OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.01.2020 - 19 A 4368/18.A - asyl.net: M27998
https://www.asyl.net/rsdb/M27998
Leitsatz:

Verletzung der Sachaufklärungspflicht erfordert regelmäßig einen in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag:

Das Verwaltungsgericht verletzt durch die Nichteinholung eines Gutachtens (zum Vorliegen einer Posttraumatischen Belastungsstörung) seine Sachaufklärungspflicht nicht, wenn die Klägerseite nicht ausdrücklich einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Asylverfahren, Verwaltungsgericht, Beweisrecht, Sachaufklärungspflicht, Gutachten, rechtliches Gehör, Berufungszulassungsantrag,
Normen: AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 3, VwGO § 138
Auszüge:

[...]

Eine unterbliebene, allerdings gebotene Sachverhaltsaufklärung kann zwar im Einzelfall einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör darstellen. Eine solche Gehörsrüge (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO) kann der Kläger aber schon deshalb nicht mit Erfolg geltend machen, weil es ihm im gesamten gerichtlichen Verfahren offen gestanden hätte, förmliche Beweisanträge zu stellen, um sich selbst vor Gericht das rechtliche Gehör zu verschaffen (BVerwG, Beschluss vom 13. Januar 2000 - 9 B 2.00 -, Buchholz 310 § 133 (n. F.) VwGO Nr. 53, juris, Rn. 3; OVG NRW, Beschluss vom 17. Mai 2017 - 11 A 682/16.A -, juris, Rn. 15).

Ein entsprechender Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Gesundheitszustand des Klägers wurde ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung nicht gestellt. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine durch einen Rechtsanwalt vertretene Partei in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat. Die nunmehr erhobene Aufklärungsrüge kann nicht dazu dienen, Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter in zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (BVerwG, Urteil vom 20. März 2012 - 5 C 1.11 -, BVerwGE 142, 132, juris, Rn. 25; Beschluss vom 21. Mai 2014 - 6 B 24.14 -, Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 63, juris, Rn. 9; OVG NRW, Beschluss vom 17. Mai 2017 - 11 A 682/16.A -, juris, Rn. 17).

Dass ein Beweisantrag nicht gestellt wurde, wäre nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Ermittlung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen. Die Rüge muss allerdings insoweit schlüssig aufzeigen, dass das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung hätte sehen müssen. Es muss ferner dargelegt werden, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer günstigeren Entscheidung hätte führen können (BVerwG, Beschlüsse vom 14. Januar 2016 - 7 B 19.15 -, juris, Rn. 4, vom 21. Mai 2014 - 6 B 24.14 -, Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 63, juris, Rn. 11; OVG NRW, Beschluss vom 17. Mai 2017 - 11 A 682/16.A -, juris, Rn. 19). [...]