VGH Baden-Württemberg

Merkliste
Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.09.2019 - 11 S 1026/19 - asyl.net: M27774
https://www.asyl.net/rsdb/M27774
Leitsatz:

Zur Zumutbarkeit von Mitwirkungshandlungen bei der Passbeschaffung:

"Einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer ist es grundsätzlich zumutbar, Mitwirkungshandlungen zur Beseitigung eines Ausreisehindernisses im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG zu erbringen, wenn diese nicht offensichtlich aussichtslos sind.

Ist unklar, ob eine vom Ausländer bislang unterlassene Mitwirkungshandlung zur Beseitigung eines Ausreisehindernisses Erfolg haben kann, ist sie nicht von vornherein erkennbar aussichtslos und damit nicht unzumutbar.

In diesem Fall muss über die Frage der Aussichtslosigkeit der Mitwirkungshandlung weder von der Ausländerbehörde noch vom Verwaltungsgericht Beweis erhoben werden."

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Mitwirkungspflicht, Passbeschaffung, Nordkorea, Südkorea, Republik Korea, Volksrepublik Korea, Zumutbarkeit,
Normen: AufenthG § 25 Abs. 5 S. 4
Auszüge:

[...]

Dem ausreise-pflichtigen Ausländer obliegt es allerdings auch dann, alles in seiner Kraft Stehende und ihm Zumutbare dazu beizutragen, damit etwaige Ausreisehindernisse überwunden werden, wenn die Erfolgsaussichten einer bestimmten Mitwirkungshandlung unklar sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 03.02.2016 - 1 B 79.15 -, juris Rn. 6). Nur offensichtlich aussichtslose Versuche muss der Ausländer nicht unternehmen, wohl aber Versuche, deren Erfolgsaussichten offen sind. Bei unklaren Erfolgsaussichten ist eine Mitwirkungshandlung aber nicht erkennbar aussichtslos, so dass der Ausländer von ihr nicht befreit ist. Ist demnach unklar, ob eine vom Ausländer bislang unterlassene Mitwirkungshandlung zur Beseitigung eines Ausreisehindernisses Erfolg haben kann, ist sie nicht von vornherein erkennbar aussichtslos und damit nicht unzumutbar im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG. [...]

Für ihm günstige und ausschließlich seinem Einflussbereich unterliegende Tatsachen ist aber auch in Bezug auf die Unmöglichkeit der Passbeschaffung der Ausländer darlegungs- und beweispflichtig. Ihn trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er die erforderlichen und zumutbaren Anstrengungen, ein Heimreisedokument zu erhalten, unternommen hat (dazu OVG B.-Bbg., Urteil vom 21.02.2017 - OVG 3 B 14.16 -, juris Rn. 21; OVG NRW, Beschlüsse vom 21.08.2014 - 18 A 1668/12 -, juris Rn. 14, und vom 10.01.2008 - 18 E 359/07 -, juris Rn. 18). [...]

Ob die Mitwirkungshandlung tatsächlich aussichtslos war, was die Klägerin der Sache nach unter Beweis gestellt hat, war für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich. Denn da die Aussichtslosigkeit nicht offensichtlich ist, ist die Klägerin von der Mitwirkungshandlung nicht befreit. Fehlt es an der Offensichtlichkeit, muss über die Frage der Aussichtslosigkeit der Mitwirkungshandlung weder von der Ausländerbehörde noch vom Verwaltungsgericht Beweis erhoben werden, weil Mitwirkungshandlungen, die nicht offensichtlich aussichtslos sind, zumutbar und daher vom Ausländer zu unternehmen sind. [...]