Wird der laufende Lebensunterhalt einer Bedarfsgemeinschaft im wesentlichen durch Erwerbseinkünfte einer Person gedeckt, die sich bereits im Rentenalter befindet oder kurz davor steht, wird sich eine positive Prognose, dass der Lebensunterhalt auch künftig gesichert ist, grundsätzlich nur treffen lassen, wenn die Person über hinreichend hohe Ansprüche aus einer Altersversorgung verfügt oder auf vorhandenes Vermögen zurückgreifen kann.
Bei der Prüfung, ob die Nachholung des Visumverfahrens zumutbar ist, ist von einer selbst organisierten freiwilligen Ausreise auszugehen. Die Folgen einer etwaigen Abschiebung (z.B. Sperrfrist; Erstattung der Abschiebungskosten) sind hierfür nicht relevant.
(Amtliche Leitsätze)
[...]
13 Bei der Frage, ob der Lebensunterhalt gesichert ist, ist im übrigen nicht nur auf die aktuelle Einkommenssituation abzustellen, sondern auch eine Prognose zu treffen, ob auf gewisse Dauer weiterhin ausreichende Mittel zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten vorhanden sind. Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht die Frage aufgeworfen, wie lange der Ehemann der Antragstellerin noch über seine aktuellen Rentenbezüge hinaus durch Erwerbstätigkeit zur Sicherung des Lebensunterhalts beitragen kann. Der im Jahre 1949 geborene Ehemann der Antragstellerin befindet sich in einem Alter, in dem ein Mensch in der Regel bereits aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist und seinen Lebensunterhalt aus den Leistungen der gesetzlichen oder privaten Altersvorsorge bestreitet. Bei einem Menschen in diesem Alter steht die Erwerbstätigkeit nicht mehr im Vordergrund. Selbst bei noch andauernder gegenwärtiger Erwerbstätigkeit wird sich deshalb aufgrund des Alters die im Rahmen der § 5 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG erforderliche Prognose, ob der Lebensunterhalt gesichert ist, nur treffen lassen, wenn er über hinreichend hohe Ansprüche aus einer Altersversorgung verfügt oder auf vorhandenes Vermögen zurückgreifen kann (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 23.6.2010, 2 So 21/10; Beschl. v. 20.3.2014, 1 Bf 307/13.Z – jeweils n.v.). Hierzu ist aber nichts vorgetragen worden. [...]
20 [...] Die Überlegung, ob die Nachholung eines Visumverfahrens zumutbar ist, hat nicht vom Fall einer Abschiebung, sondern von einer selbst organisierten freiwilligen Ausreise auszugehen. Die mit der Aus- und Wiedereinreise sowie mit der Beschaffung des Visums verbundenen Mühen, Kosten und Zeitverluste gehören zum normalen Risiko der nicht im Sinn von § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ordnungsgemäßen Einreise und begründen für sich allein keine Unzumutbarkeit. Als unzumutbar können sie nur dann angesehen werden, wenn die Versäumnisse dem Ausländer nicht selbst angelastet werden können, sein Verschulden nur gering war oder die notwendigen Reisen aufgrund äußerer Umstände oder aus persönlichen Gründen besondere Schwierigkeiten bereiten oder besonders hohen Aufwand erfordern (vgl. Samel in: Bergmann/Dienelt, a.a.O., § 5 Rn. 142). Die Dauer des mit einer Abschiebung verbundenen Wiedereinreiseverbots und die Frage, ob vor einer Visumerteilung zunächst Abschiebungskosten zu erstatten sind, sind daher für die Frage nicht relevant, ob der Antragstellerin die Nachholung des Visumverfahrens zuzumuten ist. [...]