OVG Rheinland-Pfalz

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Zitieren als:
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 18.02.2019 - 7 B 10083/19.OVG - asyl.net: M27199
https://www.asyl.net/rsdb/M27199
Leitsatz:

Keine Ausbildungsduldung wegen aufenthaltsbeendender Maßnahmen:

1. Bei der Ausbildungsduldung kommt es zwar grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Antragstellung an. wenn der Ausbildungsvertrag aber erst später vorgelegt wird, ist auf diesen späteren Zeitpunkt abzustellen, da nur durch die Vorlage des Ausbildungsvertrags die für die Annahme eines Ausbildungsverhältnisses nötigen wechselseitigen Verpflichtungen festzustellen sind (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.08.2018, 7 B 10610/18.OVG)

2. Dem Versagungsgrund des Bevorstehens aufenthaltsbeendender Maßnahmen steht nicht entgegen, dass von der betroffenen Person eine Geburtsurkunde vorgelegt wurde, nach der sie minderjährig ist. Denn die Minderjährigkeit führt nicht zu einem Duldungsanspruch, wenn die betroffene Person nach der Abschiebung in die Obhut einer sorgeberechtigten Person oder einer Aufnahmeeinrichtung im Zielstaat übergeben werden kann. Davon kann sich die Ausländerbehörde auch erst unmittelbar vor der Abschiebung vergewissern.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Ausbildungsduldung, Antragstellung, Ausbildungsvertrag, aufenthaltsbeendende Maßnahmen, Beurteilungszeitpunkt, minderjährig, Abschiebung, unbegleitete Minderjährige,
Normen: AufenthG § 60a Abs. 2 S. 4, AufenthG § 58 Abs. 1a,
Auszüge:

[...]

Zum Zeitpunkt der Vorlage des hier in Rede stehenden Berufsausbildungsvertrags mit elektronischer Nachricht vom 9. Oktober 2018 war für den Antragsteller das Verfahren zum Erhalt von Passersatzpapieren eingeleitet und damit eine konkrete Maßnahme zur Beendigung seines Aufenthaltes ergriffen worden.

Auf den Zeitpunkt der Vorlage des Vertrags ist deshalb abzustellen, weil der Antragsteller erst mit ihm die Mindestanforderungen für einen Nachweis zur angestrebten qualifizierten Berufsausbildung erbracht hat. Zwar ist für die Frage, ob Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung einer Ausbildungsduldung entgegenstehen, grundsätzlich auf den Zeitpunkt ihrer Beantragung abzustellen (vgl. Beschluss des Senats vom 11. Juli 2017 - 7 B 11079/17.OVG -, juris, Rn. 38). Allerdings muss der jeweilige Antragsteller zu diesem Zeitpunkt seinerseits alle Voraussetzungen für die Erteilung der Duldung erfüllt und insbesondere die Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachgewiesen haben (vgl. SächsOVG, Beschluss vom 20. September 2018 - 3 B 345/18 -, juris, Rn. 9, 11; BayVGH, Beschluss vom 22. Januar 2018 - 19 CE 18.51 -, juris, Rn. 18). Zum Beleg eines erst noch aufzunehmenden Ausbildungsverhältnisses ist regelmäßig die Vorlage eines mit dem Ausbildungsbetrieb abgeschlossenen Vertrags erforderlich, da nur so die für die Annahme eines Ausbildungsverhältnisses nötigen wechselseitigen Verpflichtungen festzustellen sind (vgl. Beschluss des, Senats vom 12. Juli 2018 - 7 B 10610/18.OVG -). Einen solchen Vertrag hat der Antragsteller erst am 9. Oktober 2018 vorgelegt. [...]

b) Die Vorlage der angeblichen Geburtsurkunde vom ... 2018 führt nicht dazu, dem Antragsteller eine Ausbildungsduldung zu erteilen.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers entkräftet sie den Versagungsgrund der bevorstehenden Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht, selbst wenn man von der Echtheit der Geburtsurkunde ausgehen und den Antragsteller folglich als minderjährig ansehen würde. Zwar müsste sich der Antragsgegner dann gemäß § 58 Abs. 1a AufenthG vor der Abschiebung vergewissern, dass der Antragsteller in Gambia einem Familienmitglied, einer sorgeberechtigten Person oder einer Aufnahmeeinrichtung übergeben wird. Die Rückfrage muss allerdings lediglich bis zur eigentlichen Abschiebung erfolgt sein und kann bis dahin nachgeholt werden. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und der Anknüpfung an die Abschiebung. Dem Wortlaut von § 58 Abs. 1a AufenthG kann umgekehrt nicht entnommen werden, dass die Nachfrage im Heimatland schon erfolgt sein muss, bevor die Behörde erste Schritte zur Durchführung der Abschiebung unternimmt. Eine solche Interpretation der Norm ließe sich zudem nicht mit der gesetzgeberischen Vorstellung von dem in § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG verwendeten Begriff der "Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung" vereinbaren. Sie würde dazu führen, dass die Vergewisserung gemäß § 58 Abs. 1a AufenthG, die ihrerseits eine Maßnahme ist, die in Bezug zur Durchführung der Abschiebung steht, vor allen anderen Maßnahmen stattfinden müsste, die zur Abschiebung führen. Eine solche Reihung hat der Gesetzgeber bei der Einführung des Versagungsgrundes nicht vorgesehen. Vielmehr hat er in der entsprechenden Begründung verschiedene zur Aufenthaltsbeendigung führende Maßnahmen nebeneinandergestellt (s. BT-Drs. 18/9090, S. 26). [...]