OVG Hamburg

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Zitieren als:
OVG Hamburg, Beschluss vom 06.09.2018 - 4 Bf 265/18.AZ - asyl.net: M26834
https://www.asyl.net/rsdb/M26834
Leitsatz:

Erfordert das Rechtsmittel, für das Prozesskostenhilfe beantragt wird, eine besondere Darlegung, ist diesem Erfordernis auch bei einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das beabsichtigte Rechtsmittel Rechnung zu tragen. An die Darlegungspflicht eines anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten im Rechtsmittel­verfahren sind dabei deutlich geringere Anforderungen zu stellen als im Fall einer rechtskundigen Vertretung nach § 67 VwGO.

Es ist auch von einem anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten zumindest zu fordern, dass er aus laienhafter Sicht in groben Zügen darlegt, unter welchen Aspekten ihm die angefochtene Entscheidung angreifbar oder fehlerhaft erscheint.

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Asylverfahren, Verwaltungsgericht, Prozesskostenhilfe, Darlegungslast, Begründung, Vertretungszwang, Berufungszulassung,
Normen: AsylG § 78 Abs 4 S 4, VwGO § 124a Abs. 4 S. 4, VwGO § 166 Abs. 1 S. 1 VwGO, ZPO § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO, VwGO § 67, GG Art. 3, GG Art. 19 Abs. 4, GG Art. 20 Abs. 3,
Auszüge:

[...]

8 Die Darlegungsanforderungen im isolierten Prozesskostenhilfeverfahren müssen bei anwaltlich nicht vertretenen Antragstellern in Verfahren mit Vertretungszwang Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 GG Rechnung tragen. Daraus ergibt sich das Gebot einer weitgehenden Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 3.3.2014, 1 BvR 1671/13, 347, NJW 2014, 1291, juris Rn. 12 ff.; VerfGH Ba-Wü, Beschl. v. 7.5.2018, 1 VB 70/17, juris Rn. 10 ff.). Insoweit ist es geboten, Vorkehrungen zu treffen, die auch Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zum Gericht ermöglichen. An die Darlegungspflicht eines anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten im Rechtsmittelverfahren sind daher deutlich geringere Anforderungen zu stellen als im Fall einer rechtskundigen Vertretung nach § 67 VwGO. Es ist aber nach der überwiegenden Rechtsprechung auch von einem anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten zumindest zu fordern, dass er aus laienhafter Sicht in groben Zügen darlegt, unter welchen sachlichen und rechtlichen Aspekten ihm die angefochtene Entscheidung angreifbar oder fehlerhaft erscheint (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.1.2018, 5 PKH 8.17 D, juris Rn. 2; Beschl. v. 11.2.2015, 5 PKH 12.15 D, juris Rn. 2; OVG Münster, Beschl. v. 29.6.2018, 4 A 1654/18.A, juris Rn. 2;OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 19.4.2018, OVG 5 N 42.16, juris Rn. 4 m.w.N.; OVG Bautzen, Beschl. v. 19.9.2017, 4 A 613/15, juris Rn. 5, 6; VGH Mannheim, Beschl. v. 8.6.2016, 1 S 783/16, juris Rn. 22, m.w.N. zum Streitstand; OVG Münster, Beschl. v. 7.3.2014, 16 A 1386/13, juris Rn. 2; OVG Magdeburg, Beschl. v. 19.4.2010, 2 L 15/10, juris Rn. 2; OVG Schleswig, Beschl. v. 21.1.2004, 7 U 30/03, juris Rn. 6 ff.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 6.8.1997, 12 L 3035/97, juris Rn. 4; VGH Kassel, Beschl. v. 27.5.1997, 13 ZU 1213/97, juris Rn. 7, 8; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 76. Aufl. 2018, § 117 Rn. 21; a.A. und eine Prüfung von Amts wegen befürwortend: BVerwG, Beschl. v. 12.2.1965, V ER 224.64, NJW 1965, 1293 juris (LS); Beschl. v. 22.8.1990, 5 ER 640.90, juris Rn. 2; BGH, Beschl. v. 6.12.2000, XII ZB 193/00, NJW-RR 2001, 1146, juris Rn. 9; OVG Bremen, Beschl. v. 4.10.2001, 1 B 361/1, juris Rn. 1; OVG Lüneburg, Beschl. v. 20.1.1998, 4 L 5475/97, juris Rn. 2; Geimer, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 117 Rn. 54; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 124a Rn. 42, § 166 Rn. 2 m.w.N.). Auch der Bundesfinanzhof verlangt in ständiger Rechtsprechung ein Mindestmaß an Begründung (vgl. Beschl. v. 19.2.2016, X S 38/15, juris Rn. 13; Beschl. v. 15.4.2014, V S 5/14, juris Rn. 6). Gleiches gilt für die Darlegung bei einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Verfassungsbeschwerde (BVerfG, Beschl. v. 2.2.2017, 1 BvR 2897/18, juris Rn. 2). [...]