VG Meiningen

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Zitieren als:
VG Meiningen, Urteil vom 04.10.2018 - 8 K 20396/16 Me - asyl.net: M26758
https://www.asyl.net/rsdb/M26758
Leitsatz:

Abschiebungsverbot für jungen Mann hinsichtlich Afghanistan wegen fehlender Möglichkeit der Existenzsicherung:

Unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen in Afghanistan, wie sie sich insbesondere in der UNHCR-Richtlinie vom August 2018 darstellt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein junger Mann, der als 15-Jähriger Afghanistan verlassen hat und nach vierjährigem Aufenthalt im Ausland mit den Gegebenheiten im Land nicht mehr vertraut ist und der im Fall einer Rückkehr nicht mit familiärer Unterstützung rechnen kann, in der Lage sein wird, sich eine ausreichende Existenzgrundlage zu schaffen.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Afghanistan, Existenzgrundlage, Iran, UNHCR, Abschiebungsverbot, junger alleinstehender Mann,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 5, EMRK Art. 3,
Auszüge:

[...]

Die zu erwartenden schlechten Lebensbedingungen in Afghanistan, insbesondere die unzureichende Versorgungslage, und die daraus resultierenden Gefährdungen weisen im Fall des Klägers eine solche Intensität auf, dass bei ihm von einer unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK auszugehen ist. [...]

Allerdings geht der UNHCR in seiner neusten Stellungnahme vom 30.08.2018 (Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum Seekers from Afghanistan vom 30.08.2018) davon aus, dass sich die Lage in Afghanistan erneut verschlechtert hat und gerade auch in Kabul die Aufnahmekapazitäten äußerst eingeschränkt sind, so dass eine sorgfältige Einzelfallprüfung erforderlich ist.

Die Lebensbedingungen in Afghanistan ergeben sich aus Folgendem:

Afghanistan ist trotz der Unterstützung der internationalen Gemeinschaft und erheblicher Anstrengungen seitens der afghanischen Regierung weiterhin eines der ärmsten Länder der Welt (Auswärtigen Amt, Lagebericht v. 19.10.2016, S. 21; v. 31.05.2018, S. 25; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 14.09.2017, S. 27) und das ärmste Land der Region (UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Flüchtlinge v. 19.04.2016, S. 31). Seit der Beendigung des NATO-Kampfeinsatzes führte der Abzug der internationalen Streitkräfte zu sinkenden internationalen Investitionen (Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 19.10.2016, S. 21 f.; v. 31.05.2018, S. 25). So sind ausländische Investitionen in der ersten Jahreshälfte 2015 bereits um 30 % zurückgegangen, zumal sich die Rahmenbedingungen für Investoren in den vergangenen Jahren kaum verbessert haben (Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 19.10.2016, S. 22; v. 31.05.2018, S. 25). Die sich verschlechternde Sicherheitslage und politische Ungewissheit, sowie die Reduzierung internationaler Truppen, gemeinsam mit einer schwachen Regierung und Institutionen, haben Wachstum und Beschäftigung gehemmt und seit kurzem zu einer erhöhten Migration geführt (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich - BFA -, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan, Stand: 27.06.2017, S. 176; ebenso Stand: 29.06.2018, S. 314). Das rapide Bevölkerungswachstum von rund 2,4 % im Jahr stellt darüber hinaus eine weitere Herausforderung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes dar (Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 19.10.2016, S. 21; v. 31.05.2018, S. 25).

