Bundesministerium des Innern

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Zitieren als:
Bundesministerium des Innern, Entscheidung vom 21.12.2017 - M3 - 20010/10#7 - Asylmagazin 9/2018, S. 328 - asyl.net: M26484
https://www.asyl.net/rsdb/M26484
Leitsatz:

Bundesinnenministerium und des Bundesjustizministerium: unverbindliches Rundschreiben zur Anwendung der Gesetzesregelungen zur Verhinderung missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen

1. Hinweise zur Prüfung durch eine Urkundsperson, insbesondere:
Beurkundende Behörde oder Urkundsperson können zur Beurkundung ermächtigte Beschäftigte des Jugendamtes, Urkundsbeamte der Amtsgerichte, Standesbeamte, Notare oder Konsularbeamte deutscher Auslandsvertretungen sein.
Die Wirksamkeit der rechtlichen Vaterschaft durch Anerkennung hängt nicht davon ab, ob der Anerkennende tatsächlich der leibliche Vater des Kindes ist.
Zu beachten ist, dass der Anerkennende nicht zwingend deutscher Staatsangehöriger sein muss, um die Voraussetzungen für einen erlaubten Aufenthalt des Kindes im Bundesgebiet zu vermitteln.
Die in § 1597a Abs. 2 S. 2 Nr. 1 bis 5 BGB genannten Anzeichen sind für sich genommen noch keine konkreten Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung, sondern nur Indizien. Außerdem sind sie nicht abschließend. Auch mangelnde gemeinsamen Sprachkenntnisse zwischen Mutter und Anerkennendem sind ein Indiz, sowie ein vom Beurkundungsort abweichender Wohnort.
Wenn keine häusliche Gemeinschaft besteht, kann dies ein Hinweis auf fehlende persönliche Beziehungen i.S.d. § 1597a Abs. 2 S. 2 Nr. 3 BGB sein, der aber durch plausible Erläuterungen ausgeräumt werden kann.
Die Mittellosigkeit des Anerkennenden kann ein Anzeichen für eine missbräuchliche Anerkennung sein.
Den Beteiligten sind über das Verfahren zu informieren und ihnen ist in der Anhörung die Gelegenheit zu geben konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung auszuräumen.

2. Hinweise zur Aussetzung des Beurkundungsverfahrens, insbesondere:
Die Aussetzung ist zu dokumentieren. Sie ist kein Verwaltungsakt. Das Verfahren ist im Verhältnis zum Personenstandsgesetz ein Spezialgesetz.
Die Aussetzung ist dem Anerkennenden und der Mutter mitzuteilen sowie dem zuständigen Standesamt und bei einer Beurkundung im Inland der Ausländerbehörde.
Im Ausland ist die zuständige Auslandsvertretung sowohl für die Beurkundung als auch die Prüfung nach § 85a AufenthG zuständig und hat die Aussetzung dem Standesamt mitzuteilen.

3. Hinweise zum Prüfverfahren nach § 85a AufenthG, insbesondere:

Auch über die gesetzlich geregelten Fälle hinaus kann eine missbräuchliche Anerkennung vermutet werden, beispielsweise das Fehlen von Kontakten zwischen dem Anerkennenden und der Mutter oder dem Kind. Auch bei Vorliegen eines Regelfalls muss die Vaterschaftsanerkennung nicht missbräuchlich sein, wenn der Vater nachweisbar eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind begründet oder glaubhaft begründen will.
Einzelheiten zu den gesetzlichen Regelfällen, die eine missbräuchliche Anerkennung vermuten lassen.

4. Hinweise zum Verfahrensabschluss, insbesondere:

Die Einstellung des Verfahrens ist den Beteiligten,der Urkundsperson und dem Standesamt mitzuteilen. Bei Missbrauchsfeststellung hat neben dem rechtsmittelfähigen Bescheid an die Beteiligten eine Mitteilung an die Urkundsperson und das Standesamt zu erfolgen. Die Strafverfolgungsbehörde kann informiert werden.

