KG Berlin

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Zitieren als:
KG Berlin, Beschluss vom 08.08.2017 - 1 W 187/17, 1 W 193/17 - asyl.net: M28625
https://www.asyl.net/rsdb/M28625
Leitsatz:

Namensführung bei nicht nachgewiesener Identität der Eltern:

"Ist die Identität beider Eltern nicht nachgewiesen, stehen als Geburtsname des Kindes gemäß §§ 1617, 1617a, 1617b BGB sowohl der Name der Mutter als auch der Name des Vaters zur Wahl. Das Fehlen des Nachweises, dass es sich bei dem mitgeteilten Namen um den von dem jeweiligen Elternteil personenstandsrechtlich zu führenden Namen handelt, ist im Geburtsregistereintrag des Kindes mit einem Zusatz nach § 35 Abs. 1 PStV zu kennzeichnen."

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Namensführung, Kind, Identitätsfeststellung, Identitätsnachweis, Heiratsurkunde, gemeinsames Sorgerecht, Geburtsname,
Normen: BGB § 1617, BGB § 1617a, BGB § 1617b, PStV § 35 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

11 In der Sache hat das Amtsgericht zutreffend den Beteiligten zu 4 angewiesen, als Geburtsnamen des Kindes den Namen "..." zu beurkunden. Das Kind hat durch die gemeinsame Bestimmung der Beteiligten zu 2 und 3 gemäß § 1617 Abs. 1 i.V.m. § 1617b Abs. 1 BGB den Namen, den der Vater zur Zeit der Erklärung führte, als Geburtsnamen erworben. Dass dieser Name wie von den Beteiligten zu 2 und 3 angegeben "..." lautet, konnte bisher nicht nachgewiesen werden, so dass ein Zusatz gemäß § 35 Abs. 1 PStV veranlasst ist. [...]

13 Die Voraussetzungen für eine wirksame Namensbestimmung nach §§ 1617 Abs. 1, 1671b Abs. 1 BGB liegen vor. Die Beteiligten zu 2 und 3 haben zwar nicht nachgewiesen, dass ihnen bereits bei der Geburt die elterliche Sorge gemeinsam zustand, da sie nicht über anerkannte Identitätspapiere verfügen und die Heiratsbescheinigung der Afghanischen Botschaft ihnen deshalb nicht zugeordnet werden konnte. Sofern die gemeinsame Sorge nicht bereits durch wirksame Eheschließung bestand, wäre sie aber jedenfalls durch die Sorgeerklärung vom ... 2016 begründet worden. [...]

15 Die Tatsache, dass der Name des Beteiligten zu 3 nicht nachgewiesen ist, steht der materiellrechtlichen Wirksamkeit der Namensbestimmung nicht entgegen. § 1617 Abs. 1 BGB stellt "den Namen, den der Vater oder die Mutter zur Zeit der Erklärung führt" zur Auswahl, womit der nach dem Personenstandsrecht aktuell zu führende Name gemeint ist (v. Sachsen Gessaphe in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl., § 1617 Rdn. 18; Hilbig-Lugani in Staudinger, BGB <2015>, § 1617 Rdn. 22). Die Beteiligten zu 2 und 3 haben den (nach dem Personenstandsrecht zu führenden) Namen des Vaters gewählt. Der Umstand, dass dieser Name für eine Eintragung in ein deutsches Personenstandsregister nicht hinreichend nachgewiesen ist, betrifft allein die Frage der Registereintragung. Hierfür bietet § 35 Abs. 1 PStV das Hilfsmittel des Zusatzes, der den fehlenden Nachweis deutlich macht.

16 Weder die Interessen des Kindes (Identifikationsfunktion des Namens) noch öffentliche Interessen (Richtigkeit des Registers, Verhinderung der Verfestigung von Scheinidentitäten) erfordern hier eine Beschränkung der materiell-rechtlichen Wahlmöglichkeit oder die Verweigerung der registerlichen Umsetzung einer materiell-rechtlich wirksamen Namensbestimmung (vgl. für die Erteilung eines nicht nachgewiesenen Namens nach § 1617a BGB bei gesichertem Namen der Mutter: LG Kiel, StAZ 2011, 185). Auch der außer dem gewählten Namen des Beteiligten zu 3 allein zur Verfügung stehende Name der Beteiligten zu 2 ist nicht nachgewiesen. Muss jedoch ohnehin ein nicht nachgewiesener Name eingetragen werden, lassen sich die etwaigen durch die Bestimmung und Eintragung eines ungesicherten Namens drohenden Gefahren mit einer Beschränkung der Wahl nicht verhindern. [...]