Berücksichtigung tatsächlicher familiärer Bindung bei der landesinternen Verteilung:
"Da die landesinterne Zuweisung (§ 15a Abs. 4 Satz 5 AufenthG) einen Dauerverwaltungsakt beinhaltet, kommt es im Klageverfahren hinsichtlich des für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkts nicht auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung, sondern auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an.
Auf die landesinterne "Verteilung" bzw. "Zuweisung" ist die die Amtsermittlungspflicht einschränkende Regel des § 15a Abs. 1 Satz 6 AufenthG nicht anwendbar."
(Amtliche Leitsätze)
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Da die landesinterne Zuweisung einen Dauerverwaltungsakt beinhaltet, kommt es im Klageverfahren hinsichtlich des für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkts nicht auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung, sondern auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen an (vgl. zu wohnsitzbeschränkenden Auflagen BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2013 - 1 C 7.12 -, juris Rn. 9). Für den vorläufigen Rechtsschutz ist dann auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung des Gerichts abzustellen. § 15a Abs. 1 Satz 6 AufenthG steht nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist bei der Verteilung Rechnung zu tragen, wenn der der Ausländer "vor Veranlassung der Verteilung" nachweist, dass eine Haushaltsgemeinschaft zwischen Ehegatten oder Eltern und ihren minderjährigen Kindern oder sonstige zwingende Gründe bestehen, die der Verteilung an einen bestimmten Ort entgegenstehen. Auf die landesinterne "Verteilung" bzw. "Zuweisung" ist die die Amtsermittlungspflicht einschränkende Regel des § 15a Abs. 1 Satz 6 AufenthG aber nicht anwendbar. § 15a Abs. 1 Satz 6 AufenthG erstreckt sich auf die Entscheidung zur Verteilung der Ausländer auf die Bundesländer. Die bundesrechtliche Regel des § 15a Abs. 4 AufenthG zur landesinternen Verteilung verweist nicht auf § 15a Abs. 1 Satz 6 AufenthG (vgl. § 15a Abs. 4 Satz 9 AufenthG). Anderes folgt nicht aus der obergerichtlichen Rechtsprechung. Der vom Antragsgegner geltend gemachte Beschluss des Oberverwaltungsgerichts NRW vom 22. Juli 2014 - 18 B 695/14 - (juris Rn. 13) erstreckt sich nicht auf die Entscheidung zur landesinternen Verteilung (a. a. O.: "…im Rahmen ihrer öffentlichen Interessen dienenden Verteilung auf die Länder…"). [...]
Im Übrigen ergeben sich aus der dem Antragsgegner übersandten Niederschrift der Ausländerbehörde ... über die Anhörung des Antragstellers vom 14. August 2019 hinreichende Umstände des Kindeswohls, die bereits vor dem Zuweisungsbescheid vom 2. September 2019 für eine Zuweisung des Antragstellers nach ... sprachen. Der Antragsteller hat - entgegen der Antragserwiderung - nicht allein mitgeteilt, in Deutschland arbeiten zu wollen. Aus der Niederschrift ist erkennbar, dass der Antragsteller, der in ... wohnte, bereits damals intensiven Kontakt mit seinem damals vier Monate alten Sohn pflegte. Dass dies keine schutzwürdigen Bindungen beinhaltet, wie der Antragsgegner meint, ist nicht ersichtlich (vgl. für den Fall einer fehlenden Hausgemeinschaft auch OVG NRW, Beschluss vom 22. Juli 2014 - 18 B 695/14 -, juris Rn. 13). Bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen, die den Umgang mit einem Kind berühren, ist maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen. Dementsprechend ist im Einzelfall zu würdigen, in welcher Form die Elternverantwortung ausgeübt wird und welche Folgen eine endgültige oder vorübergehende Trennung für die gelebte Eltern-Kind-Beziehung und das Kindeswohl hätte. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass der persönliche Kontakt des Kindes zu seinen Eltern und der damit verbundene Aufbau und die Kontinuität emotionaler Bindungen zu Vater und Mutter in der Regel der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes dienen. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass der spezifische Erziehungsbeitrag des Vaters nicht durch die Betreuung des Kindes durch die Mutter entbehrlich wird. Ein hohes Gewicht haben die Folgen einer vorübergehenden Trennung insbesondere, wenn ein noch sehr kleines Kind betroffen ist, das den nur vorübergehenden Charakter einer räumlichen Trennung möglicherweise nicht begreifen kann und diese rasch als endgültigen Verlust erfährt (vgl. zu Letzterem BVerfG, Beschlüsse vom 5. Juni 2013 - 2 BvR 586/13 -, juris Rn. 14, vom 1. Dezember 2008 - 2 BvR 1830/08 -, juris Rn. 25 ff., und vom 23. Januar 2006 - 2 BvR 1935/05 -, juris Rn. 17 und 22). [...]
Dass der Antragsteller das Vaterschaftsanerkenntnis infolge der Weigerung des Jugendamts nicht beurkunden lassen konnte, steht der Billigkeitsentscheidung nicht entgegen. Zum einen bildet auch der allein biologische Vater mit seinem Kind eine von Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Familie, wenn - wie zwischen dem Antragsteller und seinem Sohn - eine sozial-familiäre Beziehung besteht (BVerfG, Beschluss vom 9. April 2003 - 1 BvR 1493/96 -, juris Rn. 90). Zum anderen liegt die damalige wohl rechtswidrige Weigerung des Jugendamts, die Beurkundung vorzunehmen (§ 1597a Abs. 2 Satz 1 BGB; vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 6/10 -, juris Rn. 107 - 109), nicht in seiner Sphäre. Im Übrigen gab es keine hinreichenden Gründe für eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung. Der Antragsteller hatte sich insbesondere bereit erklärt, seine biologische Vaterschaft prüfen zu lassen. [....]