VG Karlsruhe

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Zitieren als:
VG Karlsruhe, Urteil vom 22.11.2018 - A 14 K 5512/15 - asyl.net: M27002
https://www.asyl.net/rsdb/M27002
Leitsatz:

Subsidiärer Schutz für eine Somalierin aus dem Clan der Sheikhan aus der Provinz Jubbada Hoose ohne famililären Rückhalt wegen der schlechten humanitären Lage.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Somalia, Jubbada Hoose, Sheikhan, extreme Gefahrenlage, Clan, humanitäre Gründe, Europäische Menschenrechtskonvention, Existenzgrundlage, Gefahr, Existenzminimum,
Normen: AsylG § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, EMRK Art. 3,
Auszüge:

[...]

45 Jedoch ergibt sich eine drohende individuelle Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung aus der in dem Heimatdorf der Klägerin, ..., vorherrschenden humanitären Lage. Die humanitäre Lage in der Heimatregion eines Klägers kann ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK darstellen (EGMR, Urteile vom 29.01.2013, S.H.H. gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 60367/10, Rn. 75 und vom 28.06.2011, a.a.O., Rn. 218, 241, 278: "in very exceptional cases" bzw. "in the most extreme cases"; BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 – 10 C 15/12 –, juris Rn. 22 ff.).

46 In Süd- und Zentralsomalia ist die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln nicht gewährleistet. Hilfsprojekte der Vereinten Nationen oder nichtstaatlichen Hilfsorganisationen erreichen in der Regel nicht die gesamte Bevölkerung (AA, Lagebericht 2018, S. 19). Somalia gehört zu den ärmsten Ländern der Welt, ein erheblicher Teil der Bevölkerung kann sich nicht ausreichend mit Lebensmitteln oder Trinkwasser versorgen. Periodisch wiederkehrende Dürreperioden mit Hungerkrisen und die äußerst mangelhafte Gesundheitsversorgung sowie der mangelhafte Zugang zu sauberem Trinkwasser und das Fehlen eines funktionierenden Abwassersystems machen Somalia seit Jahrzehnten zum Land mit dem größten Bedarf an internationaler Nothilfe. Fast die Hälfte der somalischen Bevölkerung lebt in extremer Armut von weniger als einem US-Dollar am Tag (BFA, Länderinformationsblatt Somalia, Stand 12.01.2018, S. 117). Zu Beginn des Jahres 2017 hat sich die humanitäre Lage in Somalia mit alarmierender Geschwindigkeit verschlechtert (geringe Ernteerträge, Trockenperioden), so dass 6,7 Millionen Menschen auf Unterstützung angewiesen sind, darunter 3,2 Millionen auf akute lebensrettende Hilfe. Der somalische Präsident hat am 28. Februar 2017 den nationalen Notstand ausgerufen und um verstärkte Hilfe der internationalen Gemeinschaft gebeten. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist von Nahrungsmittelknappheit, Kindersterblichkeit und Unterernährung betroffen. Rund 60 % des Viehbestands wurde vernichtet, wobei die Viehzucht das Haupteinkommen großer Bevölkerungsteile darstellt. Die Versorgungslage ist durch geringe Ernteerträge und Trockenperioden anhaltend schlecht (BFA, Länderinformationsblatt Somalia, Stand 12.01.2018, S. 121 f.).

47 Die prekären humanitären Verhältnisse sind nicht nur auf Naturereignisse wie Dürreperioden zurückzuführen, sondern werden kausal und zum Teil auch zielgerichtet von den Konfliktparteien als Akteure im Sinne des § 3c AsylG verursacht und ausgenutzt.

