VG Köln

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Zitieren als:
VG Köln, Urteil vom 14.02.2019 - 13 K 6212/17.A - asyl.net: M28388
https://www.asyl.net/rsdb/M28388
Leitsatz:

Flüchtlingsanerkennung eines tadschikischen Staatsangehörigen wegen Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Salafisten und exilpolitischen Aktivitäten für die Opposition.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Tadschikistan, Islamisten, Salafisten, religiöse Verfolgung, Flüchtlingsanerkennung, Gruppe 24, Exilpolitik,
Normen: AsylG § 3
Auszüge:

[...]

Die Angaben des Klägers decken sich zudem mit der aktuellen Auskunftslage zu Tadschikistan, der zu Folge Repressionen wegen religiöser Überzeugungen angewandt werden, die primär dazu dienen, präventiv möglichen Gefahren für den Machterhalt entgegenzuwirken. Spürbare staatliche Repressionen gibt es aus Sorge vor Radikalisierung auch gegen Vertreter extremistischen Spielarten des Islam, vor allem gegen Salafisten. Diese unterliegen massiven Einschränkungen und können in Festnahmen und Anklagen auf zweifelhafter Grundlage und Verurteilungen zu teilweise langen Haftstrafen münden (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, Stand: August 2018, S. 6, 7, 8).

Nicht verifizierbaren Medienberichten zufolge wurden Anhänger des Islamischen Staates wegen Schwenkens der IS-Flagge zu langjährigen Haftstrafen verurteilt (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, Stand: August 2018, S. 8).

Da der Kläger zur Überzeugung des Gerichts verdächtigt wurde, zu der Salafisten-Szene zuzugehören und nach der Überzeugung des Gerichts derzeit zu dieser Glaubensgemeinschaft zugehört und sein Glauben als Salafist offen auslebt, muss er im Falle einer Rückkehr nach Tadschikistan mit erneuten Verhören und auch Inhaftierung rechnen. [...]

Da der Kläger zur Überzeugung des Gerichts die oppositionspolitischen Bestrebungen der Vereinigung Gruppe 24 in Deutschland unterstützt hat, droht ihm aufgrund dieser exilpolitischen Aktivitäten ein ernsthafter Schaden in Form von Folter und unmenschlicher Behandlung.

Dies ergibt sich auch aus der aktuellen Auskunftslage, der zufolge die Aktivitäten der Exiloppositionellen und Regierungskritiker durch tadschikische Sicherheitsdienste genau beobachtet werden. Danach müssen exilpolitische aktive Mitglieder der Organisation Gruppe 24 und prominente Kritiker bei Rückkehr nach Tadschikistan mit massiven staatlichen Repressionen rechnen. Die Haftbedingungen in Tadschikistan sind auch als schlecht einzustufen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, Stand: August 2018, S. 8, 11).

Das Eidgenössische Department für auswärtige Angelegenheiten (EDA) qualifizierte die Haftbedingungen in seinen im September 2014 veröffentlichten Reisehinweisen für Tadschikistan mit Gültigkeit zum 27. April 2015 aufgrund überfüllter Zellen, mangelhafter Ernährung und Tuberkulose-Ansteckungsgefahr als prekär.

Auch Folter kommt in Tadschikistan vor. Die "Koalition gegen Folter", eine lokale NRO, hat 2016 57 Fälle dokumentiert, die vermutlich nicht die Gesamtheit aller Fälle erfasst. 2017 kamen weitere Fälle hinzu. Menschenunwürdige Behandlung ereignet sich hierbei vor allem während der Untersuchungshaft (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, Stand August 2018, S. 12). [...]