VG Aachen

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Zitieren als:
VG Aachen, Beschluss vom 10.10.2018 - 8 L 1118/18 - asyl.net: M26707
https://www.asyl.net/rsdb/M26707
Leitsatz:

Prozesskostenhilfe für junge Frau, die nach Studienabbrüchen in Elektrotechnik und Wirtschaftswissenschaft eine Ausbildung in der Krankenpflege machen will:

1. Hochschulstudium und (betriebliche) Ausbildung sind wegen der unterschiedlichen Anforderungen nicht miteinander vergleichbar. Das Scheitern in einem Hochschulstudium lässt nicht den Schluss zu, die Ausbildung werde ebenfalls nicht erfolgreich abgeschlossen werden.

2. Dies gilt insbesondere, wenn die Ausbildung in einem völlig anderen Fachgebiet angestrebt wird.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Studium, Ausbildung, Berufsausbildung, Mangelberuf, Aufenthaltserlaubnis, Wechsel des Aufenthaltszwecks, Ermessen, Ermessensfehler,
Normen: AufenthG § 16 Abs. 4 S. 2, AufenthG § 17,
Auszüge:

[...]

Mit dieser Argumentation verkennt die Antragsgegnerin jedoch in ermessensfehlerhafter Weise die Unterschiede im deutschen Ausbildungssystem. So sind ein Hochschulstudium und eine betriebliche Ausbildung schon vom Ansatz her nicht miteinander zu vergleichen. So mag beispielsweise die notwendige Motivation für eine Ausbildung in dem im Vergleich zu einem theoretischen Studium deutlich höheren Praxisanteil gesehen werden. Der schulische Anteil an einer Ausbildung, der nach einem vorgegebenen Plan an der Berufsschule abgeleistet wird, ist ebenfalls in keiner Weise mit dem auf Selbstorganisation und Eigenverantwortung basierenden Studienplan an einer Universität vergleichbar. Wenn also die Antragstellerin an der Organisation eines Hochschulstudiums gescheitert ist, kann hieraus nicht der Schluss gezogen werden, sie könne in einer Ausbildung ebenfalls nicht erfolgreich sein. Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerin sich nicht hinreichend damit auseinandergesetzt hat, dass die Antragstellerin nunmehr eine Ausbildung in einem völlig anderen Fachgebiet anstrebt. Ein Rückschluss von fehlenden akademischen Leistungen im Feld der Elektrotechnik bzw. Wirtschaftsingenieurwesen auf eine fehlende Qualifikation für eine Ausbildung im Bereich der Altenpflege ist kaum möglich. Schließlich kann den Bedenken der Antragsgegnerin auch dadurch Rechnung getragen werden, dass die Aufenthaltserlaubnis nach § 17 Abs. 1 AufenthG nach § 7 Abs. 2 Satz 1 AufenthG befristet werden kann. Es bleibt der Antragsgegnerin unbenommen, die Leistungen der Antragstellerin in ihrer begonnenen Ausbildung in regelmäßigen Abständen zu überprüfen. [...]