VGH Baden-Württemberg

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Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.11.2018 - A 11 S 2688/18 - asyl.net: M26791
https://www.asyl.net/rsdb/M26791
Leitsatz:

Keine Berufungszulassung für die Frage der "offensichtlichen Unrichtigkeit" eines Urteils:

"Die Frage, ob die Berufung in Rechtsstreitigkeiten nach dem Asylgesetz auch aus anderen als den in § 78 Abs. 3 AsylG genannten Gründen zuzulassen ist (hier: wegen "offensichtlicher Unrichtigkeit" der angefochtenen Entscheidung), verleiht einer Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG."

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Asylverfahren, Berufungszulassungsantrag, Grundsätzliche Bedeutung, offensichtliche Unrichtigkeit, Asylverfahrensrecht,
Normen: AsylG § 78, VwGO § 138, GG Art. 3 Abs. 1, GG Art. 19 Abs. 4,
Auszüge:

[...]

Der Sache nach versucht der Kläger vielmehr, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils aufzuzeigen und auf diese Weise - über den Katalog des § 78 Abs. 3 AsylG hinaus - die Zulassung der Berufung zu erreichen. Hierzu setzt er im Wesentlichen eine eigene Würdigung seines Vortrags, den er als glaubhaft, nachvollziehbar und widerspruchsfrei bewertet, an die Stelle der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts und behauptet, aufgrund der angeblich fehlerhaften Beweiswürdigung sei das Urteil "offensichtlich unrichtig". Insoweit müsse es eine Anfechtungsmöglichkeit geben, weil eine solche auch außerhalb des Asylverfahrens bestehe und andernfalls Art. 3 GG verletzt sei.

Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist im Asylprozess nicht vorgesehen, denn § 78 Abs. 3 AsylG enthält insoweit eine abschließende Sonderregelung, die § 124 Abs. 2 VwGO vorgeht (vgl. nur Bader u.a., VwGO, 7. Auflage 2018, § 124 Rn. 1; Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 124 Rn. 7; Marx, AsylG, 9. Auflage 2017, § 78 Rn. 2). Die unterschiedliche Behandlung im Verhältnis zum allgemeinen Verwaltungsprozess ist - insbesondere vor dem Hintergrund von Art. 3 GG, aber auch unter Berücksichtigung von Art. 19 Abs. 4 GG - verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil ein gerichtlicher Instanzenzug vom Grundgesetz grundsätzlich nicht gewährleistet wird und sachliche Gründe für eine Sonderregelung allein des Asylverfahrens bestehen (vgl. bereits BVerfG, Beschluss vom 24.05.1983 - 2 BvR 546/83 -, Rn. 10 ff., juris; GK-AsylG, Stand: 104. Lieferung (Dezember 2015), § 78 Rn. 9 ff.). Die beantragte Vorlage kommt daher nicht in Betracht.

Unbeschadet dessen ist auch nicht ersichtlich, wie angebliche Mängel in der Beweiswürdigung zu einer "offensichtlichen" Unrichtigkeit des Urteils sollten führen können, wenn der Kläger noch nicht einmal einen Verfahrensmangel im Sinne des § 138 Nr. 3 VwGO darlegt. Denn davor, dass das Gericht zu einer anderen rechtlichen und tatsächlichen Bewertung des klägerischen Vortrags kommt als er selbst, schützt Art. 103 Abs. 1 GG nicht. [...]