OVG Thüringen

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Zitieren als:
OVG Thüringen, Beschluss vom 06.06.2019 - ZKO 250/16 - asyl.net: M27386
https://www.asyl.net/rsdb/M27386
Leitsatz:

Anwendung des Art. 33 der Verfahrensrichtlinie auf vor dem 20.07.2015 in Deutschland gestellte Asylanträge:

"Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 19.03.2019 (Az. C-297/17) geklärt, dass es dem nationalen Gesetzgeber gestattet war, auch auf vor dem 20.07.2015 gestellte Asylanträge und Wiederaufnahmegesuche die Regelung des Art. 33 der Verfahrensrichtlinie - also die Unzulässigkeit eines Antrages auf Flüchtlingsschutz bei zuvor in einem anderen Mitgliedstaat gewährten subsidiären Schutzes - anzuwenden, es sei denn, diese sind vor dem Inkrafttreten der Verfahrensrichtlinie am 19.07.2013 gestellt worden und unterfallen nicht dem Anwendungsbereich der Dublin-II-Verordnung."

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: subsidiärer Schutz, internationaler Schutz in EU-Staat, Unzulässigkeit, Zulässigkeit, Asylverfahrensrichtlinie,
Normen: AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1, RL 2013/32 Art. 33, RL 2013/32 Art. 52 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

Der Kläger wirft mit seinem Zulassungsantrag die Frage der Auslegung des Art. 52 Abs. 1 der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) auf. Er meint anders als das Verwaltungsgericht, dass die Richtlinie so zu verstehen sei, dass die vor dem in dieser Richtlinienbestimmung genannten Zeitpunkt des 20.07.2015 gestellten Anträge nach dem zuvor geltenden Recht zu beurteilen seien und danach sein gegenüber den in Italien gewährten Schutzstatus weitergehendes Flüchtlingsschutzbegehren zulässig sei. Er beruft sich dabei auf einen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.10.2015 (Az. 1 B 41.15), den er in Divergenz zu der Entscheidung des Verwaltungsgerichts sieht.

Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch in der Folge die Frage der Auslegung des Art. 52 Abs. 1 der Verfahrensrichtlinie in Fällen der vorliegenden Art dem Europäischen Gerichtshof mit Beschluss vom 01.06.2017 (Az. 1 C 22/16) vorgelegt. Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 19.03.2019 (Az. C 297/17) nunmehr die Vorlagenfrage in dem Sinne beantwortet, dass es dem nationalen Gesetzgeber durchaus gestattet war, auch auf vor dem 20.07.2015 gestellte Asylanträge und Wiederaufnahmegesuche die Regelung des Art. 33 der Verfahrensrichtlinie - also die Unzulässigkeit eines Antrages auf Flüchtlingsschutz bei zuvor in einem anderen Mitgliedstaat gewährten subsidiären Schutzes - anzuwenden (es sei denn, diese sind vor dem Inkrafttreten der Verfahrensrichtlinie am 19.07.2013 gestellt worden und unterfallen nicht dem Anwendungsbereich der Dublin-II-Verordnung). Ausgehend von dieser vorrangigen europarechtlichen Klärung der Rechtsfrage ist es auch im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, dass der am 05.06.2014 gestellte Asylantrag des Klägers nach der die Verfahrensrichtlinie umsetzende und am 01.12.2013 in Kraft getretenen deutschen Rechtslage abgelehnt wurde. Anhaltspunkte, dass dies im vorliegenden Fall anders zu beurteilen sein könnte, hat weder der Kläger geltend gemacht, noch ist dies ersichtlich. [...]