LG Münster

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Zitieren als:
LG Münster, Beschluss vom 25.04.2018 - 5 T 791/17 - asyl.net: M26873
https://www.asyl.net/rsdb/M26873
Leitsatz:

Zustimmungserfordernis der Staatsanwaltschaft gem. § 72 Abs. 4 S. 1 AufenthG auch bei vorläufiger Einstellung des Strafverfahrens wegen vorübergehender Hindernisse:

Wegen des vorläufigen Charakters der Einstellung des Strafverfahrens nach § 205 StPO bedarf es auch in diesen Fällen einer Zustimmung der Staatsanwaltschaft gem. § 74 Abs. 4 S. 1 AufenthG.

(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Einvernehmen der Staatsanwaltschaft zur Abschiebung, Einstellung, Strafverfahren, vorläufige Einstellung, Staatsanwaltschaft,
Normen: FamFG § 62, AufenthG § 72 Abs. 4, AufenthG § 72 Abs. 4 S. 1, StPO § 205,
Auszüge:

[...]

Die vom Amtsgericht Borken angeordnete Haft verletzt den Betroffenen in seinen Rechten, was für den Zeitpunkt ab Eingang des Haftaufhebungsantrags auszusprechen war. [...]

Denn die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung und damit der Fortdauer der Haft für die Zeit ab Eingang des Haftaufhebungsantrags des Betroffenen ergibt sich jedenfalls aus dem von Amts wegen zu berücksichtigenden Umstand, dass die Staatsanwaltschaft ... das gem. § 72 Abs. 4 AufenthG erforderliche Einvernehmen zu der Abschiebung nicht erteilt hat. [...]

Das Einvernehmen der Staatsanwaltschaft war erforderlich, da gegen den Betroffenen die öffentliche Klage erhoben worden ist. Dass das Verfahren gem. § 205 StPO vorläufig eingestellt worden ist, steht diesem Erfordernis nicht entgegen. Denn die vorläufige Einstellung nach § 205 StPO wegen des unbekannten Aufenthalts des Betroffenen hat im Wesentlichen deklaratorische Bedeutung, indem sie förmlich klarstellt, weshalb das Verfahren vorübergehend nicht weiter betrieben werden kann. Die Staatsanwaltschaft und das Gericht haben gleichwohl in regelmäßigen Abständen zu prüfen, ob das der Fortführung des Verfahrens entgegenstehende Hindernis fortbesteht und eine Fortsetzung des Verfahrens ist jederzeit möglich. (Erst) wenn sich herausstellt, dass das Hindernis dauerhaft wirken wird, ist eine Abschlussentscheidung geboten (vgl. Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl. 2013, § 205 Rn. 19 f.). Da mithin das Verfahren durch die vorläufige Einstellung noch nicht abgeschlossen ist, verbleibt es bei dem Erfordernis der Erteilung des Einvernehmens der Staatsanwaltschaft. [...]