(Zusammenfassung der Redaktion)

Schlagwörter: Vaterschaftsanerkennung, Rechtsmissbrauch, missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung, sichere Herkunftsstaaten, Duldung, Beurkundung, deutsche Staatsangehörigkeit, Anhaltspunkte, Anhörung, Auslandsvertretung, Ausländerbehörde,
Normen: BGB § 1597a, AsylG § 29a, BGB § 1597a Abs. 2 S. 2 Nr. 3, AufenthG § 85a, AufenthG § 85a Abs. 2 S. 1 Nr. 2, AufenthG § 60a Abs. 2 S. 13, BGB § 1597a Abs. 1, BGB § 1597a Abs. 2 S. 1, AufenthG § 85a Abs. 4, PStG § 49, BGB § 1597a Abs. 2 S. 3, AufenthG § 85a Abs. 2, AufenthG § 85a Abs. 1 S. 3, AufenthG § 85a Abs. 1 S. 2, AufenthG § 95 Abs. 2 Nr. 2,
Auszüge:

[...]

1 Schritt 1: Prüfung durch die beurkundende Behörde oder Urkundsperson, ob konkrete Anhaltspunkte für Missbrauch vorliegen

1.1 Allgemeines [...]

Beurkundende Behörde oder Urkundsperson können zur Beurkundung ermächtigte Beschäftigte des Jugendamtes, Urkundsbeamte der Amtsgerichte, Standesbeamte, Notare oder Konsularbeamte deutscher Auslandsvertretungen sein. [...]

1.1.3 Die Wirksamkeit der rechtlichen Vaterschaft durch Anerkennung nach § 1592 Nr. 2 i.V.m. §§ 1594 ff. BGB hängt nicht davon ab, ob der Anerkennende tatsächlich der leibliche Vater des Kindes ist. Durch § 1597a Absatz 5 BGB wird klargestellt, dass die Anerkennung einer Vaterschaft unabhängig von dem mit ihr verfolgten Zweck nicht missbräuchlich sein kann, wenn der Anerkennende der leibliche Vater ist. Dies folgt bereits aus der Regelung des § 1600d BGB, nach der bei Nichtbestehen einer rechtlichen Vaterschaft der leibliche Vater als rechtlicher Vater des Kindes festzustellen ist, ohne dass seine Motive rechtlich relevant sind.

Wird vorgetragen, der Anerkennende sei der leiblicher Vater, liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der beurkundenden Behörde oder der Urkundsperson, zu beurteilen, ob dadurch etwaige konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung oder Zustimmung ausgeräumt werden.

1.1.4 Zu beachten ist, dass der Anerkennende nicht zwingend deutscher Staatsangehöriger sein muss, um die Voraussetzungen für einen erlaubten Aufenthalt des Kindes im Bundesgebiet zu vermitteln. Nach § 4 Absatz 3 Satz 1 StAG erwirbt ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit auch, wenn der Anerkennende Ausländer ist, seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder eine Aufenthaltserlaubnis nach dem Freizügigkeitsabkommen EU/Schweiz besitzt (siehe 4.3.1.3 der Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum StAG). Voraussetzung ist, dass das Kind in Deutschland geboren wurde. [...]

1.2 Anzeichen für das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte

Das Vorliegen eines der im § 1597a Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 bis 5 BGB genannten Anzeichen – (1) Bestehen einer vollziehbaren Ausreisepflicht, (2) Asylantragsteller aus sicherem Herkunftsstaat, (3) Fehlen von persönlichen Beziehungen, (4) bereits mehrfache Anerkennung ausländischer Kinder und dadurch Schaffung eines Rechts zum Aufenthalt, (5) Verdacht auf Vermögensvorteil – ist für sich genommen noch nicht mit dem Bestehen konkreter Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerken6 nung gleichzusetzen. Die genannten Anzeichen indizieren jedoch die Erforderlichkeit einer weitergehenden Prüfung und machen eine sorgfältige Abwägung der Faktenlage unter Einbeziehung aller Erkenntnisquellen nötig.

Der Katalog des § 1597a Absatz 2 Satz 2 BGB ist nicht abschließend. Sind z.B. Mutter und Anerkennender nicht in der Lage, sprachlich miteinander zu kommunizieren, legt dies ebenfalls die Prüfung konkreter Anhaltspunkte nahe. Auch der Umstand, dass der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt des Anerkennenden und der Mutter von dem Ort abweicht, an dem die Beurkundung der Vaterschaft vorgenommen werden soll, kann eine weitergehende Prüfung indizieren. [...]