48 Für eine Berücksichtigung dieser mangelhaften humanitären Lage im Rahmen von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ist erforderlich, dass diese auf einen staatlichen oder nichtstaatlichen Akteur zurückzuführen ist, denn § 4 Abs. 3 AsylG verweist ausdrücklich auf § 3c AsylG ("gelten entsprechend"). Zudem hat der Europäische Gerichtshof klargestellt, dass allgemeine Gefahren, wie beispielsweise eine im Herkunftsland nicht ausreichend behandelbare Krankheit, mangels entsprechenden Akteurs im Sinne von Art. 6 QRL für den subsidiären Schutz nach Art. 15 Buchst. b QRL unbeachtlich sind (EuGH, Urteil vom 18.12.2014 – C-542/13 –, juris Rn. 31 ff). Insoweit kann die allgemeine humanitäre Lage ohne hinreichend kausale Rückführung auf einen staatlichen oder nichtstaatlichen Akteur lediglich einen Abschiebungsschutz im Sinne von § 60 Abs. 5 AufenthG begründen – nicht jedoch einen subsidiären Schutz (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.04.2018 – A 11 S 1729/17 –, juris Rn. 43 f.; BayVGH, Beschluss vom 18.10.2017 – 20 ZB 17.30873 –, juris Rn. 14 unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 13.06.2013 – BVerwG 10 C 13/12 –, juris Rn. 24 ff.; VG Berlin, Urteil vom 14.06.2017 – 16 K 219.17 A –, juris Rn. 38). In der richterlichen Analyse des European Asylum Support Office (EASO), Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes (Richtlinie 2011/95/EU), 2018, Seite 120, heißt es dazu:

49 "[...] So enthält Artikel 6 AR [...] eine Liste der Akteure, die Schutz bieten können, was dafür spricht, dass solche Schäden durch das Verhalten eines Dritten verursacht werden müssen und dass sie demnach nicht bloß die Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten des Gesundheitssystems des Herkunftslands sein können. In Erwägungsgrund 26 AR [...] wird zudem erläutert, dass Gefahren, denen die Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe eines Landes allgemein ausgesetzt sind, für sich genommen normalerweise keine individuelle Bedrohung darstellen, die als ernsthafter Schaden zu beurteilen wäre. Aus diesem unterschiedlichen Zusammenhang folgerte der EuGH, dass die Gefahr der Verschlechterung des Gesundheitszustands eines an einer schweren Krankheit leidenden Drittstaatsangehörigen, die auf das Fehlen einer angemessenen Behandlung in seinem Herkunftsland zurückzuführen ist, ohne dass diesem Drittstaatsangehörigen die Versorgung absichtlich verweigert würde, nicht ausreichen kann, um ihm auf der Grundlage von Artikel 15 Buchstabe b den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen. Somit ist es zwar möglich, dass eine Person gemäß Artikel 3 EMRK in Ausnahmefällen nicht in ein Land abgeschoben werden darf, in dem keine angemessene Behandlung verfügbar ist, jedoch bedeutet dies nicht, dass der Betreffende gemäß Artikel 15 Buchstabe b Anspruch auf subsidiären Schutz hat [...]."

50 Die Anforderungen an das Ausmaß der Rückführung der humanitären Lage auf einen Akteur wird in der Rechtsprechung derzeit – soweit ersichtlich – nicht einheitlich beurteilt. Einer Ansicht nach sollen reine Kausalitätserwägungen ausreichend sein, vgl. VG Köln, Urteil vom 12.12.2017 – 5 K 3637/17.A –, juris Rn. 50; wohl auch VG Bremen, Urteil vom 17.08.2018 – 2 K 2909/16 –, juris Rn. 44; OVG Lüneburg, Urteil vom 05.12.2017 – 4 LB 50/16 –, juris Rn. 70, das insoweit recht knapp auf das Urteil des BVerwG vom 31.01.2013 – 10 C 15.12 – verweist, in dem ausgeführt wird: "Nur soweit die schlechten humanitären Bedingungen - wie in Somalia - nicht nur oder überwiegend auf Armut oder fehlende staatliche Mittel beim Umgang mit Naturereignissen zurückzuführen sind, sondern überwiegend auf direkte und indirekte Aktionen der Konfliktparteien zurückgehen [...]" (juris Rn. 25). Anderer Ansicht nach soll die Anwendung des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG und damit auch von Art. 15b QRL "eine gewisse Zielgerichtetheit des Verhaltens des Akteurs" erfordern, vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 11.04.2018 – A 11 S 1729/17 –, juris Rn. 66; sowie im Anschluss daran VG Karlsruhe, Urteil vom 28.08.2018 – A 14 K 2779/15 –, juris Rn. 36.

