Notwendige Zulässigkeitsprüfung im Zweitantragsverfahren:
"1. Die Vorschriften über das Zweitverfahren nach erfolglosem Asylverfahren in einem sicheren Drittstaat sind vorrangig gegenüber den Bestimmungen zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes.
2. Liegen die Voraussetzungen zur Durchführung eines Zweitverfahrens vor, ist ein Asylverfahren in Deutschland nur durchzuführen, wenn zwischen der letzten Entscheidung im sicheren Drittstaat und der Entscheidung in Deutschland Änderungen eingetreten sind, die nach Maßgabe des § 71a Abs. 1 AsylG zu berücksichtigen sind. Diesbezüglich besteht kein Wahlrecht.
3. Der Austausch der Rechtsgrundlagen der §§ 3 ff. AsylG gegen § 71a Abs. 1 AsylG durch das Gericht verändert den (insoweit) ablehnenden Bescheid nicht in seinem Wesen."
(Amtliche Leitsätze)
[...]
14 [...] Durch die Auswechselung der Rechtsgrundlagen wird der angegriffene Bescheid als ablehnende Entscheidung nicht in seinem Wesen geändert (3.).
15-17 1. Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO unterliegt ein Verwaltungsakt der gerichtlichen Aufhebung, soweit er rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Darin kommt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte zum Ausdruck zu prüfen, ob ein angefochtener Verwaltungsakt mit dem objektiven Recht in Einklang steht und, falls nicht, ob er den Kläger in seinen Rechten verletzt. Bei dieser Prüfung sind alle einschlägigen Rechtsvorschriften und - nach Maßgabe der Sachaufklärungspflichtgemäß § 86 Abs. 1 VwGO - alle rechtserheblichen Tatsachen zu berücksichtigen, gleichgültig, ob die Normen und Tatsachen von der erlassenden Behörde zur Begründung des Verwaltungsaktes angeführt worden sind oder nicht. Dies gilt aber nur, wenn und soweit der angefochtene Verwaltungsakt hierdurch nicht in seinem Wesen verändert wird. Diese Grenze wird überschritten, wenn durch einen Austausch der Rechtsgrundlage prozessual der Streitgegenstand verändert würde (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 2015 – 1 C 4.15 –, BVerwGE 153, 234-246, juris Rn. 28 mwN; Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 113 Rn. 64 ff.).
18 a) Das Gericht folgt nicht der Auffassung der Beklagten, dass das vorliegende Asylverfahren nach den allgemeinen Regeln des Asylgesetzes zu behandeln ist.
19 aa) Einschlägig ist vielmehr die Bestimmung über den Zweitantrag nach § 71a AsylG. Die deutsche nationale Zuständigkeit der Beklagten folgt für das vorliegende Asylverfahren nicht aus der Ermessensbestimmung des Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO), sondern aus der zwingenden Bestimmung des Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO. Die Zuständigkeit. ist damit nach Ablauf der Überstellungsfrist kraft Gesetzes auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Auf Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO hat auch das Bundesamt in seinem Bescheid vom 20. Juli 2017 über die Aufhebung des "Dublin- Bescheides" hingewiesen. Demnach hatte das Bundesamt bereits im weiteren Verwaltungsverfahren (zunächst) zu prüfen, ob in einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) ein Asylverfahren durchgeführt und abgeschlossen worden ist. Bei § 71a AsylG handelt es sich um vorrangig zu prüfende spezielle Vorschriften zu den allgemeinen Bestimmungen der §§ 3 ff. AsylG. Ein Asylverfahren kann in Deutschland nur noch durchgeführt werden, wenn in dem Drittstaat kein diesbezügliches Asylverfahren abgeschlossen worden ist. Das folgt auch aus der Intention der Dublin III-VO, einen Antrag auf internationalen Schutz in der Europäischen Union nur noch durch einen Mitgliedstaat umfassend prüfen zu lassen.
20-21 bb) Bestehen demnach - wie hier wegen der im "Dublin-Verfahren" gewonnenen Erkenntnisse - Anhaltspunkte dafür, dass in einem sicheren Drittstaat ein Asylverfahren anhängig gewesen ist, muss das Bundesamt dies zunächst zu klären versuchen, bevor es über einen Anspruch des Asylbewerbers nach den allgemeinen Bestimmungen des §§ 3 ff. AsylG entscheidet. Wenn der endgültige Abschluss des Verfahrens im Drittstaat feststeht, ist § 71a AsylG einschlägig. Diese Prüfung obliegt dem Bundesamt (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 1 C 4.16 - BVerwGE 157, 18 -34 juris Rn. 24 a. E.; dazu Berlit, jurisPRBVerwG 4/2017 Anm. 2). [...]
31 (3) Wird nach allem kein weiteres Asylverfahren in Deutschland durchgeführt, kann der Kläger auch nicht die vom ihn im vorliegenden Verfahren begehrte Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4 AsylG erhalten.
32 3. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Bundesamtes, soweit in ihm der Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgelehnt worden ist. Durch Auswechseln der Rechtsgrundlage wird das Wesen dieses Bescheides nicht verändert. Der Tenor "Im Übrigen wird der Asylantrag abgelehnt" wird dadurch nicht berührt. Zwar ist nach § 71a AsylG wegen des Asylverfahrens in Schweden die Durchführung eines Asylverfahrens in Deutschland unzulässig. Daraus ist aber für das vorliegende Verfahren lediglich zu folgern, dass der Kläger mit seinem Begehren, den Flüchtlingsstatus zu erlangen, nicht durchdringen kann. Es verbleibt demnach bei der Ablehnung des Asylantrages.
33 4. Das Gericht weist zur Klarstellung darauf hin, dass dieses Urteil auf die vom Bundesamt ausgesprochene Zuerkennung subsidiären Schutzes keine Auswirkungen hat, da diese nicht Streitgegenstand des Verfahrens ist. [...]