Aufgrund der bewaffneten Konflikte ist der Anteil der notleidenden Bevölkerung 2016 um 13 Prozent gestiegen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 14.09.2017, S. 28). Die Armutsrate hat sich von 36 % im Jahr 2008 auf 39 im Jahr 2014 verschlechtert (Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 31.05.2018, S. 25; UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 31). Am häufigsten tritt Armut in ländlichen Gebieten auf, wo die Existenzgrundlage von der Landwirtschaft abhängig ist. Außerhalb der Hauptstadt Kabul und der Provinzhauptstädte fehlt es vielerorts an grundlegender Infrastruktur für Energie, Trinkwasser und Transport (Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 19.10.2016, S. 21; v. 31.05.2018 S. 25). Gerade im ländlichen Raum bleiben die Herausforderungen für eine wirtschaftliche Entwicklung angesichts mangelnder Infrastruktur, fehlender Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft und geringem Ausbildungsstand (Analphabetenquote auf dem Land von rund 90 %) aber groß (UNHCR, Anmerkungen zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministerium des Inneren v. 01.12.2016, S. 5 f.).

Laut UNHCR sind die humanitären Indikatoren auf einem kritisch niedrigen Niveau: 30 der Bevölkerung sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, 6,3 % sind von ernsthafter Lebensmittelunsicherheit betroffen und 9,1 % der Kinder sterben vor ihrem fünften Geburtstag (UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 31; vgl. auch Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 19.10.2016, S. 13), wobei bei letzterem eine Verbesserung zu sehen ist (Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 19.10.2016, S. 23). Naturkatastrophen und extreme Natureinflüsse im Norden tragen zur schlechten Versorgung der Bevölkerung bei (Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 19.10.2016, S. 23). Für 2018 wird eine Dürre mit erheblichen Auswirkungen auf die Landwirtschaft und die Versorgung der Bevölkerung vorausgesagt (Auswärtige Amt, Lagebericht v. 31.05.2018, S. 25). Im Süden und Osten gelten nahezu ein Drittel aller Kinder als akut unterernährt (Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 06.11.2015, S. 24; v. 31.05.2018, S. 25). Insgesamt wird geschätzt, dass 9,3 Millionen Afghanen 2017 dringend humanitäre Hilfe benötigen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 14.09.2017, S. 28; Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 31.05.2018, S. 25). Neben der Versorgung von Hunderttausenden Rückkehrern und Binnenvertriebenen stellt vor allem die chronische Unterversorgung in Konfliktgebieten das Land vor große Herausforderungen (Auswärtiges Amt, Lagebericht v.19.10.2016, S. 5).

Die Arbeitslosenquote ist seit dem Abzug der internationalen Sicherheitskräfte Ende 2014 aufgrund der verlorengegangenen Arbeitsmöglichkeiten rasant angestiegen und inzwischen auch in städtischen Gebieten hoch, wobei gleichzeitig die Löhne in Gebieten, die von Rückkehrströmen betroffen sind, signifikant gesunken sind (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 14.09.2017, S. 28). Nach Angaben des afghanischen Statistikamtes war die Arbeitslosenquote im Oktober 2015 bereits auf 40 % gestiegen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 19.10.2016, S. 22). Die Analphabetenquote ist hoch und die Anzahl der Fachkräfte gering (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 14.09.2017, S. 24). Gerade viele der relativ gut ausgebildeten Fachkräfte, die für den Wiederaufbau und die Entwicklung des Landes dringend gebraucht würden, verlassen Afghanistan (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 14.09.2017, S. 28). Nach wie vor sind die meisten Menschen in Afghanistan in der Land- und Viehwirtschaft oder als Tagelöhner tägig und gelten als extrem verletzlich (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 14.09.2017, S. 28). Die Landwirtschaft beschäftigt immer noch geschätzte 60 % der Bevölkerung, erzielt jedoch nur etwa 25 % des Bruttoinlandprodukts. Rückkehrer sehen sich, wie alle Afghanen, mit unzureichenden wirtschaftlichen Perspektiven und geringen Arbeitsmarktchancen konfrontiert, insbesondere wenn sie außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit aus dem Ausland zurückkehren und ihnen ein soziales oder familiäres Netzwerk sowie aktuelle Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen (Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 06.11.2015, S. 5; v. 31.05.2018, S. 28). Auf Grund kultureller Bedingungen sind Aufnahmen und Chancen außerhalb des eigenen Familien- und Stammesverbandes vor allem in größeren Städten realistischer (Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 19.10.2016, S. 22).

