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Zitieren als:
BGH, Beschluss vom 19.05.2020 - XIII ZB 86/19 - asyl.net: M28620
https://www.asyl.net/rsdb/M28620
Leitsatz:

Zum Zeitpunkt der Heilung von Mängeln des Haftantrags:

"Die Heilung von Mängeln des Haftantrages wirkt auch im Haftaufhebungsverfahren nur für die Zukunft. Wenn zusätzliche Feststellungen des Gerichts erforderlich sind, tritt die Heilung wie im Haftaufhebungsverfahren mit der Entscheidung des Gerichts ein. Behebt die beteiligte Behörde dagegen selbst durch ausreichende eigene Angaben die Defizite des Haftantrages, tritt die Heilung schon mit dem Eingang des Schriftsatzes bei Gericht ein."

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Mängel, Heilung, Abschiebungshaft, Haftantrag, Verfahrensfehler, Haftaufhebungsverfahren,
Normen: FamFG § 417 Abs. 2 S. 2, FamFG § 426,
Auszüge:

[...]

bb) Mit zutreffender Begründung nimmt das Beschwerdegericht weiter an, dass die Haftanordnung des Amtsgerichts vom 31. August 2018 rechtswidrig war, weil es an einem zulässigen Haftantrag fehlte.

cc) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist die mangels zulässigen Haftantrags rechtswidrige Haft bis zur Entlassung des Betroffenen nicht rechtmäßig geworden, so dass die seit dem Tag nach dem Eingang des Haftaufhebungsantrags - dem 1. Oktober 2018 - vollzogene Haft den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat.

(1) Mängel des Haftantrags können allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch im Haftaufhebungsverfahren geheilt werden (BGH, Beschluss vom 1. Juni 2017 - V ZB 39/17, InfAuslR 2017, 347 Rn. 15-17).

Deshalb ist eine mangels zulässigen Haftantrags rechtswidrige, dessen ungeachtet rechtskräftig gewordene Haftanordnung nicht nach § 426 FamFG aufzuheben, wenn die fehlenden Angaben und Feststellungen in Aufhebungsverfahren nachgeholt werden; einer persönlichen Anhörung des Betroffenen bedarf es in diesem Fall mangels einer § 420 FamFG entsprechenden Vorschrift nicht (BGH, Beschlüsse vom 1. Juni 2017 - V ZB 39/17, InfAuslR 2017, 347 Rn. 18, vom 1. Juni 2017 - V ZB 42/17, juris Rn. 11 und vorn 12. Juli 2018 - V ZB 184/17, Asylmagazin 2019, 78 Rn. 8).

(2) Die Heilung wirkt indessen auch im Haftaufhebungsverfahren nur für die Zukunft (BGH, Beschlüsse vorn 1. Juni 2017 - V ZB 39/17, infAuslR 2017, 347 Rn. 16 und vom 12. Juli 2018 - V ZB 184/17, Asylmagazin 2019, 78 Rn. 8). Wenn die fehlenden Angaben und Feststellungen im Aufhebungsverfahren nachgeholt werden und die Haft auf dieser Grundlage nicht zu beanstanden ist, scheidet nur die Aufhebung der Haftanordnung wegen Defiziten des Haftantrags, Verfahrensfehlern bei der Anordnung der Haft oder Fehlern der Haftanordnung nach § 426 FamFG aus. Die auf dieser Grundlage vollzogene weitere Haft ist dann nicht rechtswidrig. In dem bis dahin verstrichenen Zeitraum seit dem Eingang des Aufhebungsantrags bleibt die Haft dagegen rechtswidrig; sie verletzt den Betroffenen in seinen Rechten, was auf seinen oder - hier - auf Antrag seiner Vertrauensperson hin festzustellen Ist (BGH, Beschlüsse vom 1. Juni 2017 - V ZB 39/17, InfAuslR 2017, 347 Rn. 16 f. und vom 12. Juli 2018 - V ZB 184/17, Asylmagazin 2019, 78 Rn. 8). Wenn zusätzliche Feststellungen des Gerichts erforderlich sind, tritt die Heilung - wie im Haftanordnungsverfahren (dazu: BGH, Beschluss vom 25. Januar 2018 - V ZB 71/17, InfAuslR 2018, 218 Rn. 9) - erst, aber auch schon mit der Entscheidung des Gerichts ein (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2018 - V ZB 184/17, Asylmagazin 2019, 78 Rn. 9). Behebt die beteiligte Behörde dagegen selbst durch ausreichende eigene ergänzende Angaben die Defizite des Haftantrags, tritt die Heilung schon mit dem Eingang des Schriftsatzes bei Gericht ein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. Juni 2017 - V ZB 39/17, InfAuslR 2017, 347 Rn. 16 f. und Beschluss vorn 1. Juni 2017 - V ZB 42/17, juris Rn. 11). [...]