Zu den Anforderungen an einen Antrag auf Anordnung von Dublin-Überstellunghaft:
"In einem Antrag auf Anordnung der Überstellungshaft nach Art. 28 Abs. 2 Dublin-III-VO muss weder dargelegt werden, dass und weshalb der Zielstaat nach der Verordnung zur Aufnahme verpflichtet ist, noch muss angegeben werden, in welchem Verfahren die Überstellung erfolgen soll, ob also eine Aufnahme (Art. 21 f. Dublin-III-VO) oder eine Wiederaufnahme (Art. 23 ff. Dub-lin-III-VO) betrieben wird (Aufgabe von BGH, Beschlüsse vom 26. Januar 2012 - V ZB 234/11, juris, und vom 6. Dezember 2012 - V ZB 118/12, juris). Allerdings muss ausgeführt werden, dass eine Inhaftnahme nach Art. 28 Abs. 2 Dublin-III-VO und nicht nach § 62 AufenthG beantragt wird.
Für die Anordnung der Überstellungshaft nach Art. 28 Abs. 2 Dublin-III-VO kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob die Pflicht des Zielstaates zur Aufnahme nach Art. 22 Dublin-III-VO oder zur Wiederaufnahme nach Art. 25 Dublin-III-VO wirksam entstanden ist und bei Ablauf der beantragten Haftdauer noch fortbesteht oder nach Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO wieder entfallen ist. Vom Haftrichter sind Bedenken gegen das von der Ausländerbehörde gewählte Verfahren erst dann zu berücksichtigen, wenn ihm bekannt wird, dass der Betroffene deswegen um Rechtsschutz durch die Verwaltungsgerichte nachgesucht hat und sich daraus ein der Überstellung entgegenstehendes Hindernis ergeben kann"
(Amtliche Leitsätze)
[...]
II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. [...]
2. Zu Recht geht das Beschwerdegericht von einem zulässigen Haftantrag aus.
a) Das Vorliegen eines zulässigen Haftantrags ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungs- oder Überstellungsvoraussetzungen, zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Abschiebung oder Überstellung und zu der notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG). Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des Haftantrags knapp gehalten sein, sie müssen aber die für die richterliche Prüfung des Falls wesentlichen Punkte ansprechen. Fehlt es daran, darf die beantragte Sicherungshaft nicht angeordnet werden (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 21. August 2019 V ZB 97/17, juris Rn. 5 mwN).
b) Diesen Anforderungen wird der Antrag der beteiligten Behörde gerecht. Insbesondere enthält er hinreichende Ausführungen zur notwendigen Haftdauer. Unter Berufung auf Erfahrungswerte der beteiligten Behörde wird im Einzelnen dargelegt, dass die Überstellung bei den italienischen Behörden an-gemeldet, ein Flug gebucht und bei der Polizei ein Schubauftrag erteilt werden müsse, um den Betroffenen von der Gewahrsamseinrichtung zum Flughafen zu verbringen, was eine Dauer der Haft bis zum 31. Oktober 2018 erforderlich mache.
c) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, muss in einem Antrag auf Anordnung der Überstellungshaft nach Art. 28 Abs. 2 Dublin-III-VO weder dargelegt werden, dass und weshalb der Zielstaat nach der Dublin-III-Verordnung zur Aufnahme verpflichtet ist, noch muss angegeben werden, in welchem Verfahren die Überstellung erfolgen soll, ob also eine Aufnahme (Art. 21 f. Dublin-III-VO) oder eine Wiederaufnahme (Art. 23 ff. Dublin-III-VO) betrieben wird. Soweit der bisher für das Freiheitsentziehungsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zur Dublin-II-Verordnung eine abweichende Auffassung vertreten hat (BGH, Beschlüsse vom 26. Januar 2012 V ZB 234/11, juris Rn. 8 f., vom 6. Dezember 2012 V ZB 118/12, juris Rn. 5 und vom 15. Januar 2015 V ZB 165/13, juris Rn. 6, jeweils mwN) hält der nunmehr zuständige beschließende Senat hieran nicht fest.