Der enorme Anstieg an Rückkehrern hat zu einer extremen Belastung der ohnehin bereits überstrapazierten Aufnahmekapazitäten in den wichtigsten Städten der Provinzen und Distrikte in Afghanistans geführt, da hierdurch viele Afghanen zu der großen Zahl der Binnenvertriebenen hinzukamen, die auf Grund des sich verschlechternden Konflikts nicht in ihre Herkunftsorte zurückkehren können (UNHCR, Anmerkungen zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministerium des Inneren v. 01.12.2016, S. 4). Bis Mitte Dezember 2016 wurden mehr als 530.000 Personen neu durch Konflikte innerhalb Afghanistans in die Flucht getrieben. 2015 sollen es zwischen 400.000 und 450.000 Menschen gewesen sein. Hinzu kommen die bereits vor längerer Zeit Geflüchteten, deren Zahl auf mehr als 1,2 Millionen geschätzt wird (UNHCR, Anmerkungen zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministerium des Inneren v. 01.12.2016, S. 4; Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 19.10.2016, S. 21). Zusätzlich wird von zwischen 700.000 und 1.000.000 Rückkehrern aus Pakistan und aus dem Iran im Jahr 2016 ausgegangen (UNHCR, Anmerkungen zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministerium des Inneren v. 01.12.2016, S. 4; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich - BFA -, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan, Stand: 27.06.2017, S. 184). Im Jahr 2017 kehrten über 610.000 Afghanen aus Pakistan und dem Iran in ihr Heimatland zurück. Seit 2002 sind laut UNHCR insgesamt 5,8 Millionen afghanischer Flüchtlinge in ihr Heimatland zurückgekehrt (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 31.05.2018, S. 28).

Viele der Afghanen zieht es, insbesondere wegen akuter Kampfhandlungen, ausgefallenen Ernten, Naturkatastrophen, nach Kabul, wo die Einwohnerzahl zwischen den Jahren 2005 und 2015 um 10 % auf ca. 3,5 Millionen Einwohner gestiegen ist und mittlerweile mindestens 4,4 Millionen beträgt (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.09.2016, S. 27 f., UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender v. 19.04.2016, S. 33; Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 31.05.2018, S. 19: nach anderen Schätzungen liegt die Einwohnerzahl inzwischen bei 5-7 Millionen, vgl. Frederike Stahlmann, Überleben in Afghanistan?, Asylmagazin 3/2017).

In Kabul gehört die Wohnraumknappheit aufgrund der massiven Rückkehrströme zu den gravierendsten sozialen Problemen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 27; v. 14.09.2017, S. 28). Die Regierung hat sich jedoch ehrgeizige Reformziele gesteckt und plant unter anderem durch ein Stimulus-Paket Arbeitsplätze und Wachstum zu schaffen (Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 06.11.2015, S. 24; Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 19.10.2016, S. 22). Afghanistan befindet sich in einem langwierigen Wiederaufbauprozess (Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 19.10.2016, S. 4; v. 31.05.2018, S. 25). Im Jahr 2016 betrug das Wirtschaftswachstum 1,5 %, im Jahr 2017 2,6 % (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.09.2016, S. 2; Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 31.05.2018, S. 19). Die internationale Gemeinschaft unterstützt die afghanische Regierung maßgeblich dabei, die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern (Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 19.10.2016, S. 22). Mehr als 95 % des afghanischen Budgets stammen auch im Jahre 2016 von der internationalen Staatengemeinschaft (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.09.2016, S. 2). Zum Jahresende 2014 hat das Jahrzehnt der Transformation (2015-2024) begonnen, in dem Afghanistan sich mit weiterhin umfangreicher internationaler Unterstützung zu einem voll funktionsfähigen und fiskalisch lebensfähigen Staat im Dienst seiner Bürgerinnen und Bürger entwickeln soll, wofür Afghanistan verstärkt eigene Anstrengungen zugesagt hat (Lagebericht des Auswärtigen Amtes v. 19.10.2016, S. 4). Im Mai 2016 startete das Projekt "Casa 1000", mit dem eine Stromleitung von Tajikistan nach Afghanistan errichtet und ab 2019 dem Energiemangel begegnet werden soll (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.09.2016, S. 25). Die Abwertung des Afghani gegenüber dem US-Dollar schreitet allerdings weiter voran, bei gleichzeitiger Deflation (Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 31.05.2018, S. 25).

