VG Wiesbaden

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Zitieren als:
VG Wiesbaden, Beschluss vom 27.11.2018 - 3 L 5974/17.WI.A - asyl.net: M26784
https://www.asyl.net/rsdb/M26784
Leitsatz:

Mögliches Abschiebungsverbot für ehemalige Prostituierte aus Nigeria:

Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung, da ernsthafte Zweifel daran bestehen, ob die Klägerin - eine ehemalige Prostituierte aus Nigeria - den Lebensunterhalt für sich und ihr Kind sichern können wird.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Nigeria, Existenzgrundlage, Existenzminimum, Kind, Suspensiveffekt, Abschiebungsverbot, zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 5, EMRK Art. 3,
Auszüge:

[...]

Es liegen aber erhebliche Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes wegen eines Verstoßes gegen Art. 3 EMRK vor, denen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht in der erforderlichen Weise nachgegangen ist. Es bedarf einer näheren Aufklärung, ob es der Antragstellerin bei einer Rückkehr nach Nigeria voraussichtlich möglich wäre, ihr Existenzminimum zu sichern. Dass insoweit ein Abschiebungsverbot in Einzelfällen in Betracht kommt, räumt auch das Bundesamt in dem angefochtenen Bescheid ein. Die Prüfung des BAMF in dem angefochtenen Bescheid hierzu ist aber insoweit defizitär. Wie das Bundesamt auf Seite 4 des angefochtenen Bescheides selbst ausführt, ist die erneute Ausreise der Antragstellerin nach Europa im Zusammenhang mit der Sorge um das Erreichen eines Existenzminimums für die eigene Familie zu betrachten. Wie sich die Situation für die Antragstellerin bei einer Rückkehr nach Nigeria darstellen würde, ist unklar. Zwar verweist der Bescheid zu Recht auf die Schulausbildung der Antragstellerin. Ihr diesbezüglicher Vortrag im Eilverfahren ist unzutreffend. Soweit aber das BAMF ausführt, die Antragstellerin könne bei einer Rückkehr auf die Unterstützung einzelner Familienmitglieder und ihres persönlichen Umfeldes hoffen, handelt es sich um eine bloße Vermutung. Zwar mag es zutreffen, dass es sei der Antragstellerin möglich ist, zur Familie ihres Freundes zurückzukehren. Wie sie aber dargelegt hat, wird die Unterstützung des Vaters ihres Freundes lediglich in der Gewährung einer Unterkunft bestehen. Existenzsichernd ist das nicht. Für eine weitere Unterstützung ist bei dem derzeitigen Aufklärungsstand nichts Reales ersichtlich. Weiterhin wäre zu berücksichtigen gewesen, dass es sich bei der Antragstellerin um eine ehemalige Prostituierte handelt und sie ein minderjähriges Kind hat. Beides erschwert ihre Situation in Nigeria erheblich. Im Übrigen wird der Wahrheitsgehalt der Eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin vom 24. November 2017 zu prüfen sein. [...]