Anspruch auf Pflichtverteidigung für Analphabet*innen:
Eine sachgerechte Verteidigung im Aufenthaltsstrafrecht erfordert regelmäßig die Kenntnis der Akte der Ausländerbehörde. Auch die Beiziehung einer Sprachmittlung ist hierfür nicht ausreichend, da sich eine Person, die nicht schreiben kann, keine Notizen als Gedächtnisstütze machen kann.
(Leitsätze der Redaktion)
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Der Beschuldigte ist nach eigenem Vortrag Analphabet. Ihm mussten bereits bei seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung und bei der Bestellung einer Zustellungsbevollmächtigten die jeweiligen Dokumente vorgelesen werden. Die Einsicht in die Ausländerakte scheint hier für eine sachgerechte Verteidigung erforderlich. Diese kann der des Lesens und Schreibens nicht mächtige Beschuldigte auch unter Beiziehung eines Dolmetschers nicht ausreichend selbst vornehmen. Zu Notizen für Gedächtnisstützen wäre er dann nicht in der Lage. Deshalb liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung nach § 140 Abs. 2 Var. 4 StPO vor (vgl. OLG Celle Beschluss v. 14.02.1983, 3 Ws 45/83). [...]