LG Hamburg

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Zitieren als:
LG Hamburg, Beschluss vom 10.01.2020 - 329 T 71/18 - asyl.net: M27995
https://www.asyl.net/rsdb/M27995
Leitsatz:

Rechtswidrige Abschiebungshaft bei Duldung wegen Strafverfahren:

1. § 60a Abs. 2 S. 2 AufenthG regelt die Aussetzung der Abschiebung bei Zeug*innen von Verbrechen, die für ein Strafverfahren benötigt werden.

2. Erfüllt eine Person die Voraussetzungen des § 60a Abs. 2 S. 2 AufenthG, so darf sie nicht abgeschoben werden, und eine Sicherungshaft erweist sich als rechtswidrig. Dies gilt unabhängig davon, ob der betroffenen Person schon eine entsprechende Duldungsbescheinigung ausgestellt wurde.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Duldung, Duldungsanspruch, Zeugen, Straftat, Duldungsbescheinigung,
Normen: AufenthG § 60a Abs. 2 S. 2, AufenthG § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5,
Auszüge:

[...]

Die Beschwerde gegen die Anordnung der Sicherungshaft ist gem. § 106 Abs. 2 AufenthG, §§ 58, 59, 62, 63 FamFG zulässig und auch begründet.

Die Anordnung der Sicherungshaft war rechtswidrig und hat die Betroffene in ihren Rechten verletzt.

Der Betroffenen war - bereits zur Zeit des Haftantrags und der Entscheidung des Amtsgerichts - eine Duldung gemäß § 60a Abs. 2 S. 2 AufenthG zu erteilen. Sie durfte daher nicht abgeschoben werden, so dass auch keine Abschiebungshaft in Betracht kam. Die Betroffene hatte am 16.08.2018 eine Straftat i.S. der genannten Vorschrift, deren Opfer sie geworden sei, angezeigt und war hierzu durch das LKA vernommen worden.

Im Anschluss an die Vernehmung war sie ausweislich der Akte des LKA in den Zeugenwarteraum begleitet worden, "wo sie aufgrund von weiteren polizeilichen Maßnahmen in anderer Sache verweilen musste." Am Folgetag wurde dann der Haftantrag gestellt. Zu dieser Zeit lagen die Voraussetzungen für die Erteilung der Duldung somit bereits vor. [...]