OVG Berlin-Brandenburg

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Zitieren als:
OVG Berlin-Brandenburg, vom 09.01.2020 - 6 S 72.19, 6 M 71.19 - asyl.net: M28111
https://www.asyl.net/rsdb/M28111
Leitsatz:

Kein Anspruch auf BaföG wegen Studiengangswechsel:

"Hinsichtlich der Fortführung eines Studiums im Sinne des § 7 Abs. 3 BAföG kann Anknüpfungspunkt sowohl die Ausbildung selbst als auch die angestrebte berufliche Betätigung sein."

(Amtlicher Leitsatz, anders noch VG Potsdam, Beschluss vom 25.07.2019 - 7 L 339/19 - asyl.net: M27512)

Schlagwörter: Ausbildungsförderung, BAFöG, Studium, Studienabbruch, Fachrichtungswechsel, Flucht, einstweilige Anordnung,
Normen: BAföG § 7 Abs. 3,
Auszüge:

[...]

5 Der von der Antragstellerin vorgenommene Fachrichtungswechsel vom Fach Rechtswissenschaft zum Lehramtsstudium ist gemäß § 7 Abs. 3 BAföG, da er nach dem Ende des vierten Fachsemesters erfolgt ist, nur dann förderungsunschädlich, wenn er aus unabweisbarem Grund vorgenommen wurde. Das kann hier nicht angenommen werden. Zur Begründung wird auf die Ausführungen des Verwaltungsrechts im angefochtenen Beschluss verwiesen, die im Wesentlichen der Begründung des Senatsbeschlusses vom 25. Oktober 2019 - OVG 6 S 49.19 - entsprechen. Das gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein maßgebliche Vorbringen im Beschwerdeverfahren rechtfertigt keine andere Entscheidung.

6 Ohne Erfolg wendet die Beschwerde ein, der Antragstellerin sei die Fortführung ihrer im Ausland begonnenen Ausbildung im Inland nicht möglich, weil das Studium des syrischen Rechts nicht in Deutschland angeboten werde und der (lediglich entfernt vergleichbare) deutsche Studiengang Rechtswissenschaft mit dem ersten Fachsemester begonnen werden müsste, von einer "Fortführung" des Studiums könne nur gesprochen werden, wenn an eine bereits erbrachte, anrechenbare Studienleistung angeknüpft werden könne.

7 Dieses Vorbringen verkennt, dass zwischen der Frage, ob die Fortführung eines im Ausland begonnenen Studiums im Inland möglich ist, und der Frage der Anrechenbarkeit von im Ausland erbrachten Studienleistungen zu differenzieren ist.

8 Hinsichtlich der Fortführung eines Studiums kann Anknüpfungspunkt sowohl die Ausbildung selbst als auch die angestrebte berufliche Betätigung sein (Steinweg, in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 6. Auflage 2016, § 7 Rn. 162). Die von der Klägerin angestrebte berufliche Betätigung als Rechtsanwältin ist ihr ohne weiteres auch im Inland möglich. Ob von ihr in Syrien erbrachte Studienleistungen auf ein Studium der Rechtswissenschaft in Deutschland anrechenbar sind, kommt es dagegen nicht entscheidungserheblich an. Insoweit hat schon das Verwaltungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats ausgeführt, dass von der Anrechenbarkeit der Studienleistungen abhängt, für welche Dauer der Antragstellerin Ausbildungsförderungsleistungen zustehen und welcher Art (Darlehen oder Zuschuss) diese sind. Für die Frage eines unabweisbaren Grundes für den vorgenommenen Fachrichtungswechsel ist dies dagegen grundsätzlich ohne Bedeutung.

9 Der weitere Einwand, die Antragstellerin wäre sprachlich nicht in der Lage ein Studium der Rechtswissenschaft zu bewältigen, lässt die Möglichkeit des Besuchs studienvorbereitender Vorkurse außer Acht, die gegebenenfalls ebenfalls förderfähig sind (vgl. die AföG-VorkHSV). Im Übrigen gilt die Sprachbarriere für jeden deutschen Studiengang. Dass die sprachlichen Anforderungen in unterschiedlichen Studiengängen unterschiedlich ausgeprägt sein mögen, ist überdies kein nach den gesetzlichen Vorgaben entscheidungserhebliches Kriterium.

10 Der Einwand, durch ein Studium der Rechtswissenschaft würde sich die Förderungsdauer gegenüber einem Lehramtsstudium verlängern, ist unerheblich, weil § 7 Abs. 3 BAföG für das Vorliegen eines unabweisbaren Grundes hierauf nicht abstellt. [...]