In Armenien fallen für die sekundäre und tertiäre medizinische Versorgung so hohe Kosten an, dass sie für einen großen Teil der Bevölkerung unerschwinglich ist.
(Leitsätze der Redaktion)
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52 Nach derzeitigem Verfahrensstand bestehen derzeit ernstliche Zweifel, dass dem Antragsteller zu 1 die Behandlung seiner terminalen Niereninsuffizienz im Heimatland finanziell zugänglich ist. Bei ihm ist nach derzeitigem Verfahrensstand unter Berücksichtigung der vorgelegten (fach-)ärztlichen Atteste von einer erheblichen Gesundheitsgefährdung bei Abbruch der laufenden Behandlung auszugehen:
53 Gemäß den o.g. Attesten (vgl. nur N.N., Dialyse Zentrum, Arztbrief vom 5.1.2018, VG-Akte Bl. 11) leidet der Antragsteller zu 1 u.a. an terminaler Niereninsuffizienz Stadium V Chronischer Glomerulonephritis, dazu Arterieller Hypertonie, Koronarer Herzerkrankung und Zustand nach Herzinfarkt und bedarf derzeit neben einer Dialyse im Drei-Tages-Rhythmus einer Medikation, derzeit u.a. mit Ramipril 5 mg, Toragamma 200 mg Tabletten, Biso Aurobindo 2 5 mg, Ass 100 mg, Simvastatin 1a Pharma 20 mg, Calciumacetat Nefro 950 mg, Adalat bei RR > 180/100 mmHg; dazu Medikation bei Dialyse. Ein Abbruch der Dialyse hätte den Tod des Antragstellers zu 1 zur Folge. Er leidet daher an einer lebensbedrohlichen Erkrankung, die bei Abbruch der Behandlung in Form der Dialyse alsbald zu seinem Tod führen würde.
54 Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 17. April 2018 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien (S. 19) besteht kein staatliches Krankenversicherungssystem. Die primäre medizinische Versorgung ist wie früher grundsätzlich kostenfrei und flächendeckend gewährleistet. Anders als zu Zeiten der vormaligen UdSSR gilt dies allerdings nur noch eingeschränkt für die sekundäre und die tertiäre medizinische Versorgung. Das Fehlen einer staatlichen Krankenversicherung erschwert den Zugang zur medizinischen Versorgung insoweit, als für einen großen Teil der Bevölkerung die Finanzierung der kostenpflichtigen ärztlichen Behandlung extrem schwierig geworden ist. Viele Menschen sind nicht in der Lage, die Gesundheitsdienste aus eigener Tasche zu bezahlen. Der Abschluss einer privaten Krankenversicherung übersteigt die finanziellen Möglichkeiten der meisten Familien bei weitem. Ein Grundproblem der staatlichen medizinischen Fürsorge ist die nach wie vor bestehende Korruption auf allen Ebenen und die schlechte Bezahlung des medizinischen Personals. Die Dialysebehandlung erfolgt grundsätzlich kostenlos. Die Anzahl der kostenlosen Behandlungsplätze ist zwar beschränkt, aber gegen Zahlung von 35 USD (ca. 16.607 Dram) pro Sitzung ist eine Behandlung jederzeit möglich. Selbst Inhaber kostenloser Behandlungsplätze müssen aber noch im geringen Umfang zuzahlen. Die Dialysebehandlung ist u.a. in fünf Krankenhäusern in Eriwan möglich. Problematisch ist die Verfügbarkeit von Medikamenten. Nicht immer sind alle Präparate vorhanden, obwohl viele Medikamente in Armenien in guter Qualität hergestellt und zu einem Bruchteil der in Deutschland üblichen Preise verkauft werden. Importierte Medikamente sind dagegen überall erhältlich und ebenfalls billiger als in Deutschland, für die Einfuhr ist eine Genehmigung durch das Gesundheitsministerium erforderlich.
55 Unter Zugrundelegung dieser Auskunftslage bestehen ernsthafte Zweifel daran, dass der Antragsteller zu 1 die lebensnotwendige Dialyse nebst Medikation derzeit bei einer zeitnahen Rückkehr wird finanzieren können. [...]