem den Vorteil hat, dass so insbesondere bei afrikanischstämmigen Personen dem Umstand Rechnung getragen werden kann, dass diese eine beschleunigte Weisheitszahnentwicklung aufweisen (vgl. Olze et al, Forensic age estimation in living subjects: the ethnic factor in wisdom tooth mineralization, Int J Legal Med (2004) 118:170-173). Deshalb kann es gerade bei Menschen, die aus Afrika südlich der Sahara stammen, dazu kommen, dass diese im Fall der nur auf die Auswertung einer Panoramaschichtaufnahme des Kiefers gestützten Altersschätzung fälschlicherweise als volljährig eingestuft werden, weil sie ausweislich der Studie von Olze et al. das Stadium H der Weisheitszahnentwicklung nach Demirjian schon im Alter von 17 Jahren erreichen können. Diskussionswürdig ist insoweit auch, dass die vorgenannte Studie von Olze et al. im Hinblick auf männliche schwarze Südafrikaner – der am ehesten mit dem Antragsteller vergleichbaren Population der Studie – auf relativ schmaler Datengrundlage fußt (75 männliche Probanden im Alter von 17 - 19; vgl. Cole, The evidential value of developemental age imgaging for assessing age of majority, Annuals of Human Biology 2015, 379 (385), der von "insufficient data" spricht). Insoweit bestehenden Bedenken kann jedoch durch eine Alterseinschätzung nach den Empfehlungen der AGFAD Rechnung getragen werden, weil eine zusätzlich zu einer Panoramaschichtaufnahme des Kiefers angefertigte Röntgenaufnahme der linken Hand und eine computertomographische Schlüsselbeinuntersuchung dazu führen, dass eine größtmögliche Aussagesicherheit hinsichtlich der Altersschätzung herbeigeführt werden kann. Bezüglich dieser beiden Untersuchungsmethoden bestehen auch keine Populationsunterschiede, die sich negativ für den Antragsteller bzw. afrikanischstämmige Personen auswirken könnten. Populationsunterschiede im zeitlichen Verlauf in der Reifeentwicklung hinsichtlich der Skelettentwicklung sind in erster Linie durch den sozioökonomischen Status der untersuchten Population bedingt, wobei ein geringer sozioökonomischer Status zu einer Entwicklungsverzögerung führt und die Anwendung der gültigen Referenzstudien auf Angehörige sozioökonomisch geringer entwickelter Populationen daher zu einer Unterschätzung des chronologischen Alters führt (vgl. Schmeling et al., a.a.O. S. 47). [...]