OVG Bremen

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Zitieren als:
OVG Bremen, Beschluss vom 22.10.2018 - 1 B 232/18 - asyl.net: M26788
https://www.asyl.net/rsdb/M26788
Leitsatz:

1. Richtiger Antragsgegner ist im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO in analoger Anwendung der §§ 78 Abs. 1 Nr. 1, 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO der Rechtsträger derjenigen Behörde, die den mit dem Hauptsacherechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat. Dies gilt auch dann, wenn eine einem anderen Rechtsträger zugeordnete Behörde die sofortige Vollziehung angeordnet hat, es sei denn die Zuständigkeit ist vollständig auf die andere Behörde übergegangen.

2. Gemäß dem eindeutigen Wortlaut des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist nicht jede sachlich und örtlich (auch) zuständige Behörde zur Anordnung der sofortigen Vollziehung berufen, sondern grundsätzlich nur die Behörde, die den Ausgangsbescheid erlassen hat.

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Ausweisung, sofortige Vollziehung, Verwaltungsakt, Zuständigkeit, sachliche Zuständigkeit, Mehrfachzuständigkeit,
Normen: VwGO § 78 Abs. 1 Nr. 1, VwGO § 79 Abs. 1 Nr. 1, VwGO § 80 Abs. 2 Nr. 4, VwGO § 80 Abs. 5,
Auszüge:

[...]

1. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage mit Recht für zulässig erachtet. Insbesondere ist die Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren in analoger Anwendung der §§ 78 Abs. 1 Nr. 1, 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO als Rechtsträgerin des Migrationsamtes, das die im Hauptsacheverfahren streitgegenständliche Ausweisungsverfügung erlassen hat, passiv prozessführungsbefugt.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die sofortige Vollziehung dieser Ausweisungsverfügung durch den einem anderen Rechtsträger, nämlich der Freien Hansestadt Bremen, angehörenden Senator für Inneres angeordnet wurde. Das Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz ist ungeachtet seiner prozessualen Selbständigkeit dem Verfahren zur Hauptsache zugeordnet. Es stellt im Verhältnis zu ihm ein Nebenverfahren dar (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.01.1982 – 4 ER 401/91 – juris Rn. 19), in dem – nur – um die sofortige Vollziehbarkeit eines in der Hauptsache angefochtenen Verwaltungsaktes gestritten wird (OVG Nds., Beschl. v. 21.11.1988 – 3 B 167/88 – juris Rn. 2). Wegen dieses akzessorischen Charakters des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens zum Hauptsacheverfahren ist der Antragsgegner in dem Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auch entsprechend den für das Verfahren zur Hauptsache geltenden §§ 78, 79 VwGO zu bestimmen (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 25.06.2007 – 1 M 110/07 – juris Rn. 3 m.w.N.; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 21.11.1988 – 3 B 167/88 – juris Rn. 2; vgl. auch: BVerwG, Beschl. v. 27.01.1982 – 4 ER 401/91 – juris Rn. 19). Es ist dagegen nicht darauf abzustellen, welche Behörde die sofortige Vollziehung angeordnet hat (vgl. für die Anordnung des Sofortvollzugs durch die einem anderen Rechtsträger zugeordnete Widerspruchsbehörde: OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 25.06.2007 – 1 M 110/07 – juris Rn. 3 m.w.N.).

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zudem hinsichtlich der streitgegenständlichen Ausweisungsverfügung auch keinen (vollständigen) Zuständigkeitswechsel vom Migrationsamt zum Senator für Inneres angenommen. Das Migrationsamt ist vielmehr auch weiterhin in der Lage, dem mit der Klage geltend gemachten Aufhebungsanspruch im Wege einer Abhilfeentscheidung zu entsprechen bzw. einem entsprechenden Urteil nachzukommen. Ein vollständiger Zuständigkeitswechsel folgt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin vorliegend auch nicht aus § 3 Abs. 4 BremAufenthZVO i.V.m. der Abgabeaufforderung des Senators für Inneres an das Migrationsamt vom 25.05.2018. [...]