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VG Saarland

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Zitieren als:
VG Saarland, Urteil vom 31.07.2019 - 6 K 313/18 - asyl.net: M27599
https://www.asyl.net/rsdb/M27599
Leitsatz:

Keine Flüchtlingsanerkennung bei Mitarbeit in Jugendorganisation der kurdischen Partei HDP in der Türkei:

1. Ein politisches Engagement für die Jugendorgansiation der HDP, welches die Organisation von Meetings, das Vorbereiten von Reden, die Ankündigung und den Besuch von Veranstaltungen der HDP sowie die Vorbereitung und Organisation von Auftritten von Abgeordneten der HDP umfasst, führt nicht zu landesweiter politischer Verfolgung.

2. Kurdische Wehrdienstleistende werden in der Türkei nicht systematisch menschenrechtswidrig behandelt.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Türkei, Kurden, HDP, Militärdienst, Halkların Demokratik Partisi,
Normen: AsylG § 3
Auszüge:

[...]

Die Angaben des Klägers zu seinen angeblichen Betätigungen für die Jugendorganisation der HDP haben sich letztlich auf die bloße Behauptung beschränkt, zusammen mit Freunden Meetings der Jugendgruppe der HDP organisiert und Reden vorbereitet zu haben, ähnliche Veranstaltungen der HDP besucht, diese vorangekündigt und hierzu Plakate aufgehängt sowie Auftritte von Abgeordneten der HDP in ihrer Gegend vorbereitet und organisiert zu haben. Ein derart niedrigschwelliges Engagement für die Jugendorganisation der HDP reicht für sich genommen aber für die Annahme einer begründeten Verfolgungsfurcht im Verständnis von § 3 Abs. 1 AsylG nicht aus. [...]

Auch wenn danach nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch rangniedrige HDP-Mitglieder in den Fokus der Sicherheitsbehörden geraten können, da deren Vorgehen gegen HDP-Mitglieder von Willkür gekennzeichnet ist, ist eine solche Annahme im Fall des Klägers gleichwohl fernliegend. Zwar hat der Kläger, der selbst allerdings kein Mitglied der HDP gewesen sein will, behauptet, einmal Mitte Januar 2017 festgenommen worden zu sein. Weitergehenden Maßnahmen von Seiten der türkischen Sicherheitskräfte war der Kläger, der seinem eigenen Vorbringen zufolge nach einer Stunde wieder freigelassen worden ist, bis zu seiner Ausreise im Juli 2017 indes nicht ausgesetzt, so dass davon auszugehen ist, dass der von ihm geschilderte Vorfall letztlich für ihn folgenlos geblieben ist. [...]

Der vorzitierten Rechtsprechung entspricht es auch, dass es Kurden in den westlichen Teilen der Türkei, insbesondere in den dortigen Großstädten, bei generalisierender Betrachtungsweise grundsätzlich möglich ist, eine zumutbare Existenzgrundlage zu finden. Auch bei dieser Einschätzung verbleibt es. Eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage derart, dass nunmehr die Lebensbedingungen in den westlichen Landesteilen für Zuwanderer aus den Kurdengebieten generell unzumutbar schlecht wären, ist nicht feststellbar und wurde von dem Kläger auch nicht behauptet.

Eine flüchtlingsrelevante Verfolgung nach § 3 Abs. 1 AsylG droht dem Kläger in der Türkei auch nicht mit Blick auf eine künftigen Heranziehung zum Militärdienst oder wegen einer etwaigen Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung. [...]

Eine menschenrechtswidrige Behandlung kurdischstämmiger Wehrdienstleistender ist nach den der Kammer zur Verfügung stehenden Erkenntnissen nicht feststellbar. Zwar setzen die türkischen Streitkräfte Wehrpflichtige gezielt in anderen Landesteilen als ihrer Herkunftsregion ein. Nach kurdischen Angaben würden kurdischstämmige Rekruten auch gezielt in den Konfliktgebieten im Südosten der Türkei eingesetzt, um den Alleinvertretungsanspruch der PKK für Kurden zu diskreditieren. Für eine systematische Diskriminierung kurdischer Volkszugehöriger in der türkischen Armee fehlten aber Anhaltspunkte (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen der Republik Österreich, Länderinformationsblatt Türkei, vom 18.10.2018, S. 42 f.; ferner VG Augsburg, Urteil vom 12.03.2019, Au 6 K 17.33883, a.a.O.). [...]