Abschiebungsverbot für alleinstehende Venezolanerin mit PTBS:
Für eine alleinstehende Frau aus Venezuela, die keine familiäre Unterstützung mehr im Land hat und an PTBS erkrankt ist, besteht ein Abschiebungsverbot gem. 60 Abs. 5 AufenthG. Denn aufgrund der schlechten Sicherheits- und Versorgungssituation durch die Wirtschaftskrise in Venezuela kann sie dort das Existenzminimum nicht erwirtschaften.
(Leitsätze der Redaktion)
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Hiervon ausgehend ergibt sich unter Berücksichtigung der landesweiten Lebensverhältnisse in Venezuela und ihrem Heimatort ..., Isla de Margarita, dass unter Berücksichtigung der persönlichen Situation der Klägerin ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK im Hinblick auf Venezuela vorliegt.
Geprägt wird das Leben der Menschen in Venezuela und im Abschiebezielort von einer schwierigen wirtschaftlichen Situation und Versorgungslage, außerdem von prekären humanitären Gegebenheiten, sowie von einer hohen Kriminalitätsrate und einer damit einhergehenden schlechten Sicherheitslage. Es kann im Einzelfall problematisch sein, das Existenzminimum zu sichern. Venezuela leidet an einer dramatischen wirtschaftlichen und humanitären Krise. [...]
Die medizinische Versorgung ist selbst in Großstädten oftmals nicht gewährleistet. In vielen öffentlichen Krankenhäusern sind die hygienischen Verhältnisse prekär. [...]
Auch die Sicherheitslage in Venezuela ist prekär. Gewalttätige Ausschreitungen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten sind jederzeit möglich. Es besteht eine verbreitete, hohe Gewaltkriminalität. Entführungen zur Erpressung von Geldzahlungen, Überfälle mit Waffengewalt sowie Straßenkriminalität haben zugenommen und sind weit verbreitet. [...]
Dies vorangestellt, geht das Gericht vorliegend aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles davon aus, dass die alleinstehende Klägerin bei einer Rückkehr nach Venezuela aufgrund der dortigen Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Diese schlechten humanitären und wirtschaftlichen Bedingungen begründen zwar für sich genommen ohne Weiteres noch kein Abschiebungsverbot nach Venezuela, jedoch vorliegend unter Berücksichtigung der individuellen gefahrerhöhenden und glaubhaften Umstände der Klägerin. Das Gericht ist im Ergebnis der persönlichen Anhörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass sie zu einem besonders hilfsbedürftigen Teil der venezolanischen Bevölkerung zählt, deren Existenzminimum derzeit gefährdet wäre. Die geschiedene Klägerin ist alleinstehend und kann im Fall ihrer Rückkehr nicht mit familiärer Unterstützung rechnen. Ihre drei erwachsenen Kinder haben Venezuela mittlerweile verlassen; ebenso wie sich die Geschwister der Klägerin mit ihren Familien nicht mehr in Venezuela aufhalten. [...]
Erschwerend kommt hinzu, dass die Klägerin unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung leidet, nachdem sie im Asylheim in der Bundesrepublik Deutschland Zeugin eines Totschlags/Mordes einer ... geworden ist. [...]