Voraussetzungen einer qualifizierten Ablehnung eines Asylantrags:
Die Regelung über die Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 3 AsylG ist wegen ihres vorgesehenen Sanktionscharakters restriktiv auszulegen. Es muss eine grobe Verletzung der Mitwirkungspflichten vorliegen. Eine qualifizierte Ablehnung kommt danach nur in Betracht, wenn die Widersprüche und die Unsubstantiiertheit die Evidenzschwelle überschreiten.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
34 [...] Aus dem Gebot der restriktiven Auslegung von Ausnahmevorschriften und mit Blick auf die Systematik und den Sinn und Zweck des § 30 Abs. 3 AsylG sowie die scharfe aufenthaltsrechtliche Folge nach § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ergibt sich, dass nicht eine einfache, sondern nur eine grobe Verletzung von Mitwirkungspflichten des Asylsuchenden die qualifizierte Antragsablehnung rechtfertigt (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Januar 2016 – 10 L 3781/15.A –, juris Rn. 10 m.w.N.; hierzu und zum Folgenden Beschluss der Kammer vom 14. September 2016 – VG 6 L 723.16 A). [...]
36 Es trifft nicht zu, dass das Vorbringen des Klägers in wesentlichen Punkten in sich widersprüchlich im Sinne von § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG ist. Dies wäre dann der Fall, wenn eine Gesamtbetrachtung eine solche Wertung ergibt (vgl. Bermann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 30 AsylG Rn. 12). Hier ist der erläuterte strenge Maßstab der groben Verletzung von Mitwirkungspflichten zu berücksichtigen. Der Kläger machte zwar in seiner Anhörung vor dem Bundesamt zum Teil ungenaue Angaben und schilderte vermeintlich Widersprüchliches. Die in dem Bescheid aufgeführten Widersprüche überschreiten jedenfalls nach Überzeugung der erkennenden Einzelrichterin jedoch nicht die erforderliche Evidenzschwelle. Als offensichtlich unbegründet kann ein Asylantrag nämlich nur dann angesehen werden, wenn sich die Ablehnung des Antrags geradezu aufdrängt (vgl. Bergmann/Dienelt, a.a.O., Rn. 3 m.w.N.). [...]
38 Fehlende Substantiiertheit rechtfertigt die Ablehnung der Asylanträge als offensichtlich unbegründet ebenso wenig. Unsubstantiiertheit im Sinne des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG ist – wie insbesondere der Vergleich der verschiedenen Tatbestandselemente dieser Vorschrift zeigt – nicht durch jeden Zweifel an der Glaubhaftigkeit indiziert, der sich aus einem Mangel an Einzelheiten und Lebensnähe der Schilderung ergibt (vgl. auch für Folgendes VG Braunschweig, Beschluss vom 5. März 2003 – 6 B 75/03 –, juris Rn. 14). Es muss sich vielmehr um eine qualifizierte Unsubstantiiertheit handeln, die mit vergleichbarer Überzeugungskraft wie eine offensichtliche Tatsachenwidrigkeit oder eine erhebliche Widersprüchlichkeit den Schluss begründet, dass sich das Vorbringen des Asylbewerbers nicht auf eigene Erlebnisse stützen kann. Nach diesem Maßstab ist der Vortrag des Klägers nicht so unsubstantiiert, dass es ebenso wie bei offensichtlicher Tatsachenwidrigkeit oder Widersprüchlichkeit auf der Hand läge, dass er nicht auf selbst Erlebtem beruht. [...]