51 Der EGMR führt in seinem Grundsatzurteil vom 28.06.2011 − 8319/07 – Sufi u. Elmi/Vereinigtes Königreich, NVwZ 2012, 681, Rn. 282 f. aus:

52 "Wenn die schlechten humanitären Bedingungen in Somalia nur oder überwiegend auf die Armut zurückzuführen sind oder auf die fehlenden staatlichen Mittel, um mit Naturereignissen umzugehen, wie einer Dürre, kann das im Fall N./Vereinigtes Königreich (EGMR Slg. 2008 = NVwZ 2008, 1334) verwendete Kriterium angemessen sein. Es ist aber eindeutig, dass die Trockenheit zwar zu der humanitären Krise beigetragen hat, sie aber überwiegend auf direkte und indirekte Aktionen der Konfliktparteien zurückgeht. Die Berichte weisen darauf hin, dass alle Konfliktparteien rücksichtslose Methoden der Kriegsführung in dicht besiedelten ländlichen Gebieten ohne Rücksicht auf die Sicherheit der Zivilbevölkerung angewendet haben [...]. Das allein hat die verbreitete Vertreibung und den Zusammenbruch der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Infrastruktur zur Folge gehabt. Außerdem hat die Weigerung von al-Shabaab, internationale Hilfsorganisationen in den Gebieten unter ihrer Kontrolle tätig werden zu lassen, obwohl zwischen einem Drittel und der Hälfte der Somalier in großer Entbehrung leben, die Lage erheblich verschlechtert [...] Deswegen ist der Ansatz im Urteil N./Vereinigtes Königreich (EGMR, Slg. 2008 = NVwZ 2008, 1334) unter den Umständen dieses Falles nicht angemessen. Das im Urteil M.S.S./Belgien u. Griechenland (Slg. 2011 Nr. 254 = NVwZ 2011, 413) verwendete Kriterium ist besser geeignet, nach dem die Fähigkeit des Bf. berücksichtigt werden muss, seine elementaren Bedürfnisse zu befriedigen, wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft, weiter seine Verletzbarkeit für Misshandlungen und seine Aussicht auf eine Verbesserung seiner Lage in angemessener Zeit."

