VG Münster

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Zitieren als:
VG Münster, Urteil vom 04.03.2020 - 2 K 2644/19.A - asyl.net: M28225
https://www.asyl.net/rsdb/M28225
Leitsatz:

Anerkannten droht in Griechenland die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung:

Anerkannten Schutzberechtigten droht in Griechenland aufgrund der allgemeinen Lebensbedingungen die konkrete Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung, insbesondere wenn es sich um besonders Schutzbedürftige wie eine Familie mit Kleinkindern und therapiebedürftigen Erkrankungen (hier Lymphdrüsenkrebs) handelt.

(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: Griechenland, Drittstaatenregelung, internationaler Schutz in EU-Staat, Kind, Krankheit, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, Lebensbedingungen, besonders schutzbedürftig, Zweitantrag, ausländische Anerkennung,
Normen: EMRK Art. 3, GR-Charta Art. 4
Auszüge:

[...]

Nach einer Gesamtwürdigung der aktuellen Erkenntnislage zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 S. 1 AsylG) ergibt sich, dass aufgrund der allgemeinen Lebensbedingungen von anerkannten Schutzberechtigten in Griechenland für die Kläger die konkrete Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK besteht. [...]

Zu den in Griechenland herrschenden Lebensbedingungen von anerkannten Schutzberechtigten hat das Verwaltungsgericht Bremen in seinem Urteil vom 19. Juni 2019 unter umfassender Auswertung aktueller Erkenntnisse entschieden, dass den rückkehrenden Flüchtlingen in Griechenland nicht die elementarsten existenziellen Lebensbedingungen zur Verfügung stehen. Diesen Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht an, die auch durch Erkenntnisse jüngeren Datums nicht in Frage gestellt werden.

Vorliegend gehören die Kläger bestehend aus einer Familie mit drei Kindern im Alter zwischen drei und sechs Jahren zum schutzbedürftigen Personenkreis. Hinzu kommt die schwerwiegende Erkrankung die Klägerin zu 2. Ausweislich der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung der Gemeinschaftspraxis für Hämatologie und Onkologie ... vom ... 2020 wurde bei der Klägerin zu 2. ein Morbus Hodgkin (Stadium IIAE) aus mediastinalen Lymphomen mit begleitender Lungeninfiltration diagnostiziert. Es besteht eine dringende, nicht aufschiebbare Therapieindikation und eine lebensbedrohliche Erkrankung. [...]

Liegen die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG damit nicht vor, so ist auch die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen (Ziffer 2 des Bescheides) nebst Abschiebungsandrohung (Ziffer 3 des Bescheides) aufzuheben. Denn beide Entscheidungen sind jedenfalls verfrüht ergangen.