Verbrauch des Haftbeschlusses bei Entlassung:
1. Wird eine Person, die auf Grundlage eines gerichtlichen Haftbeschlusses inhaftiert ist, auf Veranlassung der zuständigen Behörde aus der Haft entlassen, so gilt die gerichtliche Anordnung der Haft als verbraucht.
2. Soll die Person erneut inhaftiert werden, so bedarf es einer neuen gerichtlichen Entscheidung nach § 428 FamFG.
3. Eine erneute gerichtliche Entscheidung ist nur dann entbehrlich, wenn die betroffene Person nicht aus der Haft entlassen, sondern lediglich aufgrund einer kurzzeitigen Aussetzung der Vollziehung durch die Behörde unter Auflagen freigelassen wurde. In diesem Fall muss die Behörde ausdrücklich klarstellen, dass es sich nur um eine befristete Aussetzung der Vollziehung handelt und die Freiheitsentziehung nach Ablauf der Frist fortzusetzen ist.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
Der zulässige des Betroffenen ist Antrag begründet. Es ist festzustellen, dass der Antragsteller durch die Ingewahrsamnahme vom 07.09.2018 bis zum Erlass des Haftbeschlusses des Gerichtes vom 10.09.2018 in seinen Rechten verletzt worden ist.
Nach § 428 Abs. 1 FamFG hat die zuständige Verwaltungsbehörde bei jeder Verwaltungsmaßnahme, die eine Freiheitsentziehung darstellt und nicht auf richterlicher Anordnung beruht, die richterliche Entscheidung unverzüglich herbeizuführen. Ist die Freiheitsentziehung nicht bis zum Ablauf des ihr folgenden Tages durch richterliche Entscheidung angeordnet, ist der Betroffene freizulassen. Gemäß § 428 Abs. 2 FamFG ist über die Anfechtung einer Maßnahme der Verwaltungsbehörde nach Absatz 1 Satz 1 im gerichtlichen Verfahren nach den Vorschriften dieses Buches zu entscheiden.
§ 428 Abs. 2 FamFG ordnet die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer behördlichen Freiheitsentziehung entgegen § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO den Richtern der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu (Keidel, FamFG, 2020, § 428 Rn. 7).
Die Ingewahrsamnahme vom 07.09.2018 bis zum Erlass des Haftbeschlusses des Gerichtes vom 10.09.2018 beruhte nicht auf einer richterlichen Entscheidung gemäß § 428 Abs. 1 FamFG.
Der Beschluss des Amtsgerichts Bad Segeberg vom 04.09.2018 hat die Ingewahrsamnahme nicht mehr gerechtfertigt. Durch die Entlassung des Betroffenen am 06.09.2018 endete die anordnende Wirkung des Beschlusses vom 04.09.2018, so dass eine erneute gerichtliche Entscheidung hätte herbeigeführt werden müssen.
Der Kreis Segeberg hat den Betroffenen am 06.09.2018 mit einer Meldeauflage aus der Abschiebehaftanstalt Hamburg entlassen. Die Behörde als Herrin des Verfahrens ist befugt und bei Wegfall der Anordnungsvoraussetzungen verpflichtet, jederzeit die Entlassung des Betroffenen aus der Freiheitsentziehung zu veranlassen, wobei eine Entlassung zum Verbrauch der gerichtlichen Anordnung mit der Folge führt, dass eine weitere Freiheitsentziehung eine erneute gerichtliche Entscheidung voraussetzt (Keidel, FamFG,.2020, § 424 Rn 4, Haußleiter, FamFG § 426 Rn. 3). Es ergibt sich, auch nicht, dass der Kreis Segeberg am 06.09.2018 lediglich den Vollzug der angeordneten Abschiebungshaft nach § 424 FamFG ausgesetzt hat. Nach § 424 Abs. 1 S. 3, 4 FamFG kann die Behörde zwar die Vollziehung der Freiheitsentziehung bis zu einer Woche ohne gerichtliche Entscheidung aussetzen und die Aussetzung mit Auflagen versehen. Danach soll die Aussetzung der freiheitsentziehenden Maßnahme bzw. die Beurlaubung des Betroffenen aus dem Freiheitsentzug den Fällen, in denen dies zwar nicht (mehr) dem ursprünglichen Zweck der angeordneten Freiheitsentziehung zuwiderläuft, die Voraussetzungen für eine vollständige Aufhebung der Freiheitsentziehung nach § 426 aber (noch) nicht vorliegen, ermöglicht werden (MüKo, FamFG, 2019, § 424, Rn. 1). Damit die Aussetzung der Vollziehung von der Entlassung abgegrenzt werden kann, insbesondere, weil nur die letztere Maßnahme zu einem Verbrauch der gerichtlichen Anordnung führt, muss die Behörde bei Bewilligung einer befristeten Aussetzung klarstellen, dass die Freiheitsentziehung nach Ablauf der Frist fortzusetzen ist (Keidel, FamFG, 2020, § 424 Rn. 4). Eine solche Klarstellung, mithin die ausdrückliche Entlassung des Betroffenen nur für maximal eine Woche und bei Aufrechterhaltung der gerichtlichen Anordnung, fehlt. Der Kreis Segeberg hat vorgetragen, den Betroffenen mit einer Meldeauflage entlassen zu haben und dass der Vollzug kurzzeitig ausgesetzt worden sei. Allerdings ergibt sich nicht, woraus zu erkennen gewesen ist, dass lediglich kurzzeitig von dem Vollzug der Haftanordnung abgesehen werden sollte. Insbesondere kann dem Schreiben vom 06.09.2018, mit dem der Kreis Segeberg die Meldeauflage erteilte hat, nicht entnommen werden, dass zur zeitweise von dem Vollzug der Haftanordnung abgesehen werden sollte. In dem Schreiben wird lediglich ausgeführt, dass sich der Antragsteller bis zum 10.09.2018 bei der Ausländerbehörde des Kreises Segeberg sowie bei der Hausleitung seiner Unterkunft melden soll. Dass und wann die Haft fortgeführt werden soll, ist dem Schreiben nicht zu entnehmen. Auch kann der Verwaltungsakte nicht entnommen werden, dass zu einem anderen Zeitpunkt und auf andere Weise ausdrücklich dem Antragsteller gegenüber dargetan worden ist, dass die Haft binnen eines Zeitraumes von weniger als einer Woche fortgesetzt werden soll. [...]