SG Oldenburg

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Zitieren als:
SG Oldenburg, Beschluss vom 05.07.2019 - S 25 AY 15/19 ER - asyl.net: M27752
https://www.asyl.net/rsdb/M27752
Leitsatz:

Anspruch auf angepasste höhere Regelbedarfe nach dem AsylbLG:

Die Leistungserhöhung nach § 3 Abs. 4 AsylbLG (a.F.) ist unmittelbar von der Leistungsbehörde vorzunehmen. Eine Veröffentlichung der neuen Leistungssätze durch das BMAS muss nicht abgewartet werden.

(Leitsätze der Redaktion, vgl. SG Düsseldorf, Beschluss vom 15.07.2019 - S 22 AY 23/19 ER - asyl.net: M27467, unter Bezugnahme auf LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23.05.2019 - L 8 AY 49/18 - asyl.net: M27347, gleichlautend auch: M27468, ähnlich: M27390)

Schlagwörter: Asylbewerberleistungsgesetz, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Sozialrecht, Sozialleistungen, Erhöhung, Inflationsanpassung, Teuerungsausgleich,
Normen: AsylbLG § 3 Abs. 4,
Auszüge:

[...]

Zwar bestimmt § 3 Abs. 4 Satz 3 AsylbLG, dass das BMAS jeweils spätestens bis zum 1. November eines Kalenderjahres die Höhe der Bedarfe, die für das folgende Kalenderjahr maßgebend sind, im Bundesgesetzblatt bekannt gibt. Dies hat das BMAS für die Jahre 2017, 2018 und 2019 unterlassen. Daraus folgt jedoch nicht, dass keine Leistungserhöhung zu erfolgen hat. Denn die Bekanntgabe selbst hat keine rechtsgestaltende Wirkung (Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014).

Auch soweit der Antragsgegner die Besorgnis einer bundesweit uneinheitlichen Leistungshöhe bei Leistungsanpassung durch die einzelnen Leistungsträger ohne entsprechende Bekanntmachung der Leistungssätze durch das BMAS vorträgt, kann das Gericht diesem Einwand nicht folgen. Denn es gelten bundeseinheitlich dieselben Sätze und Veränderungsraten. Die Leistungssätze haben sich entsprechend der Veränderungsrate nach § 28a XII mit der Verordnung nach § 40 Satz 1 Nr. 1 SGB XII zu erhöhen. Die Rundungsvorschrift ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 3 Abs. 4 Satz 2 AsylbLG).

Auch soweit der Gesetzgeber entsprechend seinem eigenen in § 3 Abs. 5 AsylbLG vorgesehenen gesetzgeberischem Programm die Leistungssätze nach Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe - EVS - 2013 nicht - wie im SGB II und SGB XII zu 2017 geschehen - neu festgesetzt hat, ergibt sich hieraus nichts Anderes. Solange der Gesetzgeber seiner Pflicht zur Ermittlung neuer Bedarfssätze nicht nachkommt, verbleibt es bei der Regelung des § 3 Abs. 4 AsylbLG. Nur durch eine solche Auslegung wird eine offensichtlich verfassungswidrige Unterdeckung des Bedarfs vermieden (vgl. hierzu im Einzelnen: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in seinem Urteil vom 23. Mai 2019 - L 8 AY 49/18 -). Zwar wäre eine Neufestsetzung der Bedarfssätze durch den Gesetzgeber grundsätzlich vorrangig anzuwenden (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in seinem Urteil vom 23. Mai 2019 - L 8 AY 49/18 -). Jedoch ist die Anwendung der (auch) gesetzlich normierten Fortschreibungsregelung so lange nicht versperrt, solange der Gesetzgeber seiner Aufgabe nach § 3 Abs. 5 AsylbLG nicht nachkommt. [...]