1.2.3 Fehlen von persönlichen Beziehungen (§ 1597a Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 BGB)

Ein Anzeichen für das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte kann ferner darin liegen, dass keinerlei Hinweis auf eine vorangegangene tatsächliche Begegnung der Mutter mit dem Mann oder eine zwischen ihnen bestehende soziale oder emotionale Verbindung existiert. Auch ist eine Prüfung, ob tatsächlich konkrete Anhaltspunkte für einen Missbrauch bestehen, indiziert, wenn keinerlei persönliche Kontakte zwischen dem Mann und dem Kind bestehen und nicht erkennbar ist, dass eine sozialfamiliäre Beziehung zu dem Kind in Zukunft angestrebt wird.

Liegt keine häusliche Gemeinschaft zwischen Anerkennendem und Mutter oder Kind vor, kann dies auch ein Hinweis auf ein Fehlen persönlicher Beziehungen zum Kind sein, der z.B. durch Nachfragen aufklärungsbedürftig erscheint. Plausible Erläuterungen wie z.B. berufliche Zwänge oder eine fehlende Partnerschaft zwischen der Mutter und dem Anerkennenden würden wiederum auf das Fehlen von konkreten Anhaltspunkten deuten. Andere Erkenntnisquellen können genauso herangezogen werden, um in diesen Fällen das Bestehen oder das Fehlen von konkreten Anhaltspunkten anzunehmen (z.B. eine der Urkundsperson bekannte Ablehnung einer Eheschließung der Betroffenen als Scheinehe).

1.2.4 Bereits mehrfache Anerkennung ausländischer Kinder (§ 1597a Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 BGB)

Des Weiteren ist es ein Hinweis für die Prüfung konkreter Anhaltspunkte, wenn der Verdacht besteht, dass der Anerkennende in der Vergangenheit bereits mehrfach die Vaterschaft ausländischer Kinder anerkannt und damit jeweils die rechtlichen Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes oder der Mutter geschaffen hat.

In der Regel erfolgt die Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes oder der Mutter durch den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes nach § 4 Absatz 1 oder Absatz 3 Satz 1 StAG.

Mittels eines Auskunftsersuchens an das Standesamt, welches den Geburtseintrag des Anerkennenden führt, kann ein Verdacht i.S.d. § 1597a Absatz 2 Satz 2 Nr. 4 BGB erhärtet oder auch entkräftet werden (siehe dazu im Detail Ziffer 3.2.3 des Rundschreibens). Sinnvollerweise sollte jedoch erst die nach § 85 a AufenthG zuständige Behörde im Fall einer Aussetzung ein entsprechendes Auskunftsersuchen stellen. [...]

1.2.6 Ergänzender Hinweis

Aus den Meldungen der Praxis folgend kann eine Mittellosigkeit des Anerkennenden das Vorliegen eines der in Ziffer 1.2.1 bis 1.2.5 des Rundschreibens genannten Anzeichen für konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft zusätzlich untermauern. Selbstredend indiziert Mittellosigkeit allein aber keinen Missbrauchsverdacht, der die Aussetzung der Beurkundung rechtfertigt.

1.3 Anhörung der Beteiligten

Sieht die Urkundsperson oder beurkundende Behörde konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung, muss den Beteiligten, d.h. dem Anerkennenden und der Mutter, Gelegenheit gegeben werden, diese auszuräumen, d.h. die Beteiligten sind von der beurkundenden Behörde oder Urkundsperson zu den festgestellten Anhaltspunkten anzuhören (§ 1597a Absatz 2 Satz 1 BGB). Die Beteiligten trifft insoweit die Darlegungslast.

Die Betroffenen sollen über die Verbotsnorm des § 1597a Absatz 1 BGB belehrt und darauf hingewiesen werden, dass konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft vorliegen und der Vorgang entsprechend den gesetzlichen Vorschriften der zuständigen Ausländerbehörde zur Prüfung vorzulegen und das Beurkundungsverfahren bis zum Abschluss dieses Verfahrens auszusetzen ist, sofern der Anerkennende und/oder die Mutter diese Anhaltspunkte nicht entkräften können. [...]