aa) Eine Aufnahme- oder Wiederaufnahmeverpflichtung entsteht allerdings nur dann, wenn innerhalb der in Art. 21 Abs. 1 (Aufnahme) und Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-VO (Wiederaufnahme) vorgeschriebenen Fristen ein Gesuch an den Zielstaat gerichtet wird. Dabei müssen die in Kapitel VI der Verordnung zwingend aufgestellten Regeln eingehalten werden, insbesondere hat ein Aufnahmegesuch die in Art. 21 Abs. 3 Dublin-III-VO i.V.m. Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 in der Fassung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 der Kommission vom 30. Januar 2014 (Amtsblatt L 39 1; im Folgenden: DurchführungsVO) aufgeführten Angaben und Unterlagen zu enthalten und ist unter Verwendung des in Anhang I DurchführungsVO abgedruckten Formulars zu stellen. Für Wiederaufnahmegesuche ergeben sich entsprechende Anforderungen aus Art. 23 Abs. 4 Dublin-III-VO i.V.m. Art. 2 und Anhang III DurchführungsVO (vgl. zum Ganzen VG München, Beschlüsse vom 22. Juni 2016 M 8 S 16.50295, juris Rn. 32 f. und vom 8. Juli 2016 M 8 S 16.50302, juris Rn. 29 f.).
bb) Die einmal entstandene Aufnahme- oder Wiederaufnahmeverpflichtung entfällt nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO, wenn die Überstellung nicht innerhalb von sechs Monaten durchgeführt wird. [...]
cc) Es obliegt jedoch grundsätzlich den Verwaltungsgerichten zu überprüfen, ob eine Aufnahme- oder Wiederaufnahmeverpflichtung des Zielstaates unter Einhaltung dieser Regelungen entstanden und nicht wieder entfallen ist. Der Haftrichter ist an die Verwaltungsakte gebunden, die der Überstellung zugrunde liegen. Er hat grundsätzlich nicht zu prüfen, ob die Ausländerbehörde die Überstellung zu Recht betreibt. Mit der Prüfung dieser Frage würde der Haftrichter in unzulässiger Weise in den Zuständigkeitsbereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit übergreifen (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 1980 VII ZB 5/80, BGHZ 78, 145, 147, vom 11. Oktober 2017 V ZB 41/17, FGPrax 2018, 41 Rn. 22 und vom 21. August 2019 V ZB 174/17, juris Rn. 8 mwN). Ebenso wenig hat er zu prüfen, ob die Behörde mit dem Dublin-III-Verfahren das richtige Verfahren gewählt hat oder vielmehr eine Abschiebung nach § 58 AufenthG zu betreiben wäre (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Dezember 2018 V ZB 80/17, NVwZ-RR 2019, 662 Rn. 7 und vom 10. Januar 2019 V ZB 159/17, juris Rn. 14 jeweils mwN). Der Haftantrag muss demgemäß hierzu auch keine Ausführungen enthalten.
d) Allerdings muss im Haftantrag ausgeführt werden, dass eine Inhaftnahme nach Art. 28 Abs. 2 Dublin-III-VO und nicht nach § 62 AufenthG beantragt wird. Dies folgt aus den unterschiedlichen Regelungen des Haftgrunds (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2015 V ZB 79/15, InfAuslR 2016, 711 Rn. 18 f.). Im vorliegenden Fall erfüllt der Haftantrag diese Anforderung.
3. Vom Haftrichter sind Bedenken gegen das von der Ausländerbehörde gewählte Verfahren erst dann zu berücksichtigen, wenn ihm bekannt wird, dass der Betroffene deswegen um Rechtsschutz durch die Verwaltungsgerichte nachgesucht hat und sich daraus ein der Überstellung entgegenstehendes Hindernis ergeben kann. In diesem Fall muss der Haftrichter den Stand und voraussichtlichen Fortgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufklären. Steht danach zu erwarten, dass das Verwaltungsgericht dem Eilantrag des Betroffenen stattgeben und dessen Überstellung aussetzen wird, darf er die Haft nicht anordnen und muss eine bereits ergangene Haftanordnung aufheben (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2010 V ZB 202/09, juris Rn. 11). Dass dem Beschwerdegericht bekannt gewesen wäre, dass der Betroffene um verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht hätte, wird jedoch von der Rechtsbeschwerde nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. [...]