1. Ein Ehevertrag, der den Verzicht auf gegenseitigen Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich vorsieht, kann sittenwidrig sein, wenn er sich einseitig zu Lasten einer Partei auswirkt und diese zur Zeit des Vertragsabschlusses die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrschte und durch eine drohende Abschiebung unter Druck stand.
2. Auch die im Vertrag enthaltene salvatorische Klausel ändert nichts daran, dass der Vertrag als ganzes wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
Wie der Senat mehrfach ausgesprochen hat, begründet das Ansinnen eines Ehegatten, eine Ehe nur unter der Bedingung eines Ehevertrags eingehen zu wollen, für sich genommen auch bei Vorliegen eines Einkommens- und Vermögensgefälles für den anderen Ehegatten in Regel noch keine (Zwangs-) Lage, aus der ohne Weiteres auf eine gestörte Vertragsparität geschlossen werden kann. Etwas anderes gilt aber ausnahmsweise dann, wenn der mit dem Verlangen nach dem Abschluss eines Ehevertrags konfrontierte Ehegatte erkennbar in einem besonderen Maße auf die Eheschließung angewiesen ist (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 XII ZB 303/13 FamRZ 2014, 629 Rn. 41 und Senatsurteil vom 21. November 2012 XII ZR 48/11 FamRZ 2013, 269 Rn. 28). In diesem Zusammenhang hebt das Beschwerdegericht zu Recht die ausländerrechtliche Komponente des Streitfalls hervor (vgl. dazu auch Senatsbeschluss vom 17. Mai 2006 XII ZB 250/03 FamRZ 2006, 1097, 1098 und Senatsurteil vom 22. November 2006 XII ZR 119/04 FamRZ 2007, 450, 451 f.). Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts war die Ehefrau von der Ausweisung bedroht. Es liegt auf der Hand, dass sich ein ausländischer Vertragspartner bei der Aushandlung eines Ehevertrags in einer deutlich schlechteren Verhandlungsposition befindet, wenn er seinen Lebensplan, dauerhaft unter Verbesserung seiner Lebensverhältnisse in Deutschland ansässig und erwerbstätig zu werden, nur unter der dem anderen Vertragspartner bekannten Voraussetzung der Eheschließung verwirklichen kann. Je dringlicher dieser Wunsch etwa mit Blick auf drohende ausländerrechtliche Maßnahmen erscheint, desto eher hat es der andere Vertragspartner in der Hand, sich die Verwirklichung dieses Wunsches durch ehevertragliche Zugeständnisse "abkaufen" zu lassen (vgl. Senatsbeschluss vom 28. März 2007 XII ZR 119/04 FamRZ 2007, 1157 Rn. 6). [...]
Ergibt sich das Verdikt der Sittenwidrigkeit wie hier aus der Gesamtwürdigung eines einseitig belastenden Ehevertrags, erfasst die Nichtigkeitsfolge nach ständiger Rechtsprechung des Senats notwendig den gesamten Vertrag, ohne dass eine salvatorische Klausel hieran etwas zu ändern vermag (vgl. Senatsurteile vom 21. November 2012 XII ZR 48/11 FamRZ 2013, 269 Rn. 31 und vom 9. Juli 2008 XII ZR 6/07 FamRZ 2008, 2011 Rn. 24; Senatsbeschluss vom 17. Mai 2006 XII ZB 250/03 FamRZ 2006, 1097, 1098). Denn dann erfüllte die salvatorische Klausel im Interesse des begünstigten Ehegatten die Funktion, den Restbestand eines dem benachteiligten Ehegatten aufgedrängten Vertragswerks so weit wie möglich gegenüber der etwaigen Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen rechtlich abzusichern; in diesem Falle spiegelt sich auch in der Vereinbarung der Erhaltungsklausel selbst die auf ungleichen Verhandlungspositionen beruhende Störung der Vertragsparität zwischen den Ehegatten wider (Senatsurteil vom 21. November 2012 XII ZR 48/11 FamRZ 2013, 269 Rn. 31). [...]