2 Schritt 2: Aussetzung des Verfahrens und Mitteilung an die zuständige Behörde [...]

2.1 Im Inland

2.1.1 Aussetzung des Verfahrens [...]

Die beurkundende Behörde oder die Urkundsperson wird die Aussetzung des Verfahrens und das Ergebnis der Anhörung aktenkundig machen. Zur Vermeidung von Beweisproblemen soll hierbei auch das Datum und die Uhrzeit der Aussetzung dokumentiert werden.

Bei der Aussetzung handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt; die Aussetzung ist dementsprechend auch nicht isoliert anfechtbar.

Ferner schließt das neue Präventivverfahren als lex specialis § 49 Personenstandsgesetz (PStG) aus. Gegen die Aussetzung des Beurkundungsverfahrens kann folglich nicht im Anweisungsverfahren nach § 49 PStG vorgegangen werden. [...]

2.1.3 Mitteilung der Aussetzung

2.1.3.1 Mitteilungen an Anerkennenden und Mutter

Die beurkundende Behörde oder Urkundsperson hat die Aussetzung dem Anerkennenden und der Mutter mitzuteilen (§ 1597a Absatz 2 Satz 3 BGB). Diese Mitteilung sollte zweckmäßigerweise auch den Hinweis enthalten, dass die Anerkennung nicht wirksam von einer anderen beurkundenden Behörde oder Urkundsperson beurkundet werden kann, solange die Beurkundung nach § 1597a Absatz 2 Satz 1 BGB ausgesetzt ist (§ 1597a Absatz 3 Satz 1 BGB).

2.1.3.2 Mitteilung an Standesamt, das den Geburtseintrag des Kindes führt Um sicherzustellen, dass nur wirksame Anerkennungen in das Geburtenregister eingetragen werden, ist die Aussetzung auch dem Standesamt, das den Geburtseintrag des Kindes führt, mitzuteilen (§ 1597a Absatz 2 Satz 3 BGB). [...]

2.2 Im Ausland

Nach § 85a Absatz 4 AufenthG ist im Ausland die Auslandsvertretung des Auswärtigen Amts für die Prüfung nach § 85a AufenthG zuständig.

Wird die Anerkennung der Vaterschaft oder die Zustimmung im Ausland beurkundet, sind daher die Auslandsvertretungen sowohl für die im Rahmen der Beurkundung erfolgende Prüfung nach § 1597a BGB i.V.m. §§ 2, 10 KonsularG sowie für die Durchführung der Prüfung nach § 85a AufenthG zuständig. Eine Mitteilung an die Ausländerbehörde wie im Inland (siehe oben Ziffer 2.1.3.3 des Rundschreibens) entfällt daher. [...]

Eine Mitteilung an das Standesamt, das den Geburtseintrag des Kindes führt, ist hier ebenfalls vorzunehmen. [...]

3 Schritt 3: Prüfverfahren nach § 85a AufenthG

3.1 Allgemein [...]

3.1.2 Eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft wird in den in § 85a Absatz 2 AufenthG geregelten Fällen vermutet. Darüber hinaus kann eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft aber auch in anderen Fällen vorliegen.

Indizien für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft können beispielsweise sein, dass keinerlei Hinweis auf eine tatsächliche Begegnung der Mutter mit dem Mann oder auf eine zwischen ihnen bestehende soziale oder emotionale Verbindung existiert, wenn zudem das aus der Anerkennung folgende Aufenthaltsrecht in Deutschland die einzige zu erwartende Möglichkeit eines rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet für Anerkennenden, Kind oder Mutter ist. Auch das Fehlen von persönlichen Kontakten zwischen Mann und Kind kann Indiz für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft sein. Die vorgenannten Indizien gewinnen umso mehr an Bedeutung, wenn der Anerkennende völlig mittellos ist. [...]

3.2 Vermutungstatbestände für missbräuchliche Anerkennung

§ 85a Absatz 2 AufenthG begründet regelmäßig die gesetzliche Vermutung einer missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft in den dort genannten Fällen. Außerhalb der gesetzlichen Vermutung sind andere Konstellationen missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen nicht ausgeschlossen (siehe auch Ziffer 3.1.2 des Rundschreibens).