53 Auch im Jahre 2018 haben internationale Menschenrechtsorganisationen keine Vertreter dauerhaft nach Somalia entsandt. Ihre Vertreter reisen nur gelegentlich und unter großem individuellem Sicherheitsrisiko dorthin. In den von der Regierung kontrollierten Gebieten werden Menschenrechtsorganisationen "zwar möglicherweise politisch gebilligt" und gefördert, sehen sich aber in aller Regel gleichwohl Repressionen durch staatliche Sicherheitsorgane, die auch auf eigene Faust und im eigenen Interesse agieren, ausgesetzt. In den anderen Gebieten ist eine Arbeit von Menschenrechtsorganisationen nicht möglich (AA, Lagebericht 2018, S. 7). Grundsätzlich finden in fast allen Regionen Somalias südlich von Puntland regelmäßig örtlich begrenzte Kampfhandlungen zwischen AMISOM bzw. somalischen Sicherheitskräften und Al-Shabaab statt. Schwerpunkte der Auseinandersetzungen sind insbesondere die Regionen Lower Jubba, Gedo, Bay, Bakool sowie Lower und Middle Shabelle. Die Region Middle Jubba steht in weiten Teilen unter Kontrolle von Al-Shabaab. Darüber hinaus gibt es immer wieder bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Milizen einzelner Sub-Clans bzw. religiöser Gruppierungen wie Ahlu Sunna wa Jamah (AA, Lagebericht 2018, S. 16). Nach Angaben der UN gab es zu Jahresbeginn 2017 ca. 1,1 Millionen Binnenvertriebene in Somalia, davon schätzungsweise 400.000 Menschen in Mogadischu allein. Durch die Folgen der schweren aktuellen Dürre soll sich die Gesamtzahl der Binnenvertriebenen (englisch: Internally Displaced Persons, IDPs) seitdem mehr als verdoppelt, d.h. auf ca. 2,6 Mio. erhöht haben (UN Office fort he Coordination of Humanitarian Affairs [OCHA], Somalia, Humanitarian Snapshot, Stand 06.08.2018). Die Vertriebenen sind andauernden schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, ihre besondere Schutzlosigkeit und Hilfsbedürftigkeit werden von allerlei nichtstaatlichen, aber auch staatlichen Stellen ausgenutzt und missbraucht. Schläge, Vergewaltigungen, Abzweigung von Nahrungsmittelhilfen, Bewegungseinschränkungen und Diskriminierung aufgrund von Clan-Zugehörigkeiten sind an der Tagesordnung. Rechtswidrige Zwangsräumungen, die Binnenvertriebene und die arme Stadtbevölkerung betrafen, sind nach wie vor ein großes Problem, insbesondere in Mogadischu, wo allein seit November 2016 mehr als 60.000 Menschen betroffen waren. Die Mehrheit der Vertriebenen zog in der Folge in entlegene und unsichere Außenbezirke von Mogadischu, wo es lediglich eine rudimentäre bzw. gar keine soziale Grundversorgung gibt und sie unter äußerst schlechten Bedingungen leben (AA, Lagebericht 2018, S. 19).

54 70 % der Menschen, die unmittelbar auf Hilfe angewiesen sind, befinden sich in Süd-/Zentralsomalia, wo der Zugang durch Sicherheitsprobleme und die Al-Shabaab behindert wird. Zwar hat die Al-Shabaab auch zu Propagandazwecken selbst Hilfsgüter verteilt (in den Gebieten Bay, Bakool, Galgaduud, Hiiran, Lower Shabelle und Mudug). Andererseits wurde die humanitäre Hilfe von außen behindert oder blockiert. Zudem wurde die Erhebung von Steuern verstärkt, wurden humanitäre Bedienstete entführt und Hilfslieferungen an Straßensperren besteuert. Auch Behörden haben die Arbeit humanitärer Kräfte auf unterschiedliche Weise behindert (BFA, Länderinformationsblatt Somalia, Stand 12.01.2018, S. 123, z.T. m.w.N.). Es gibt aber auch Berichte, wonach die Al-Shabaab bei der Dürre im Jahr 2017 anders reagiert habe, als in der vergangenen Dürreperiode 2010-2012. Sie habe Hilfslieferungen weitgehend gewähren lassen, so lange sie nicht als solche erkennbar gewesen seien (z. B. durch das Logo einer NGO). Als Grund dafür wird vermutet, dass auch die Familien der Al-Shabaab von humanitärer Hilfe oder z.B. von der Errichtung eines Brunnens profitieren. Andererseits kämen die Bedrohungen nicht ausschließlich von Al-Shabaab. So komme es auch vor, dass internationale Organisationen und NGOs von anderen Akteuren zur Lieferung von Hilfsgütern oder zur Zahlung von Steuern aufgefordert würden. Außerdem sei es zur Verhaftung und Erpressung lokaler Bediensteter durch staatliche Sicherheitskräfte gekommen, die sich bereichern wollten (Sicherheitslage in Somalia, Bericht zur österreichisch-schweizerischen Fact Finding Mission [FFM], August 2017, S. 40). Die Wahrscheinlichkeit, auf eine Straßensperre der Regierungskräfte oder der Al-Shabaab zu stoßen, sei immer noch hoch. Diese Straßensperren behinderten in Süd-/Zentralsomalia Bewegungen und die Lieferung von Hilfsgütern. Jene, die es sich leisten könnten, versuchten mit dem Flugzeug so nah wie möglich an die Zieldestination zu gelangen (BFA, Länderinformationsblatt Somalia, Stand 12.01.2018, Seite 111).

