LG Ingolstadt

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Zitieren als:
LG Ingolstadt, Beschluss vom 15.03.2019 - 31 T 768/19 - asyl.net: M27177
https://www.asyl.net/rsdb/M27177
Leitsatz:

Haftverlängerung bei nicht vorhersehbarer Möglichkeit der Abschiebung rechtswidrig:

1. Steht nicht fest, wann eine Abschiebung (hier: nach Jordanien) durchgeführt werden kann, weil bisher keine Passersatzpapiere besorgt werden konnten und es keine konkreten Anhaltspunkte dafür gibt, wann eine solche Beschaffung möglich sein wird, darf die Sicherungshaft nicht verlängert werden.

2. Aus der Tatsache, dass für einen früheren Abschiebungsversuch Ersatzpapiere innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes ausgestellt wurden, kann nicht gefolgert werden, dass die Beschaffung nunmehr auch innerhalb kurzer Zeit möglich sei.

3. Für die Rechtswidrigkeit der Haftverlängerung ist es unerheblich, dass die betroffene Person wegen fehlender Mitwirkung an ihrer Abschiebung selbst dafür verantwortlich ist, dass erneut Papiere beschafft werden müssen.

(Leitsätze der Redaktion; Hinweis: Der Betroffene wurde trotz Freilassungsbeschluss erst am Mittag des darauf folgenden Tages entlassen; vgl. hierzu auch AG Hannover, Beschluss vom 18.03.2019 - 44 XIV 39/19 B - asyl.net: M27111 und LG Mainz, Beschluss vom 29.04.2019 - 8 T 89/19 - asyl.net: M27259.)

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Abschiebung, Passbeschaffung, Heimreisedokumente, Jordanien, Sicherungshaft, Freilassungsbeschluss, sofortige Entlassung, Entlassung, Freiheitsentziehung, Haft, Passersatz, Haftanordnung, Haftbeschluss, Haftverlängerung,
Normen: AufenthG § 62 Abs. 3 Nr. 4, AufenthG § 62 Abs. 3 Nr. 5, AufenthG § 2 Abs. 14 Nr. 5, AufenthG § 2 Abs. 14 Nr. 6, AufenthG § 62 Abs. 4,
Auszüge:

[...]

Die Beschwerde ist begründet.

a) Die Kammer folgt der angefochtenen Entscheidung darin, dass der Betroffene vollziehbar ausreisepflichtig ist und das für den Betroffenen die Haftgründe des § 62 Abs. 3 Nr. 4, 5 AufenthG, 2 Abs. 14 Nr. 5, 6 AufenthG vorliegen.

b) Es steht jedoch nicht fest, ob und wann die Abschiebung des Betroffenen nach Jordanien durchführbar ist. Passersatzpapiere für den Betroffenen konnten bislang bei den jordanischen Behörden nicht beschafft werden. Konkrete Anhaltspunkte dafür, wann eine derartige Beschaffung der Papiere möglich sein wird, liegen nicht vor. Daraus, dass die jordanischen Behörden Passersatzpapiere für den Betroffenen für dessen geplante und wegen des Verhaltens des Betroffenen gescheiterte Abschiebung am 9. Januar 2019 innerhalb eines überschaubaren Zeitraums ausgestellt haben, kann nicht gefolgert werden, die Beschaffung der Ersatzpapiere sei nunmehr auch innerhalb kurzer Zeit möglich. Gerade die entsprechenden intensiven Bemühungen der Ausländerbehörde, an denen die Kammer nicht zweifelt, die jordanischen Behörden zu erreichen, die bislang erfolglos geblieben sind, zeigen, dass eine Prognose über den zeitlichen Rahmen des Tätigwerdens der jordanischen Behörden im vorliegenden Fall nicht gestellt werden kann. Allein aus diesem Grund ist der Haftbefehl aufzuheben.

Dem steht nicht entgegen, dass, wie im angefochtenen Beschluss überzeugend ausgeführt wird, der Betroffene dafür verantwortlich ist, dass erneut Passersatzpapiere beschafft werden müssen. Die fehlende Mitwirkung des Betroffenen an seiner Abschiebung vermag dessen Inhaftierung bei nicht prognostizierbarer Abschiebemöglichkeit und Abschiebezeit nicht zu begründen.

Hinzu kommt, dass, wie ebenfalls im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt ist, die Organisation einer Luftabschiebung mit Sicherheitsbegleitung eine Vorbereitungszeit von etwa 6 Wochen erfordert. Sie ist damit zu dem im Beschluss vom 22 März 2019 vorgesehenen Datum bis Ende der Haftdauer am 10. Mai 2019 nicht mehr möglich. Ob die Abschiebung innerhalb der Fristen des § 62 Abs. 4 AufenthG würde vollzogen werden können, steht ebenfalls nicht fest. [...]