OVG Berlin-Brandenburg

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Zitieren als:
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 09.05.2019 - 3 S 28.19 - asyl.net: M27391
https://www.asyl.net/rsdb/M27391
Leitsatz:

Unzumutbarkeit des Lebens der familiären Gemeinschaft im Ausland:

1. Ein deutsches Kind, das kurz vor der Einschulung steht, kann nicht pauschal darauf verwiesen werden, die familiäre Lebensgemeinschaft mit seinen Eltern und Geschwistern im Ausland fortzusetzen und Kenntnisse der deutschen Sprache und Lebensverhältnisse durch die Eltern im Ausland zu erhalten.

2. Es bedarf einer sorgfältigen Prüfung und Abwägung der Interessen, ob der Verbleib im Bundesgebiet die einzig zumutbare Alternative ist.

3. Ist dies der Fall oder bedarf diese Frage weiterer Aufklärung, besteht ein vorläufiger Duldungsanpruch auch für die erwachsene nicht verwandte Person, die mit diesem Kind in familiärer Gemeinschaft lebt.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Duldung, Eltern-Kind-Verhältnis, deutsches Kind, Zumutbarkeit, familiäre Lebensgemeinschaft, rechtliche Unmöglichkeit,
Normen: AufenthG § 60 a Abs. 2,
Auszüge:

[...]

Es ist zwar grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass ein deutsches Kind die familiäre Lebensgemeinschaft mit den übrigen ausländischen Familienmitgliedern in deren Herkunftsland fortführt. Ausländerbehörden und Gerichte haben jedoch insoweit festzustellen, ob besondere Umstände bestehen, die einen Verbleib des Kindes im Bundesgebiet als einzige dem Kind zumutbare Alternative erscheinen lassen (BVerwG, Urteil vom 30. Juli 2013 - 1 C 15.12 - juris Rn. 19). Vor diesem Hintergrund reicht hier es nicht aus, dass das Verwaltungsgericht die Kindesmutter in Bezug auf das deutsche Kind ..., dessen Einschulung der Beschwerde zufolge bevorsteht, pauschal und ohne weitere Aufklärung darauf verweist, für den Erhalt, den Ausbau bzw. die Festigung deutscher Sprachkenntnisse sowie die Kenntnisvermittlung von deutschen Lebensverhältnissen in Nigeria zu sorgen. [...]