Bei Vorliegen einer der Tatbestände wird regelmäßig eine missbräuchliche Anerkennung vermutet; diese Vermutung ist allerdings widerlegbar. Die genannten Fälle begründen somit eine Vermutungswirkung, die aber bei atypischen Konstellationen an den allgemeinen Beweislastregelungen im Verwaltungsverfahren nichts ändert.

Das Vorliegen eines der in § 85a Absatz 2 AufenthG genannten Tatbestände bewirkt jedoch eine Erleichterung der Anforderungen an den zu führenden Beweis, wenn das Verfahren keine Anhaltspunkte für mögliche abweichende Beweggründe bietet. Eine abweichende Bewertung kann sich trotz Vorliegens eines Regelfalls etwa daraus ergeben, dass der anerkennende Vater nachweisbar eine sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind begründet hat oder sich außerhalb einer sozial-familiären Beziehung in vergleichbarer Weise um das Kind kümmert bzw. bei einer vorgeburtlichen Anerkennung glaubhaft macht, dass er die Verantwortung für das Kind übernehmen will. [...]

4 Schritt 4: Mitteilung des Prüfergebnisses und weiteres Verfahren

4.1 Im Inland

4.1.1 Bei Verfahrenseinstellung

4.1.1.1 Mitteilung an Beteiligte

Hat die Ausländerbehörde das Verfahren gemäß § 85a Absatz 1 Satz 3 AufenthG eingestellt (siehe oben Ziffer 3.3.1 des Rundschreibens), hat sie die Beteiligten, d.h. den Anerkennenden, die Mutter und ggf. das Kind über die Einstellung zu informieren (vgl. § 85a Absatz 3 Satz 2 AufenthG). Da die Einstellung für den Anerkennenden und die Mutter nicht belastend ist, ist eine rechtsmittelfähige Bescheidung entbehrlich. Die Mitteilung kann schriftlich oder elektronisch erfolgen.

4.1.1.2 Mitteilung an beurkundende Behörde oder Urkundsperson

Die Ausländerbehörde teilt die Einstellung des Verfahrens auch der beurkundenden Behörde oder Urkundsperson, die das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte nach § 1597a Absatz 2 Satz 1 BGB mitgeteilt hat, mit, damit diese die Beurkundung vornehmen kann, soweit keine anderen Beurkundungshindernisse vorliegen (§ 85a Absatz 3 Satz 2 AufenthG). Die Mitteilung kann ebenfalls schriftlich oder elektronisch erfolgen.

4.1.1.3 Mitteilung an Standesamt, das den Geburtseintrag des Kindes führt

Dem Standesamt, das den Geburtseintrag des Kindes führt, ist die Einstellung ebenfalls schriftlich oder elektronisch mitzuteilen, da es Kenntnis darüber haben soll, ob das nach § 1597a Absatz 2 Satz 1 BGB eingeleitete Prüfverfahren eingestellt oder mit der Feststellung eines Missbrauchs abgeschlossen wurde. [...]

4.1.2 Bei Missbrauchsfeststellung

4.1.2.1 Rechtsmittelfähiger Bescheid an Beteiligte

Hat die Ausländerbehörde gemäß § 85a Absatz 1 Satz 2 AufenthG festgestellt, dass eine missbräuchliche Anerkennung vorliegt (siehe oben Ziffer 3.3.2 des Rundschreibens), ist den Beteiligten ein rechtsmittelfähiger Bescheid auszustellen (§ 85a Absatz 1 Satz 2 AufenthG).

4.1.2.2 Mitteilung an beurkundende Behörde oder Urkundsperson

Ist die nach § 85a Absatz 1 Satz 2 AufenthG erfolgte Missbrauchsfeststellung unanfechtbar, übersendet die Ausländerbehörde der beurkundenden Behörde oder Urkundsperson, die das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte nach § 1597a Absatz 2 Satz 1 BGB mitgeteilt hat, eine beglaubigte Abschrift des Verwaltungsaktes mit einem Vermerk über den Eintritt der Unanfechtbarkeit, in dem der missbräuchliche Charakter der Anerkennung oder der Zustimmung festgestellt wird (§ 85a Absatz 3 Satz 1 AufenthG).