Nachdem im Jahr 2011 nur 7,5 % der Bevölkerung über eine adäquate Wasserversorgung verfügten, haben im Jahr 2016 46 % Zugang zu Trinkwasser (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 25). Im Jahr 2017 sind 25 bis 33 Prozent der afghanischen Bevölkerung ans Energieversorgungsnetz angeschlossen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 14.9.2017, S. 28). Durch den Bau von Straßen und Flughäfen konnte die infrastrukturelle Anbindung des Landes verbessert werden. Große wirtschaftliche Erwartungen an die zunehmende Erschließung der afghanischen Rohstoffressourcen geknüpft. Mit einem 2014 verabschiedeten Gesetz hierzu wurden die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Investitionen in diesem Bereich verbessert (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich - BFA -, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan, Stand: 27.06.2017, S. 177).

Die Situation der Kinder hat sich in den vergangenen Jahren verbessert, so werden mittlerweile rund zwei Drittel aller Kinder eingeschult; der Anteil der Mädchen beträgt mittlerweile 37,5 %, nachdem sie unter der Taliban-Herrschaft fast vollständig vom Bildungssystem ausgeschlossen waren (Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 19.10.2016, S. 12; v. 31.05.2018, S.12).

Aufgrund dessen ist im vorliegenden Fall, unabhängig von der Prüfung der Sicherheitslage in Kabul, ein Abschiebungsverbot aufgrund einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK beim Kläger gegeben. Es kann nach einer eingehenden Einzelfallprüfung im Rahmen einer Gesamtschau nicht davon ausgegangen werden, dass er sich bei einer Rückkehr nach Afghanistan ein Existenzminimum wird erwirtschaften können.

Der Kläger hat zwar den überwiegenden Teil seines Lebens in Afghanistan verbracht und dort acht Jahre die Schule besucht, dort aber keinen Beruf erlernt. Er hat Afghanistan im Alter von 15 Jahren mit seinen Eltern und Geschwistern verlassen und seine Familie auf der Flucht im Iran bzw. in der Türkei verloren. Er weiß nicht wo sie sich derzeit aufhalten, hat keinen Kontakt zu ihnen und auch zu keinen anderen Verwandten in Afghanistan. Der letzte Kontakt zu dem einzigen in Afghanistan zunächst verbliebenen Bruder seines Vaters war telefonisch, vor ca. drei Jahren von der Türkei aus. Ob sich dieser Onkel heute noch in Afghanistan aufhält, ist dem Kläger nicht bekannt. Aufgrund des jugendlichen Alters des Klägers, der gerade 18 Jahre alt geworden ist, offenbar sehr behütet aufgewachsen ist und in Afghanistan vor seiner Ausreise Schüler war, dort also nie gearbeitet hat, wäre es für ihn extrem schwierig, Strategien für ein Überleben in Afghanistan, etwa in Kabul, zu entwickeln. Angesichts seiner persönlichen und beruflichen Unerfahrenheit und der Tatsache, dass er das Land vor über 4 Jahren im Alter von 15 Jahren verlassen hat und sich dort vieles seit dem ungünstig entwickelt hat, dürfte es ihm nicht möglich sein, sich auf dem hart umkämpften Arbeitsmarkt in Kabul oder auch in einer anderen Großstadt gegen seine Konkurrenten durchzusetzen, zumal er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan dort ohne familiären Rückhalt oder verwandtschaftliche Strukturen ganz auf sich alleine gestellt wäre. [...]