VG Chemnitz

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Zitieren als:
VG Chemnitz, Urteil vom 19.03.2018 - 7 K 3393/16.A - asyl.net: M26555
https://www.asyl.net/rsdb/M26555
Leitsatz:

Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 7 AufenthG für homosexuellen Mann, da homosexuelle Handlungen in Libyen gesellschaftlich tabuisiert sind und als außerehelicher Geschlechtsverkehr strafrechtlich verfolgt werden.

(Leitsatz der Redaktion; nach teilweiser Klagerücknahme und isoliertem Antrag auf Feststellung nationaler Abschiebungsverbote)

Schlagwörter: Libyen, homosexuell, Strafbarkeit, homosexualität, Abschiebungsverbot,
Normen: AufenthG 3 60 Abs. 7 S. 1,
Auszüge:

[...]

Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht (BVerwG, Urteil vom 19.11. 1996, 1 C 6.95, BVerwGE 102, 249, 258). Nach Gesamtwürdigung der familiären Verhältnisse und homosexuellen Orientierung des Klägers geht das Gericht davon aus, dass der Kläger einer solchen Gefahr in Libyen, insbesondere auch in Tripolis oder die nach Kammerrechtsprechung für ebenso sicher im Sinne des § 4 Abs. 3 und § 3d, c AsylG eingeschätzte Region im Osten des Landes in und um Tobruk, ausgesetzt sein wird. Ausweislich des Berichts des Auswärtigen Amts über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Libyen (Stand: Januar 2018) sind homosexuelle Handlungen gesellschaftlich tabuisiert, sie werden unter das gesetzliche Verbot des außerehelichen Geschlechtsverkehr subsumiert und unter Strafe gestellt. Vor diesem Hintergrund sind Umstände festzustellen, die den Kläger unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalls, insbesondere aufgrund seiner markanten Persönlichkeit sowie des fehlenden Rückhaltes bzw. der Ausgrenzung und Ächtung durch seine Familie bei Bekanntwerden seiner Orientierung, als besonders gefährdet darstellen. [...]