55 Die oben genannten Dürreperioden sind nach diesen Erkenntnissen nicht alleine ursächlich für die mangelhafte Versorgung der somalischen Bevölkerung. Vielmehr tragen dazu auch die Sicherheitsprobleme generell und die al-Shabaab-Miliz im Besonderen bei, indem sie den Zugang zu Hilfslieferungen in Süd- und Zentralsomalia – sowohl in Gebieten außerhalb als auch in den von der al-Shabaab kontrollierten Gebieten – erschweren. Aufgrund der schwierigen Sicherheitslage und Einschränkungen durch die Aktivitäten diverser Milizen, ist es für humanitäre Organisationen eine Herausforderung, benachteiligte Bevölkerungsteile überhaupt zu erreichen. Die prekären humanitären Verhältnisse sind mithin nicht nur auf Dürreperioden zurückzuführen, sondern werden kausal und zum Teil auch zielgerichtet von den Konfliktparteien verursacht und ausgenutzt.

56 Der Rechtsprechung des EGMR folgend ist in diesem Fall auf die Fähigkeit der Klägerin, ihre elementaren Bedürfnisse zu befriedigen, sowie ihre Verletzlichkeit für Misshandlungen und die Aussicht auf Verbesserung ihrer Lage abzustellen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände liegen stichhaltigen Gründe dafür vor, dass die Klägerin im Falle ihrer Rückkehr nach Südsomalia aufgrund der dortigen humanitären Lage in ihren Rechten aus Art. 3 EMRK verletzt werden wird. Insbesondere geht die Berichterstatterin davon aus, dass sie dort nicht in der Lage sein wird, ihre elementaren Bedürfnisse zu befriedigen.

57 Für die Beurteilung der Versorgungslage ist – anders als im Rahmen der Prüfung des § 60 Abs. 7 AufenthG (grundlegend BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 – 10 C 15/12 –, juris Rn. 14; zuletzt OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31.07.2018 – 19 A 1675/17.A –, juris Rn. 7 m.w.N.) – nicht in erster Linie auf die Herkunftsregion der Klägerin abzustellen, sondern prüft der EGMR grundsätzlich mit Blick auf den gesamten Abschiebungszielstaat und eruiert zunächst, ob solche Umstände an dem Ort vorliegen, an dem die Abschiebung endet (EGMR, Urteil vom 28.06.2011 – 8319/07 – [Sufi u. Elmi / Vereinigtes Königreich], NVwZ 2012, 681 Rdnrn. 265, 301, 309). Dies gilt auch für die Beurteilung solcher Umstände, die nicht in die unmittelbare Verantwortung des Abschiebungszielstaates fallen, dem abschiebenden Staat nach Art. 3 EMRK aber dennoch eine Abschiebung des Ausländers verbieten.

58 Nach derzeitigen Erkenntnissen (s. BFA, Länderinformationsblatt Somalia, Stand 12.01.2018, S. 138) ist die Hauptstadt Mogadischu derzeit die einzige Stadt in Süd- und Zentralsomalia, in die es einen geordneten Direktflugverkehr gibt (aus Europa bislang nur aus Istanbul mit Turkish Airlines, darüber hinaus fliegen nur regionale Fluglinien, die Vereinten Nationen, die Europäische Union und private Chartermaschinen Mogadischu aus Nairobi regelmäßig an). Maßgeblich ist daher zunächst auf die humanitäre Lage in Mogadischu abzustellen. [...]