VG Münster

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Zitieren als:
VG Münster, Urteil vom 26.04.2019 - 7 K 1838/17.A - asyl.net: M27687
https://www.asyl.net/rsdb/M27687
Leitsatz:

Abschiebungsverbot hinsichtlich Angola wegen fehlender Existenzgrundlage:

Abschiebungsverbot für eine junge Angolanerin, die als Minderjährige ausgereist ist, weil ihre Tante sie nach dem Tod ihres Vaters an einen pädophilen Mann "verkaufen" wollte. Da sie mittlerweile erwachsen ist, droht ihr diese Gefahr nicht mehr, jedoch könnte sie als junge Frau ohne Berufsausbildung und Familienangehörige ihren Lebensunterhalt nicht verdienen und wäre ausbeuterischen Beschäftigungs- oder Beziehungsverhältnissen ausgeliefert.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Angola, Frauen, alleinstehende Frauen, Existenzgrundlage, Abschiebungsverbot, Existenzminimum,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 5,
Auszüge:

[...]

Aufgrund des jahrzehntelangen Bürgerkrieges in Angola ist dort die Versorgungslage mit Nahrungsmitteln als kritisch zu bezeichnen. Über die Hälfte der angolanischen Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Luanda selbst ist zwar eine boomende Wirtschaftsmetropole, in der man weithin alle Lebensmittel erhalten kann, allerdings handelt es sich hierbei um eine der teuersten Städte der Welt. Große Teile der Bevölkerung haben bisher von dem enormen Wirtschaftswachstum Angolas nicht profitiert; Angola gehört nach wie vor zu den ärmsten Ländern der Welt. Insbesondere, wenn keine familiären Rückhalte bestehen, die zumindest für den Beginn Unterstützung gewähren, ist ein "Fußfassen" zum Teil äußerst schwierig, wenn nicht sogar ausgeschlossen (abhängig von den persönlichen Fähigkeiten/Verhältnissen) (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Angola vom 26. Juni 2007, S. 15; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Wiesbaden vom 22. September 2009, S. 1 f.; aus der Rechtsprechung: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 17. April 2013 - 7a K 4137/10.A -, juris Rn. 22 ff.; VG Arnsberg, Urteile vom 19. März 2014 - 2 K 1111/12.A -, juris Rn. 34 ff. m.w.N.; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Februar 2014 - 1 A 1139/13.A -, juris Rn. 65 ff.).

Die Klägerin kann nicht aus eigener Anstrengung das für das Überleben unbedingt erforderlich Mindestmaß an Versorgungsgütern bereitstellen. Sie hat weder in Angola noch in Deutschland eine berufliche Ausbildung absolviert und könnte daher allenfalls einfachste Arbeiten ausführen. Indes zeigt auch die Tatsache, dass die Klägerin nach ihrem glaubhaften Vorbringen für ihre Ausreise lediglich 1.000,- Kwanzas (dies entspricht nach damaligem Umrechnungskurs ca. 7-8 Euro, nach heutigem Kurs ca. 2-3 Euro) durch Arbeit beisteuern konnte, dass sie keine Möglichkeit hat, das eigene Existenzminimum zu sichern. Als junge alleinstehende Frau ist sie zudem in besonderem Maße ausbeuterischen Beschäftigungs- oder Beziehungsverhältnissen ausgeliefert. [...]