OVG Berlin-Brandenburg

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Zitieren als:
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.03.2019 - 11 S 14.19 - asyl.net: M27183
https://www.asyl.net/rsdb/M27183
Leitsatz:

Kein Verzicht auf das Visumsverfahren für den Stiefvater eines deutschen und Vater eines vietnamesischen Kindes sowie Ehemann von deren Mutter:

1. Im Rahmen der Abwägung mit Art. 6 GG und Art. 8 EMRK ist die Bedeutung des Visumverfahrens für eine wirksame Steuerung der Zuwanderung und die grundsätzlich Vereinbarkeit der Verweisung eines Ausländers auf die Nachholung eines erforderlichen Visumsverfahrens zu berücksichtigen.

2. Dabei ist die konkrete Lebenssituation der n Deutschland während des Visumsverfahrens verbleibenden Familie zu betrachten. Zu berücksichtigen ist daher auch, ob Kinder in dieser Zeit allein zurückbleiben oder weiterhin bei ihrer Mutter leben. Ist diese berufstätig, stellt dies eine Betreuung durch sie nicht grundsätzlich in Frage, besonders dann wenn die Kinder über viele Sozialkontakte im Umfeld von Wohnung, Kindergarten und Schule verfügen.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: deutsches Kind, Visumsverfahren, allgemeine Erteilungsvoraussetzungen, Ermessen, Schutz von Ehe und Familie, familiäre Lebensgemeinschaft, Kleinkind,
Normen: AufenthG § 30, AufenthG § 5 Abs. 2, GG Art. 6, EMRK Art. 8,
Auszüge:

[...]

13 Hinsichtlich der mit Blick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK erforderlichen umfassenden Abwägung der zu berücksichtigenden Belange verweist das Verwaltungsgericht im Übrigen zutreffend auf die Bedeutung des Visumverfahrens für eine wirksame Steuerung der Zuwanderung und darauf, dass es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG vereinbar ist, einen Ausländer auf die Nachholung eines erforderlichen Visums zu verweisen (BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2007 - 2 BvR 2341/06 -, juris Rz. 6 m.w.N.). In die Abwägung einzustellen ist aber auch, dass die Kinder in dieser Zeit hier nicht etwa allein zurückbleiben, sondern weiterhin bei ihrer Mutter leben würden. Dass diese berufstätig ist, stellt eine Betreuung durch sie nicht in Frage, zumal die Kinder nach dem Vortrag im Beschwerdeverfahren über "viele Sozialkontakte im Umfeld von Wohnung, Kindergarten und künftiger Schule" verfügen und sich im Nachbarschaftszentrum "Kinderclub" aufhalten und dort aktiv sind. [...]