Das Erfordernis einer beglaubigten Abschrift mit einem Vermerk über den Eintritt der Unanfechtbarkeit folgt aus dem Umstand, dass die beurkundende Behörde oder Urkundsperson auf dieser Grundlage die beantragte Beurkundung abzulehnen hat und den Eintritt der Unanfechtbarkeit nicht selbst prüfen kann.

Hat die Ausländerbehörde gemäß § 85a Absatz 1 Satz 2 AufenthG das Vorliegen einer missbräuchlichen Anerkennung festgestellt und ist diese Entscheidung unanfechtbar, hat die beurkundende Behörde oder Urkundsperson die Beurkundung der Vaterschaftsanerkennung abzulehnen (§ 1597a Absatz 2 Satz 4 BGB). Diese Rechtsfolge entspricht der des § 4 des Beurkundungsgesetzes.

4.1.2.3 Mitteilung an Standesamt, das den Geburtseintrag des Kindes führt

Ist die nach § 85a Absatz 1 Satz 2 AufenthG erfolgte Missbrauchsfeststellung unanfechtbar, übersendet die Ausländerbehörde dem Standesamt, das den Geburtseintrag des Kindes führt, ebenfalls eine beglaubigte Abschrift des Verwaltungsaktes mit einem Vermerk über den Eintritt der Unanfechtbarkeit, in dem der missbräuchliche Charakter der Anerkennung oder der Zustimmung festgestellt wird (§ 85a Absatz 3 Satz 1 AufenthG). [...]

4.1.2.4 Mitteilung an Strafverfolgungsbehörde

Hat die Ausländerbehörde festgestellt, dass die Anerkennung der Vaterschaft missbräuchlich ist, kann dies Anlass dafür sein, die Strafverfolgungsbehörden über den Sachverhalt in Kenntnis zu setzen, um eine mögliche Strafbarkeit nach § 95 Absatz 2 Nr. 2 AufenthG zu prüfen.

4.2 Im Ausland

4.2.1 Bei Verfahrenseinstellung

Die Ausstellung eines rechtsmittelfähigen Bescheids an die Beteiligten ist auch hier entbehrlich; die Beteiligten sind wie im Inland lediglich über die Einstellung zu informieren (siehe Ziffer 4.1.1.1 des Rundschreibens).

Da die Auslandsvertretung gemäß § 85a Absatz 4 BGB sowohl für die Beurkundung als auch für die Durchführung der Missbrauchsprüfung nach § 85a AufenthG zuständig ist, entfällt hier eine gesonderte Mitteilung an die beurkundende Behörde oder Urkundsperson, wie sie die Ausländerbehörde im Inland vorzunehmen hat (vgl. oben Ziffer 4.1.1.2 des Rundschreibens). Bestehen keine anderweitigen Beurkundungshindernisse, nimmt die Auslandsvertretung die Beurkundung vor.

Führt ein Standesamt in Deutschland den Geburtseintrag des Kindes, ist diesem ebenfalls die Einstellung schriftlich oder elektronisch mitzuteilen, da es Kenntnis darüber haben soll, ob das nach § 1597a Absatz 2 Satz 1 BGB eingeleitete Prüfverfahren eingestellt oder mit der Feststellung eines Missbrauchs abgeschlossen wurde (vgl. § 85a Absatz 3 Satz 2 AufenthG). Zur Frage, welches Standesamt in Deutschland den Geburtseintrag des Kindes ggf. führt, wird auf Ziffer 2.2 des Rundschreibens verwiesen. Ist die Geburt des Kindes nicht im Inland beurkundet, ist die Mitteilung an das Standesamt I in Berlin zu richten.

4.2.2 Bei Missbrauchsfeststellung

Hat die Auslandsvertretung gemäß § 85a Absatz 4, Absatz 1 Satz 2 AufenthG festgestellt, dass eine missbräuchliche Anerkennung vorliegt, ist den Beteiligten – wie auch im Inland – ein rechtsmittelfähiger Bescheid auszustellen (§ 85a Absatz 4, Absatz 1 Satz 2 AufenthG, siehe Ziffer 4.1.2.1 des Rundschreibens). [...]

Führt ein Standesamt in Deutschland den Geburtseintrag des Kindes, ist auch dieses über die Missbrauchsfeststellung zu informieren, wenn die nach § 85a Absatz 1 Satz 2 AufenthG erfolgte Feststellung unanfechtbar ist. [...]